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Briefe in die chinesische Vergangenheit

Briefe in die chinesische Vergangenheit

Titel: Briefe in die chinesische Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Rosendorfer
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hoch wie jener Turm. Die stoßen schwarzen, gelben und weißen Rauch aus; der Gestank ist unvorstellbar. Wie die Großnasen das auf die Dauer aushalten, ist mir rätselhaft. Übrigens – das nebenbei – büßen die Großnasen ihren Geruchssinn ein. Das ist mir vielfach schon aufgefallen. Sie können nur ganz grobe Gerüche voneinander unterscheiden. Feinere Gerüche nehmen sie überhaupt nicht wahr. Das ist wohl auf den immerwährenden Gestank zurückzuführen, der ihre Nasen von Kind auf verdirbt. Am Tor der Mauer wurden wir von einem Abgesandten des Erhabenen Schmiede-Verwalters empfangen und an einigen Gebäuden vorbei in ein Haus geführt, in dem weniger Lärm ist. Auf dem Weg kamen wir an anderen Häusern vorbei: da hatte ich den ersten Eindruck von dem Dröhnen der tausend Hämmer, das durch die Mauern schon nach außen drang. Das weniger lärmgeplagte Haus war der Amtssitz des Erhabenen Schmiede-Verwalters. Der empfing uns sehr freundlich. Er begrüßte Herrn Yü-len-tzu mit Herzlichkeit. Ich machte eine halbe Verbeugung. Dann wurde uns ein Glas Mo-te Shang-dong serviert. Der Erhabene Schmiede-Verwalter roch gut. Er gebot über verschiedene sehr schöne Damen, die in einer Flucht von Zimmern an allerlei unverständlichen Geräten hantierten. Nach einigen belanglosen Floskeln erwähnte Herr Yü-len-tzu, daß wir gekommen seien, weil ich – ein Gast aus einem fernen Land – die Schmiede zu sehen wünsche. Der Erhabene Schmiede-Verwalter erklärte, daß er sehr geschmeichelt sei darüber, drückte auf einen Knopf, worauf es pfiff und der Abgesandte von vorhin wieder erschien. Der führte uns dann durch die Schmiede. Obwohl wir nur – was mir vollauf genügte – einen Teil der Häuser und unermeßlich großen (und unermeßlich schmutzigen) Hallen besichtigten, dauerte das über zwei Stunden.
    Ich habe nicht vor und bin auch außerstande, diese Hallen und Säle in der Reihenfolge, wie wir sie gesehen haben, zu schildern, zumal mir die Zusammenhänge und Arbeitsvorgänge nicht klar sind. Der Abgesandte erklärte zwar dieses und jenes, aber selbst Herr Yü-len-tzu gestand mir danach, daß er nicht alles verstanden habe. Das sei nur für einen Experten möglich.
    Was in dieser Schmiede geschmiedet wird, ist überhaupt nicht zu erkennen. Aus einem weiteren Gespräch nachher mit dem Erhabenen Schmiede-Verwalter erfuhr ich, daß alles irgendwie mit der Herstellung von A-tao-Wagen zu tun hat. Eine Schelle aus Messing, wie sie bei uns an den Geschirren der Pferde hängt, wird in einem Arbeitsgang hergestellt. Du siehst den Gießer, siehst die Form, siehst, wie der Gießer das flüssige Metall in die Form gießt, siehst, wie der Dampf aufsteigt, und hörst, wie es zischt, wenn der Gießer die Form ins Wasser hält; siehst danach die Schelle. Das ist ein einfacher Vorgang. Wenn ein Meister das Schloß einer Armbrust herstellt, ist das, meinen wir, schon ein ungeheuer komplizierter Vorgang: wie die kleinen Teile gehämmert und geformt und ineinandergepaßt werden. Aber auch hier siehst Du noch das Ausgangsmaterial, den Vorgang und das Produkt. Nicht so hier in dieser Schmiede. Ein fertiger A-tao-Wagen oder gar einer jener fliegenden Eisen-Drachen verhält sich an Kompliziertheit der Herstellung zu einem Armbrustschloß wie das Armbrustschloß zur Pferdegeschirr-Schelle. Wissen denn die Leute, fragte ich den Abgesandten, wissen denn die Leute, die da arbeiten, was sie herstellen? Nach einigem Zögern verneinte der Abgesandte. Ich hatte mir das schon gedacht.
    In langen Reihen stehen Geräte von ungeahnter Größe, aus höchst komplizierten Teilen zusammengesetzt, behängt mit Drähten. Alles ist wirr und verwirrend. Überall liegen Scherben und Metallteile herum. Alles ist voll rußigem Öl. Die Leute, die diese Geräte – es sind diese Geräte nichts anderes als ins Dämonische gewachsenes Handwerkszeug – nicht bedienen, sondern eher bändigen, sind in der Farbe kaum noch von ihrem Gerät zu unterscheiden. Aus großer Höhe fallen dröhnend Gewichte herunter. Dampf zischt aus engen Röhren. Blitze zucken. Helles, weißes Feuer sprüht auf. Wie von Geisterhand bewegen sich hoch oben Geräte vom Gewicht eines ganzen Hauses hin und her. Alles bedeckt Ruß und Schmutz. Der Abgesandte bewegte sich – unterwürfig begrüßt von den Handwerkern – sehr vorsichtig, um seinen schönen An-tsu nicht zu beflecken.
    »Und diese Leute«, fragte ich, »arbeiten hier tagaus, tagein?«
    »Ja«, sagte der Abgesandte und machte ein

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