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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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greifen konnte.
    Wenn man keine Motorradbrille oder einen Helm mit Vollvisier trägt, ist Fahren ohne Windschutzscheibe kein so befreiendes Erlebnis, wie man es sich vielleicht vorstellt. Splitt, Staub und Insekten aller Art kamen von der Straße hereingeflogen. Ich hielt erneut an und suchte meine Sonnenbrille.
    Mittlerweile hatte Carrie ihre eingeschlafenen Hände durch Schütteln wiederbelebt, sich das Band von den Fußknöcheln geschnitten und es sich tapfer vom Gesicht gerissen.
    »Alles in Ordnung? Hat er dir wehgetan?«, fragte ich und reichte ihr die Decke, damit sie damit Gesicht und Augen vor dem Straßendreck schützen konnte.
    »Es wird schon wieder«, sagte sie und berührte vorsichtig mit den Fingerspitzen die Spuren, die das Klebeband in ihrem Gesicht hinterlassen hatte. »Ich hab nur irgendwie Angst.«
    »Es wäre auch schwer etwas mit dir nicht in Ordnung, wenn du keine Angst hättest. Entschuldige die unsanfte Fahrt. Aber ich glaube, wir haben sie abgeschüttelt, wer auch immer sie waren.«
    »Mein Onkel Giles«, sagte sie wütend.
    »Was?«
    »Onkel Giles«, wiederholte sie, zog die Beine auf den Sitz und rieb sich die Knöchel. »Er leitet die Schule. Die Fletcher Academy.«
    Ich rang immer noch darum, das zu begreifen, als wir auf eine Straße einbogen, die mir vielversprechend erschien.
    »Am Telefon hat er mit jemandem namens Cleo gesprochen«, sagte ich. »Kennst du jemanden, der so heißt?«
    »Nein.«
    »Eine Frau. Groß, sportlich, kurze braune Haare. Schätzungsweise Ende zwanzig. Zuerst dachte ich, es sei ein Mann.«
    »Eine Frau, die aussieht wie ein Mann?« Sie überlegte. »Ich habe eine Menge Cousinen, die ich nicht alle kenne«, sagte sie schließlich. »Aber mir fällt niemand ein, der so aussieht.«
    Wenn ich die Route rekonstruieren müsste, die ich von dort aus nahm, hätte man mich wohl hypnotisieren müssen, um die Erinnerung hervorzulocken. Ich hatte weiß Gott keine klare Vorstellung davon, wo ich überhaupt war oder wohin ich fuhr. Aus der Luft betrachtet hätte mich meine Streckenwahl vermutlich zu der Maus abgestempelt, die den Käse als Allerletzte findet.
    Schließlich landete ich auf dem Pearblossom Highway. Wir erregten eine gewisse Aufmerksamkeit, was mich darauf hoffen ließ, dass irgendjemand vom Handy aus das Sheriffbüro von L. A. County verständigen würde, doch ich fuhr unbehelligt weiter, bis ich eine Tankstelle mit Laden fand, an der ziemlich viel Betrieb herrschte.
    Wir waren beide schmutzig und dehydriert, und unsere Haare sahen vermutlich aus, als hätten wir eine Fabrik für Faschingsperücken ausgeraubt. Ich nahm meine Brieftasche und ging mit Carrie hinein. Sie ergriff meine Hand, was mir ganz recht war – ich war ja selbst noch ziemlich wacklig auf den Beinen. Ich bat den Verkäufer, den Sheriff zu verständigen, da jemand auf uns geschossen und unsere Windschutzscheibe demoliert habe. Er äugte zum Van hinaus und rief an. Anschließend war er sehr besorgt um uns, zeigte uns den Waschraum, damit wir uns notdürftig säubern konnten, verlangte nichts für das Mineralwasser, das wir kaufen wollten, und ließ mich sogar sein Telefon benutzen. Ein Zyniker könnte sagen, es sei ja nur Freundlichkeit im Wert von fünf Dollar gewesen, doch nach drei Stunden Todesangst kam es uns so vor, als hätten wir die großzügigste Seele auf Erden gefunden.
    Frank hatte tatsächlich bereits nach mir zu suchen begonnen, als ich ihn anrief.
    »Wir wollten doch zusammen Mittag essen, oder? Aber dann hat mir Lydia gesagt, dass du überstürzt aufgebrochen bist, und ich konnte dich auf dem Handy nicht erreichen …«
    »Tut mir leid, aber das Handy hat jetzt ein Toter. Ich bin verschleppt worden. Zusammen mit Blake Ives’ Tochter. Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung, glaube ich.«
    Ich hätte es ihm schonender beibringen sollen, nur konnte ich inzwischen kaum mehr klar denken. Jetzt, wo ich nicht mehr in unmittelbarer Gefahr war, setzte die Reaktion ein.
    Ich unterbrach Franks ebenfalls sehr verständliche Reaktion, indem ich erneut das Wort ergriff. »Ich rufe von einem privaten Telefon aus an, deshalb muss ich mich kurzfassen. Kannst du zur Sheriffstation in Palmdale rauskommen – und vielleicht Zeke Brennan fragen, ob er dich begleiten möchte? Ich stecke zwar nicht mehr so in der Klemme wie noch vor einer Stunde, aber ich glaube, ich brauche einen Anwalt. Und ich …« Ich holte tief Luft und rang um Gelassenheit, ehe ich versuchte, ihm eine Kurzversion meines

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