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Braut wider Willen

Braut wider Willen

Titel: Braut wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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und stapften in ihren Stiefeln durch die Schneewechten. Keine gottesfürchtige Seele hätte den Sonntagsgottesdienst versäumt, auch nicht bei Schnee, und wenn der Gutsherr zu Hause weilte, hätte er es sich nicht einfallen lassen, mit schlechtem Beispiel voranzugehen und den Kirchgang auszulassen.
    Wie in so vielen anderen Dörfern landauf landab bestand auch die Gemeinde in Woodstock zumeist aus Frauen, Greisen und kleinen Kindern. Die kampftauglichen Männer waren ohne Rücksicht auf ihre Meinung zum Bürgerkrieg einfach in die Armee gepresst worden. Die Frauen knicksten knapp, die alten Männer tippten grüßend an ihre Stirn, als die Gutsleute den Pfad zur Kirchentür entlangschritten. Phoebe grüßte jeden Einzelnen mit Namen und wäre auch zu einem Schwatz stehen geblieben, hätte Cato ihren Arm nicht so fest gehalten und sie unerbittlich zur Kirchentür gedrängt, wo er seine behandschuhte Hand auf ihre Schulter legte und sie vor sich her schob.
    Cato dachte an Brian Morse. Was war die wahre Absicht seines Besuchs? Ein Seitenwechsel erschien ihm unwahrscheinlich. Er wollte Brian nicht unter seinem Dach, konnte aber seinem Adoptivsohn und Erben nicht ohne guten Grund die Tür weisen. Nun hieß es abwarten. Brian würde seine Karten bald genug aufdecken.
    Die sonore Stimme des Geistlichen unterbrach abrupt Catos Überlegungen.
    »Der Arm des Teufels reicht weit, und seine Diener sind allerorts anzutreffen. Und, meine liebe Gemeinde, sie sind auch unter uns zu finden. Hier im Herzen unserer Gemeinde lauert das Böse, eine Jüngerin des Teufels. Ihre sündige Hand fiel auf die Unschuldigen und Schwachen. Wir müssen sie austreiben.«
    Hier erhob der Geistliche Blick und Arme ekstatisch gen Himmel und fuhr im beschwörenden Ton fort: »In Zeiten des Kummers habt ihr eure Kinder zu dieser Frau gebracht. In Zeiten der Schwäche habt ihr ihre Hilfe gesucht. Und sie hat sich mit teuflischer List eure Nöte zunutze gemacht.«
    Phoebe verspürte den ersten eisigen Stich einer Vorwarnung. Es war etwas, das sie immer schon befürchtet hatte und das Meg jedes Mal riskierte, wenn sie ihre Heilkunst praktizierte. Und Meg musste gemeint sein. Man hatte sie immer schon Hexe genannt, wenn auch wohlwollend und nicht anklagend. Es gab kein zweites Gemeindemitglied, auf das die Brandrede des Vikars gepasst hätte. Um sich blickend, nahm Phoebe allgemeines Nicken, Flüstern und grimmige Mienen wahr. Als sie zu Cato aufschaute, der neben ihr in der Kirchenbank der Granvilles saß, sah sie, dass der Geistliche nun seine volle Aufmerksamkeit besaß.
    Seit Phoebes Besuch in Megs Häuschen am vorangegangenen Morgen musste etwas passiert sein. Eigentlich hätte es ihr zu Ohren kommen müssen, doch hatte der Schneesturm sie und die Mitglieder des Haushalts, ihre übliche Gerüchte- und Klatschquelle, im Haus gehalten.
    Meg hätte in der Kirche sein sollen, dachte Phoebe. Meg wusste sehr wohl, wie viel Argwohn man ihr im Dorf entgegenbrachte und wie rasch man bereit war, jemanden zu verurteilen, der sich den ungeschriebenen Gesetzen nicht beugte, und doch scherte sie sich nicht um Konventionen. Und ihr Fernbleiben von Gottes Altar würde den wildesten Anschuldigungen Glaubwürdigkeit verleihen.
    Catos Unwillen wuchs, als die Brandrede des Vikars kein Ende nehmen wollte. Flammende Predigten dieser Art erfreuten sich wachsender Beliebtheit, seitdem das ausgeprägte Puritanertum von Cromwells neuer Armee die losere Moral der royalistischen Truppen abgelöst und einen glühenden Fanatismus geweckt hatte, der wenig Gutes brachte und viel Potenzial für Böses in sich trug.
    Nach dem Gottesdienst sagte Cato knapp zu Phoebe: »Bleib hier bei Olivia. Draußen ist es zu kalt, und ich muss mit dem Vikar sprechen.«
    Phoebe begrub ihre behandschuhten Hände in den tiefen Taschen ihres Umhangs und ließ sich auf die Kirchenbank sinken, gegen die Kälte zusammengekauert. Sie wollte unbedingt zu Meg, doch musste sie damit bis nach dem Mittagessen warten.
    »Hier ist es so k-kalt wie draußen«, stellte Olivia trübsinnig fest. »Was für eine schreckliche Predigt.« Mit der Kälte hatte sie Recht. Zwei kleine Glutpfannen im Hauptschiff konnten gegen die eisige Feuchtigkeit nichts ausrichten.
    »Seine Worte richteten sich gegen Meg«, sagte Phoebe.
    »A-aber das ist unmöglich!«, rief Olivia aus. »Sie hat niemals jemandem Schaden zugefügt.« »Er muss sie gemeint haben. Es gibt sonst niemanden im Dorf, der in Frage käme. Nachmittags muss ich zu ihr.

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