Brenda Joyce
nun an
eine schlechtere Meinung von ihr hätte? Ob sie in seiner Wertschätzung sinken
könnte? Vielleicht käme er sogar zu dem Schluss, dass sie sich doch nicht von
all den anderen Damen unterschied, die alles daransetzten, in sein Bett zu hüpfen,
in der Hoffnung auf eine fürstliche Entlohnung? Sie fuhr sich mit der
Zungenspitze über die Lippen.
Er sagte: »Sie sollten niemals Angst haben,
mich um irgendetwas zu bitten. Und Sie sollten niemals um etwas betteln
müssen. Fragen Sie mich, und ich werde es Ihnen geben.«
Sie war sich nicht mehr sicher, ob sie tatsächlich in der Lage
sein würde, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sie hatte einerseits das
Bedürfnis, Evan zu helfen, andererseits wollte sie es sich aber auf keinen Fall
mit diesem Mann hier verscherzen. Das Bedürfnis, in Tränen auszubrechen, machte
es ihr für einen Moment unmöglich, überhaupt ein Wort herauszubringen. »Dieses
Mal verhält es sich anders«, stieß sie hervor. »Möglicherweise werden Sie schon
bald Ihre Meinung über mich ändern, Hart.«
»Das glaube ich nicht. Was könnten Sie wohl von mir wollen, das
Sie derart verzweifeln lässt?« Er kniff die Augen zusammen und musterte sie mit
einem grüblerischen Blick. »Ach, ich verstehe. Es geht um Geld. Sie brauchen
Geld.« Sie nickte kläglich und schaute zu Boden. »Ich benötige ein Darlehen.
Ich schwöre, dass ich Ihnen jeden Cent zurückzahlen werde. Es könnte eine
Weile dauern – möglicherweise einige Jahre.« Sie wäre am liebsten im Boden
versunken, aber Evans Gesicht mit der Augenklappe und der geschwollenen Lippe
ließ sie jetzt nicht mehr los.
»Wie
viel?«, fragte er verdächtig ruhig.
Sie zögerte, wagte es, ihn kurz anzusehen. »Fünfzigtausend
Dollar.«
»Verstehe.« Sein Gesicht nahm einen verschlossenen Ausdruck an,
und er wandte sich von ihr ab, so dass es ihr unmöglich war, in seinen Augen
die Reaktion auf ihre Bitte zu lesen. Er trat hinter seinen Schreibtisch,
augenscheinlich ruhig und gefasst, kehrte ihr aber immer noch den Rücken zu.
Sie war einer Ohnmacht nahe, fragte sich, ob ihre Beziehung damit zu Ende,
eine Freundschaft unmöglich geworden war.
Eigentlich sollte sie sich
darüber freuen. Denn nun würde er sie gewiss nicht mehr heiraten wollen, und
dieses schreckliche Dilemma, in dem sie steckte, wäre gelöst.
Francesca schlang die Arme um
ihren Körper.
Doch im
nächsten Moment ließ sie sie wieder sinken. Sie beobachtete,
wie Hart ein größeres Landschaftsbild von der Wand nahm, das ein wenig
eigentümlich anmutete, aber ein wunderschönes Kaleidoskop aus Farben darstellte,
in dem die Klippen nur verschwommen zu erkennen waren, Flecken aus blauer und
weißer Farbe das Meer darstellten. Dahinter kam ein Tresor zum Vorschein. Sie
schnappte nach Luft, als er das Schloss drehte und die Tür öffnete. »Hart?«
Er nahm ein Dollarbündel heraus. Und dann noch
eins und noch eins und so ging es immer weiter. Francescas Augen weiteten sich,
als er ein Bündel nach dem anderen hervorholte und ihr klar wurde, was er da
tat. Als ein Viertel des Tisches bedeckt und er augenscheinlich 50 000 Dollar
darauf abgelegt hatte, schloss er den Tresor wieder und sah sie an. »Sehen Sie,
Sie brauchen mich nur zu fragen«, sagte er.
Francesca blieb der Mund offen stehen.
»Hart!«
»Allerdings ist dies eine große Geldsumme. Ich möchte Sie daher
bitten, Raoul oder mir zu erlauben, es dem Empfänger selbst zu übergeben.«
Sein durchdringender Blick ruhte auf ihr.
Sie sank in einen Sessel, umklammerte die Lehnen und starrte ihn
an. »Sie werden es mir tatsächlich leihen? Eine so große Summe? Einfach so?«
Sein Gesicht nahm einen weicheren Ausdruck an. »Ich gebe Ihnen das
Geld, Francesca. Sie müssen es mir nicht zurückzahlen.«
Sie vermochte ihn nur bestürzt anzusehen. Doch dann vollführte ihr
Herz einen Hüpfer, und sie musste sich anstrengen, sich nicht von der plötzlichen
Hochstimmung hinreißen zu lassen, die sie
überkam. Sie griff sich an den Hals. Er lieh ihr das Geld nicht nur, sondern
er hatte deshalb nicht einmal mit der Wimper gezuckt, schien sie wegen ihrer
schrecklichen Bitte gar nicht zu hassen. »Natürlich werde ich es Ihnen zurückzahlen«,
brachte sie heraus. Wie konnte er nur so großzügig sein? So überaus
großzügig?
»Niemals. Sie sind die Frau, die ich heiraten möchte, und das hier
ist ein Geschenk. Damit ist das Thema beendet«, fügte er ernst hinzu.
»Nein.« Sie rappelte sich mühsam auf, zitterte
schon wieder am
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