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Blutspur in East End

Blutspur in East End

Titel: Blutspur in East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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Polizisten. Brent Temple war ein ganz besonderer Mann. Er hatte Ansichten, mit denen er sich in Schwierigkeiten bringen konnte. Aber das schien ihm egal zu sein, denn Ehrlichkeit war ihm offenbar sehr wichtig.
    Warum können nicht alle Männer so sein wie er, wenigstens ein bisschen? dachte Carol wehmütig. Nun traute sie sich wieder, dem Inspektor direkt ins Gesicht zu schauen. Er hatte dunkle Augen, die Carol innerlich völlig durcheinanderbrachten. Sie glaubte nämlich, in seinen unergründlichen Pupillen ein Feuer zu entdecken, das für sie entflammt war. Aber machte sie sich nicht etwas vor? Wie kam sie nur darauf, dass dieser beeindruckende Mann in ihr jemals mehr sehen könnte als eine Zeugin in einem Mordfall?
    Brent Temple fuhr mit der Befragung fort. Carol liebte es, seine tiefe und gleichzeitig sehr weiche Stimme zu hören.
    „Wann haben Sie das letzte Mal mit Miss Tricia Lloyd gesprochen, bevor Sie ihre Leiche gefunden haben?“
    „Gestern Abend, Sir.“
    Der Inspektor lächelte sie an. „Wenn wir unter uns sind, können Sie mich gerne Brent nennen.“
    Carols Herz klopfte immer schneller. Eine solche Vertraulichkeit wäre ihr noch vor Kurzem völlig undenkbar erschienen. Die Männer, mit denen sie aufs Zimmer gehen musste, verrieten ihr niemals ihre Namen, noch nicht einmal ihre Vornamen. Aber es war völlig absurd, Brent mit diesen Kerlen zu vergleichen. Er war ganz anders, und gerade deshalb fühlte sie sich so zu ihm hingezogen.
    „Sehr gerne, Brent. Und ich bin Carol.“
    Mit diesen Worten legte sie ihre Hand auf seinen Jackenärmel. Carol erschrak selbst über ihren eigenen Mut. Sie rechnete damit, dass der Inspektor seinen Arm sofort zurückziehen würde. Berührungen zwischen Mann und Frau in der Öffentlichkeit galten als anstößig, sogar bei Ehepaaren. Eine anständige Frau musste ihren Körper möglichst vollständig bedecken. Ehrbare Herren redeten über Sitte und Anstand, bevor sie sich zu den Mädchen von Whitechapel schlichen. Es war eine scheinheilige und heuchlerische Zeit.
    Doch Brents Augen glänzten, als er Carols Hand spürte. Und nun legte er sogar seine Finger auf die ihren. Der Kellner warf ihnen empörte Blicke zu. Er konnte es nicht fassen, dass dieser junge Gentleman so schamlos mit einem Freudenmädchen Händchen hielt. Der Mann mit der weißen Schürze eilte zur Theke und kehrte gleich darauf mit einem Silbertablett zurück.
    „Die Rechnung, Sir“, sagte er barsch.
    „Ich wollte noch gar nicht gehen“, erwiderte Brent ruhig.
    „Oh doch, das wollten Sie. Ihr Benehmen ist untragbar. Wir sind ein angesehenes Haus“, antwortete der Kellner streng.
    Brent zog einen Shilling aus der Westentasche und bezahlte damit den Tee. Am liebsten wäre Carol vor Scham im Erdboden versunken. Aber gleichzeitig war sie auch stolz auf sich, weil sie Brent gezeigt hatte, was sie für ihn empfand. Und weil er sie nicht von sich zurückstieß.
    Brent nahm demonstrativ wieder ihren Arm, als sie gemeinsam das Teehaus verließen.
    „Ärgere dich nicht über diese Spießbürger, Carol. Sie sehen deine Schönheit und sind nur neidisch. Aber ich sehe noch viel mehr.“
    „Wirklich?“, fragte sie.
    „Ja. Ich erkenne, dass du ein gutes Herz hast. Das ist wundervoll für mich, denn als Inspektor bei Scotland Yard erlebe ich mehr Bosheit und Gemeinheit, als du dir vorstellen kannst.“
    Carol musste sich nun wirklich auf Brent stützen, denn sie wurde von einem wogenden Glücksgefühl überrollt und bekam weiche Knie. Sie glaubte schon längst nicht mehr, dass Brent nur an der Lösung seines Kriminalfalls interessiert war. Nein, er suchte auch ihre Nähe. Und das war ein sehr schönes Gefühl für sie. Dennoch nahm er seinen Beruf ernst, wie ihr im nächsten Moment deutlich wurde.
    „Ich muss noch einmal auf dein letztes Gespräch mit Tricia Lloyd zurückkommen, Carol. Wirkte sie verändert auf dich? Gab es jemanden, der sie bedrohte? Ein Stammkunde vielleicht?“, fragte er.
    Carol runzelte nachdenklich die Stirn. „Sie war anders als sonst, das stimmt. So, als würde sie das Unheil vorausahnen. Sie sagte noch zu mir, dass ich ihre beste Freundin wäre – was immer auch geschehen würde. Und dabei kannten wir uns kaum.“
    Bei der schmerzlichen Erinnerung schimmerten Tränen in Carols Augen. Brent führte sie in einen nahe gelegenen Park. Dort, auf einer kleinen Bank im Schatten einer großen Linde, waren sie allein und durch Hecken vor neugierigen Blicken geschützt. Der Inspektor reichte

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