Böser Mann - Provinzkrimi
am anderen Ende und dann Scheiße, ich muss nachher pünktlich sein und top in Form und gut ausschauen, da kommen Japaner, die wollen Trommler durchsetzen. Europaweit! Europaweit, hatte er geantwortet, für Mike gibt’s knastweit, wenn ich da nicht hinkomm. Kurze Pause. Gut, ich lass mir was einfallen, Franz. Gib mir eine halbe Stunde, ich bring Semmeln mit.
Clara Weibel schlürfe widerwillig Kaffee. Mike schaute zu Boden und fummelte nervös Hautfetzen von seinen Fingern. Vor ihm standen Aufnahmegerät und Mikrofon. Luginger lehnte am Türrahmen, schüttelte den Kopf und grüßte kurz.
»Herr Luginger«, sagte Frau Weibel, »mit Ihnen hätte ich jetzt nicht gerechnet.«
»Darf ich mit Mike reden?«
»Dazu hatten Sie genug Zeit. Jetzt rede ich mit ihm. Wie kommen Sie eigentlich hier rein?«
»Ihr Kollege war so freundlich.«
»Aha, mein Kollege, das war aber nett von ihm.«
»Braucht Mike einen Anwalt?«
»Das will ich meinen. Fürs Erste geht es aber auch ohne.«
»Mike, du musst nichts sagen«, brummte Luginger. »Du kannst …«
»Lass nur«, erwiderte Mike ruhig. »Ich sag, was zu sagen ist.«
Frau Weibel war aufgestanden und hielt Luginger ihre leere Tasse hin.
»Sie können sich nützlich machen. Bringen Sie mir bitte noch ein Tässchen. Der freundliche Herr Fröhlich weiß, wo alles steht. Etwas Milch, kein Zucker.« Und zu Mike gewandt, fragte sie: »Wollen Sie nicht auch etwas trinken?«
»Nein«, kam es zurück.
»Selbstverständlich dürfen Sie sich ebenfalls bedienen, Herr Luginger. Und lassen Sie uns ruhig noch ein paar Minuten Zeit, ja.«
Luginger schlich durch die Gänge. Er schwitzte, band seinen Zopf neu, starrte auf seine Armbanduhr und wusste nicht, wohin mit seinen 90 Kilo.
Gestern Abend war die Bombe also geplatzt. Polterer hatte es ihm vorhin im Auto ins Ohr gezwitschert. Ein Telefonat der Extraklasse. Britta Höpfner hatte bestätigt, dass Mike in sie verschossen war, und Jessica Weber war nach tagelangem Schweigen und Lügen mit der Wahrheit rausgerückt. Das junge Ding konnte nicht mehr. Welche Wahrheit?, hatte Luginger gefragt. Ich bitte Sie, hatte Polterer geantwortet. Ich bin Polizist und kein Auskunfsbüro. Warten Sie’s ab, noch ist nicht aller Tage Abend. Aber ich kann Sie beruhigen, dass Mike den Strauss erstochen hat, steht nicht zur Debatte.
Aber dass er was gesehen hat, steht zur Debatte, dachte Luginger. Und die junge Weber ebenfalls. Und das wird mehr gewesen sein als nur die Leiche von Axel Strauss. Außerdem ist Eifersucht ein Motiv, ein sehr gutes sogar.
Luginger steckte sich eine Zigarette an. Dann suchte er einen Aschenbecher.
»Hier dürfen Sie nicht rauchen«, hörte er Frau Weibel hinter seinem Rücken rufen.
»Ich muss aber«, knurrte er zurück.
Frau Weibel öffnete ein Fenster hinten im Gang.
»Raus damit.«
Luginger gehorchte.
»Kommen Sie in mein Büro. Herr Menzinger wird noch etwas hierbleiben, kann aber in ein, zwei Stunden wieder gehen.«
»Kann ich ihn mitnehmen?«
»Nein. Ich bringe ihn nach Hause und rede mit seinen Eltern. Seine Mutter kommt ja fast um vor Sorgen.«
Auf dem Schreibtisch der Kommissarin lagen lauter Papierstapel übereinander. Daneben standen große Wasserfaschen und eine Tüte Bonbons.
»Setzen Sie sich«, sagte sie zu Luginger.
»Ich stehe lieber.«
»Setzen Sie sich. Ich kann mit Ihnen nicht reden, wenn Sie so rumstehen.«
Luginger quälte sich in einen durchgesessenen Freischwinger.
»Über die unerfüllte Liebe von Herrn Menzinger haben Sie nichts gewusst?«
Luginger nickte.
»Heißt das Nein?«
Luginger nickte erneut.
»Gut. Oder nicht gut, wie man’s nimmt. Frau Höpfner hat uns auch noch nicht viel weitergeholfen, dennoch bin ich Ihnen für Ihre Kooperation in dieser Angelegenheit dankbar. Das Mädchen Jessica Weber hingegen hat ihre eigene Aussage und die von Herrn Menzinger präzisiert. Herr Menzinger hat das alles im Wesentlichen bestätigt. Die beiden haben Axel Strauss
am Montag schon früher gesehen, das war gegen sieben Uhr abends. Von Weitem konnten sie erkennen, wie er mit seinem Grill beschäftigt war. Dann sind sie um den See gelaufen, haben geraucht und geknutscht, bevor sie etwa eine Stunde später wieder an dem Ort vorbeigekommen sind, an dem Herr Strauss sich niedergelassen hatte. Herr Menzinger sah in etwa 30 Metern Entfernung eine Gestalt eine Anhöhe hochlaufen, Lederjacke, jung, männlich, mittelgroß, Turnschuhe, dunkle Jeans. Dann ist ihm aufgefallen, dass Herr Strauss nicht
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