Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
ein verantwortungsvoller Busen.
Buzot sagte: »Halten Sie es wirklich für eine gute Idee, es ihm zu sagen? Hat es denn« – (Gott helfe mir) – »einen Sinn?«
Ihm schwante, dass er das Ganze falsch angepackt hatte. Aber er hatte natürlich auch keine Erfahrung. Er war ein Neuling in diesen Dingen, und seine Frau, die er wegen ihres Geldes geheiratet hatte, war älter als er und reizlos.
»Ja, ja, ja!«, sagte Fabre. »Es gibt ganz eindeutig jemanden. Wie schön, wenn man feststellen darf, dass andere auch nicht besser sind als man selbst.«
»Aber nicht Louvet?«
»Nein. Vielleicht Barbaroux?«
»Nie im Leben. Ruf zu schlecht, Aussehen zu gut. Für Madame«, Camille seufzte, »muss es schon jemand Gezierteres, Pompöseres sein.«
»Wie es der Tugendhafte Roland wohl aufnehmen wird?«
»Und in ihrem Alter«, sagte Camille angeekelt. »Mit diesem Äußeren.«
»Fehlt dir etwas?«, fragte Manon ihren Mann. Es fiel ihr schwer, die Schärfe aus ihrem Ton zu verbannen. Er war in seinem Sessel zusammengesunken, und als er den Blick widerstrebend zu ihrem Gesicht aufhob, war der Ausdruck unbestreitbar der körperlichen Unwohlseins.
»Es tut mir leid.« Leid für ihn, meinte sie. Darüber hinaus empfand sie keinen Drang, sich zu entschuldigen; sie erklärte ihm einfach die Sachlage, damit in Zukunft keine erniedrigenden Winkelzüge nötig sein würden, keine Vorwände, nichts, was sich als Betrug auslegen ließ.
Sie wartete darauf, dass er etwas erwiderte. Als nichts kam, sagte sie: »Du verstehst, weshalb ich dir seinen Namen nicht nennen will.«
Er nickte.
»Denn das würde uns in unserer Arbeit behindern. Uns hemmen. Auch wenn wir ja alle vernünftige Menschen sind.« Sie wartete. »Meine Gefühle zügeln, das kann ich nicht. Aber mein Benehmen wird über jeden Tadel erhaben sein.«
Endlich brach er sein Schweigen.
»Was macht Eudora, Manon, was macht unsere Tochter?«
Die Abwegigkeit seiner Frage verblüffte, ja erzürnte sie. »Du weißt, dass es ihr gut geht. Du weißt, dass sie gut versorgt ist.«
»Schon, aber warum holen wir sie nie zu uns?«
»Weil das Ministerium nicht der geeignete Ort für ein Kind ist.«
»Danton hat seine Kinder auch bei sich an der Place des Piques.«
»Seine Kinder sind noch klein, man kann sie einer Kinderfrau überlassen. Bei Eudora geht das nicht mehr, sie würde meine Aufmerksamkeit brauchen, und die ist momentan anderweitig gebunden. Du weißt selbst, dass sie nicht hübsch ist, dass sie keine besonderen Gaben hat – was sollte ich hier mit ihr?«
»Sie ist erst zwölf, Manon.«
Sie schaute auf ihn hinab. Seine sehnige Faust ballte und öffnete sich, immer wieder, und dann sah sie, dass er weinte, Tränen liefen ihm lautlos über die Wangen. Er würde nicht wollen, dass ich ihn so sehe, dachte sie. Mit traurig-befremdetem Blick verließ sie das Zimmer, schloss die Tür so behutsam wie in den Zeiten, wenn er krank war und sie ihn pflegte.
Er lauschte, bis ihre Schritte ganz verklungen waren, und dann erst gestattete er sich ein Geräusch, einen Laut, der ihm so natürlich wie Worte erschien. Es war ein gepresster, tierischer Trauerlaut, ein Stöhnen aus beengter Brust. Wieder und wieder ertönte es; anders als Worte hatte es kein Ziel und somit auch kein zwingendes Ende. Es galt ihm selbst, es galt Eudora; es galt allen, die ihr je in die Quere gekommen waren.
Eléonore hatte gedacht: Wenn all das erst vorüber ist, dann heiratet mich Max. Sie hatte es gegenüber ihrer Mutter angedeutet. »O ja, das glaube ich auch«, hatte Mme Duplay behaglich geantwortet.
Einige Tage später nahm ihr Vater sie beiseite. Mit bedächtiger, verlegener Geste strich er sich das schüttere Haar über der Kopfhaut zurecht. »Er ist ein großer Patriot«, sagte er. Das schien ihm Sorgen zu bereiten. »Er hat dich sehr gern, denke ich doch. Er ist sehr zurückhaltend, nicht wahr – im Privaten, meine ich. Nicht dass man ihn sich anders wünschen würde. Ein großer Patriot.«
»Ja.« Sie war verstimmt. Bildete ihr Vater sich ein, ihrem Stolz auf ihn müsse auf diese Weise nachgeholfen werden?
»Es ist eine große Ehre, dass er hier bei uns wohnt, und darum sollten wir natürlich tun, was wir können … Um es so zu sagen: In meinen Augen seid ihr schon Mann und Frau.«
»Oh«, sagte sie, »ich verstehe, was du meinst.«
»Ich würde mich gern darauf verlassen können … Wenn es irgendetwas gäbe, womit du ihm das Leben ein wenig annehmlicher machen könntest …«
»Vater,
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