Böses mit Bösem
sich in den vergangenen Jahren geändert.
Benny und ich hatten letztes Jahr Bekanntschaft mit Kirov gemacht. Er war die vierte Person aus Polizei und Justiz, die über die Morde an Thorpe und White informiert worden war. Als Benny und sein Chef, der stellvertretende FB I-Direktor Presmore, in Thorpes Landhaus eingetroffen waren, hatten sie als Allererstes den FB I-Direktor angerufen. Sobald dieser informiert war, hatte er Kirov angerufen. Damals hatte ich nicht verstanden, warum, da die Morde außerhalb von Kirovs Zuständigkeitsbereich geschehen waren. Man hätte argumentieren können, dass die Verschwörung zum Mord an Bruder Isaiah in New York begonnen hatte, aber wenn es zu irgendwelchen offiziellen Schritten gekommen wäre, wäre ein juristisches Zuständigkeitschaos entstanden. Noch verwirrender war, dass der Direktor dem Kerl überhaupt vertraute. Ich hatte keine andere Wahl, als mitzuspielen, da das FBI mein einziger Freund auf der ganzen Welt war.
»Er hatte Kinder, oder?«, fragte ich. »Zwei Jungs.«
Wir waren um vier Uhr morgens bei Kirov zu Hause aufgetaucht. Ich hatte Mühe, mir vor Augen zu rufen, wie der Mann aussah, aber ich hatte eine deutliche Erinnerung an sein Wohnzimmer. Das zeigte ganz gewöhnlichen Vorstadtschick: bunte Kissen auf der Couch, solide Holzmöbel aus dem Kaufhaus, cremefarbene Auslegeware. Nichts Besonderes, und doch haftete es besser in meinem Gedächtnis als der |69| Mann, dem diese Dinge gehörten. Ich erinnere mich, dass er in der Mitte des Zimmers stand, während ich das ganze Fiasko vor ihm ausbreitete. Wir flüsterten, weil oben Kinder schliefen und Benny und ich vielleicht in ein paar Stunden zur Fahndung ausgeschrieben sein würden.
Erst später, als ich in dem Motelzimmer in Florida saß, erfasste ich das Gesamtbild. Kirov war zu etwas völlig Unwahrscheinlichem geworden, einem Verbindungsmann zwischen der Staatsführung und den paar geistig gesunden Männern, die es im Land noch gab. Er war der Sohn russischer Flüchtlinge, streng orthodox und glühend antikommunistisch. Diese Eigenschaften in Verbindung mit seinem Eintreten für einen Staat, der streng durchgreift und hart bestraft, verschafften ihm so viel Glaubwürdigkeit, dass einige der Ältesten auf ihn hörten. Gleichzeitig war er so professionell, wie er fromm war, und seine Position als Generalstaatsanwalt hatte ihm an mehr als einem Beispiel gezeigt, wie problematisch es war, allein aufgrund von Glaubensüberzeugungen zu regieren. Der Direktor hatte gewusst, dass man eine Verhandlungslösung finden musste, und Kirov war der perfekte Vermittler gewesen.
»Was zum Teufel hatte er dort zu suchen?«, fragte ich.
»Es war eine Razzia«, antwortete Benny. »Das Gebäude stand leer. Kirovs Büro hatte einen Tipp bekommen, dass dort vier Männer untergeschlüpft seien und das Haus zu einer Bombenfabrik umfunktioniert hätten. Er nahm an einem Angriff von SWA T-Spezialeinheiten auf das Gebäude teil, als alles in die Luft flog.«
»Generalstaatsanwälte machen nicht bei Razzien mit«, sagte ich.
»Kirov war gern ganz vorne mit dabei, denn dort waren die Fernsehkameras.« Der Ruf, scharf gegen den Terrorismus vorzugehen, ließ sich gegen einen Sitz im Kongress oder vielleicht sogar den Posten des Justizministers eintauschen. |70| Die ganze Effekthascherei erschien ihm wohl sehr wirkungsvoll.
»Weiß man, wer es war?«
»Sie haben nichts. Deswegen kam auch noch nichts in den Nachrichten. Das Heimatschutzministerium schleicht herum und flüstert was von wegen ›nationale Sicherheit‹ und ›Geheimwissen‹, aber eigentlich gibt es nichts zu bewachen. Es ist eine ganz schöne Unverschämtheit von ihnen, sich auf Geheimwissen zu berufen, da das FBI von vornherein hätte informiert werden müssen.«
»Der Heimatschutz hat dem FBI einen schwerwiegenden Fall von Terrorismus verschwiegen?«
»Kein Wort! Das FBI und das Heimatschutzministerium waren noch nie Busenfreunde, aber jetzt reden wir kaum mehr miteinander. Statt Misstrauen herrscht jetzt Feindseligkeit.« Benny schüttelte den Kopf. »Wenn ich nicht wüsste, wie inkompetent das Heimatschutzministerium ist, würde ich glauben, die führten etwas im Schilde.«
»Und wer hat den Fall nun?«, fragte ich.
»Im Moment denkt das Heimatschutzministerium, es hätte ihn. Ich weiß nicht, wen es darauf ansetzen will; die Transportsicherheitsbehörde hat zu viel damit zu tun, Nonnen zu filzen, und die Küstenwache hat auch anderen Mist an der Backe. Ich staune
Weitere Kostenlose Bücher