Böses Blut der Vampire
Regalmeter Fantasy. Aber auch fremdsprachi ge Bücher, anscheinend interessierte sich der Junge auch für englische und französische Literatur. Voltaire, Rousseau, Diderot, die französische Aufklärung - erstaunlich wie Cosmin fand. Zur Wand hin ein paar religiöse Titel, ein Katechismus und ein Buch mit Heiligenlegenden. Darin schien der freche Kerl wohl öfters gelesen haben. An einigen Stellen waren Lesezeichen eingefügt. Der Einband war ziemlich zerfleddert und der Vampir schlug das Buch auf. In dem zufällig aufgeschlagenen Kapitel ging es um die Begine Agnes Blannbekin vom Dritten Orden der Franziskaner, der während ihrer Visionen die Vorhaut Jesus auf der Zunge erschienen war. Nur eins von sieben bekannten Exemplaren, wie der Junge angemerkt hatte. Sebastian hatte einige Zeilen unterstrichen und am Rande mit Ausrufezeichen und Smileys gekennzeichnet. Cosmin blätterte flüchtig weiter und fand weitere Anmerkungen. Er grinste, als er einige ironische und sehr ätzende Kommentare fand. Anscheinend gehörte der Junge nicht wie sein Vater zum Fanclub der Kirche. Ganz im Gegenteil. Als er das Buch zurückstellen wollte, fiel ihm auf, dass dahinter noch andere Bücher in zweiter Reihe standen. Nach einem Kontrollblick über die Schulter zu dem schlafenden Sebastian forschte er weiter und fand einige weitere sehr böse Bücher über Religion. Auch hier wieder spöttische und belustigte Anmerkungen aus Sebastians Feder. Nachdenklich stellte er die Bücher zurück. Allmählich gefiel ihm der Junge doch etwas. Von seiner Frechheit mal abgesehen, hatte er einen wachen Kopf auf den Schultern und sich seine geistige Unabhängigkeit bewahrt. Zu Autoritäten, besonders solcher religiöser Art, hielt er großen Abstand. Cosmins Blick schweifte in andere Bereiche des Regals. Ein paar Bilder standen dort. Meistens Sebastian mit Malte, beim Sport oder im Garten, vermutlich bei Maltes Eltern. Er nahm eines der Bilder und sah es sich näher an. Zwei Teenager tobten im Garten, Malte jagte zwischen blühenden Bäumen den lachenden Sebastian über den Rasen. Auf dem Bild schienen die Jungs ein paar Jahre jünger zu sein. Auf einem anderen Bild bastelten die beiden an Sebastians Auto herum. Jede Menge Verpackungen und Kabel lagen herum, Lautsprecher wurden eingebaut. Die beiden waren wirklich dicke Freunde und unternahmen viel zusammen, stellte Cosmin nachdenklich fest und er erinnerte sich wehmütig an eine sehr lange zurückliegende Zeit, in der zwei andere junge Männer … doch dann verdrängte er den Gedanken schnell wieder. Das Gewitter über der Stadt tobte weiter, manchmal erhellten Blitze den Himmel, denen fast augenblicklich der Donner folgte. Regungslos blieb Cosmin stehen und dachte eine Weile nach. Unerwünschte Erinnerungen drängten immer wieder an die Oberfläche. Zwischendurch ging unten die Tür, Sebastians Eltern kamen heim. Verdammter Mist! Fehlt nur noch, dass die jetzt hier nachsehen wollen, ob Sebastian zuhause ist! Langsam kamen Schritte die Treppe hoch, nicht die schweren Schritte des vierschrötigen Stadtrates, sondern die der Mutter von Sebastian. Schon senkte sich die Klinke und Cosmin griff zu drastischen Maßnahmen. Er ließ seine Energie herausfließen, und wie ein Nebel die Mutter umwallen. Er konzentrierte sich auf Sebastians Mutter. Du bist müde und willst ins Bett. Sebastian schläft. Alles ist in Ordnung. Die Türklinke hob sich wieder, ohne dass die Tür sich öffnete. Er atmete auf. Puh, das war knapp gewesen. Der Vampir widmete sich wieder dem Bücherregal des Jungen und er fand ein paar Standardwerke über Politik und Geschichte Europas und Asiens. Daneben Fachbücher über Java, C++ und andere Programmiersprachen. Stimmt, Sebastian programmierte zusammen mit Malte ja Spiele, erinnerte er sich. Dann blieb sein Blick verwundert an der Masse der Fantasy-, Sagen- und Märchenbücher hängen. Was willst du denn damit? Märchen für einen Achtzehnjährigen? Dann kapierte er. Achso, darauf hätte ich gleich kommen können. Das dient dir als Anregungen für die Spiele. Dämonen, Elfen, Drachen, Greifen, Sphingen und Vampire erstehen so immer wieder aufs Neue und du überträgst diese Fantasiegestalten in deine Spiele. Gar nicht so blöd. Draußen heulten Sirenen zwischen den Blitzen und Donnerschlägen. Blaulicht schimmerte, als Feuerwehrfahrzeuge vorbeifuhren. Der Wind pfiff laut ums Haus, und als er zu Sebastian sah, bemerkte er, dass der Junge schläfrig vor sich hinmurmelte. Hastig stellte er
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