Bova, Ben - Asteroiden-Trilogie 3
Pancho zurück zur Seilbahn-Luftschleuse. »Hölle und zurück«, murmelte sie, als sie durch die Luke der Seilbahnkabine stieg und sich auf einem der vorderen Plätze anschnallte. Sie freute sich schon darauf, die Mondlandschaft an sich vorbeifliegen zu sehen; obendrein war die Gefahr einer Entdeckung geringer, wenn sie den anderen Passagieren den Rücken zuwandte. Ich werde einen schönen Blick auf den Straight Wall haben, sagte sie sich.
Der übergewichtige Asio-Amerikaner, der auf dem Sitz neben ihr Platz nahm, starrte sie jedoch für eine Weile an, nachdem er den Sicherheitsgurt hinter seinen breiten Schultern geschlossen hatte. Als die Kabine sich dann mit einem Ruck in Bewegung setzte und an den Toren der Luftschleuse vorbeiglitt, sagte er: »Verzeihen Sie, aber sind Sie nicht Pancho Lane? Ich habe Ihr Bild kürzlich in den Finanznachrichten im Internet gesehen und …«
Pancho sagte nichts. Ihr fehlten schlicht die Worte. Der Mann schwadronierte dafür ohne Unterlass über seine kleine Firma und seine große Bewunderung für eine so erfolgreiche Managerin wie Pancho und dass er aus dem großen Flüchtlings-Zentrum in SeaTac in den Staaten nach Selene gekommen sei, um einen Deal mit der Astro Corporation zu machen.
Pancho war fast dankbar, als plötzlich ein Ruck durch die Seilbahnkabine ging und sie langsam, mit der unerbittlichen Dynamik eines Albtraums, mit der Nase voran dem staubigen, zerfurchten und kraterübersäten Boden entgegenfiel.
Martin Humphries lehnte sich auf dem Schreibtischstuhl zurück, wobei die Rückenlehne sich der Wirbelsäulenkontur anpasste. Er saß allein im Büro, das dem herrschaftlichen Schlafzimmer des Anwesens vorgelagert war, und schielte auf die Kette von Zahlen und Begleittexte, die über dem großen Schreibtisch in der Luft schwebte.
Er legte die Fingerkuppen aneinander und studierte die Berichte der Buchhaltung. Die Profite waren leicht zurückgegangen, doch damit hatte er schon gerechnet. Vier Schiffe waren im letzten Quartal verloren gegangen: drei automatische Erzfrachter und ein Versorgungsschiff, das von Lars Fuchs gekapert, geplündert und dann zerstört worden war. Die Besatzung war in der Rettungskapsel ausgesetzt worden. Der Angriff hatte jedoch so nah an Ceres stattgefunden, dass sie innerhalb von achtundvierzig Stunden gerettet wurde.
Humphries schnippte mit den Fingern, und der Bericht löste sich in Luft auf.
»Fuchs«, murmelte er. Dieser Hurensohn macht noch immer den Gürtel unsicher. Und es geht ihm jedes Mal einer ab, wenn er ein HSS-Schiff außer Gefecht setzt. Und dieser verdammte Schraubfix Pancho hilft ihm noch dabei.
Humphries lächelte stumm. Genieß es noch, solange du kannst, Fuchs. Das Ende ist nah. Und inzwischen habe ich deine Ex-Frau geschwängert.
Pancho ist da schon ein größeres Problem. Sie ist eine härtere Nuss. Aber ich werde sie auch noch knacken. Ich werde Astro dermaßen Druck machen, bis ihr Vorstand sie mit einem kräftigen Tritt in den Hintern rausbefördert. Und dann werde ich ihnen eine Fusion vorschlagen, die sie nicht ablehnen können. Ich werde die Astro Corporation übernehmen; das ist nur noch eine Frage der Zeit.
Humphries erhob sich vom Stuhl, ging langsam um den Schreibtisch herum und lachte laut. Sobald Amanda von ihrem Einkaufsbummel zurückkommt oder was zum Teufel sie heute sonst anstellt, werde ich sie ins Bett ziehen. Nur weil sie meinen Sohn in sich trägt, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht meinen Spaß mit ihr haben kann.
»Holo-Fenster«, rief er, »schalte mir eine Ansicht vom Asteroiden-Gürtel.«
Das Fenster an der linken Wand des Büros bildete sofort ein Gemälde von Davis ab; es zeigte einen unförmigen, kartoffelförmigen Asteroiden, in dessen Nähe ein kleinerer Gesteinsbrocken trieb.
»Nein, ein Foto. Echtzeit-Teleskopansicht.«
Das Holo-Fenster wurde für eine Sekunde dunkel und zeigte dann einen dunklen Abschnitt vor einem Sternen-Hintergrund. Einer der Lichtpunkte war deutlich heller als die anderen. Das Wort CERES leuchtete kurz neben ihm auf.
»Er ist irgendwo da draußen«, murmelte Humphries. »Aber nicht mehr lang.«
Humphries ging zum Schreibtisch zurück und rief den aktuellen Fortschrittsbericht von seiner Sonder-Sicherheitsabteilung im Gürtel auf. Die Basis auf Vesta war fertig gestellt, und vierundzwanzig Kampfraumschiffe waren zu ihren jeweiligen Positionen im Gürtel unterwegs. Alle HSS-Frachter wurden mit militärischen Besatzungen und Bewaffnung
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