Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
da.«
Grinsend setzte Vianello hinzu: »Wahrscheinlich ist der in drei Jahren noch genauso ahnungslos.«
Brunetti, der an Vianellos Erzählstil gewöhnt war, wartete schweigend. Der Inspektor schnippte abermals ein unsichtbares Stäubchen von seiner Hose und fuhr fort: »Also mußte ich notgedrungen mit der Leiterin des Personalbüros vorliebnehmen und habe mit ihr einen Termin vereinbart. Die haben ihre ganze Geschäftsstelle modernisiert, für alle Büros neue Schreibtische und Computer angeschafft.
Die Frau, mit der ich sprach, leitet eine Abteilung, die sich jetzt nicht mehr Nachwuchsförderung nennt, sondern ›Entwicklung von Human Resources‹.« Für Brunettis Geschmack klang das reichlich kannibalisch, aber er sagte nichts. »Ich habe mich erkundigt, ob ich die Personalakte von Paolo Battestini einsehen könne, und sie wollte wissen, von wann bis wann er dort gearbeitet habe. Als ich ihr die Daten nannte, meinte sie, in bestimmten Phasen gäbe es Engpässe, weil sie gerade dabei seien, einen Teil ihrer Kartei zu digitalisieren.« Als er Brunettis Gesichtsausdruck sah, schüttelte Vianello den Kopf. »Nein, ich habe gar nicht erst gefragt, wie lange das dauern wird, sondern mich nur nach dem betreffenden Zeitraum erkundigt.« Erwartungsvoll blickte der Inspektor auf, und als Brunetti ihm anerkennend zunickte, fuhr er fort. »Sie hat im Computer nachgesehen, und tatsächlich waren die letzten fünf Jahre von Battestinis Dienstzeit bereits erfaßt. Ich habe dann auch gleich einen Ausdruck bekommen.«
»Und was stand drin?«
»Bewertungsgutachten seiner Vorgesetzten, Urlaubsdaten, Krankmeldungen, das Übliche.«
»Haben Sie die Unterlagen mitgebracht?«
»Ja, ich habe sie gleich, als ich kam, an Elettra weitergegeben.« Brunetti schloß daraus, daß die Signorina wohl endlich eingetroffen sein mußte. »Gegen Ende«, fuhr Vianello fort, »war Battestini immer wieder wochenlang krank gemeldet. Elettra überprüft gerade anhand der ärztlichen Gutachten, wo er behandelt wurde und was er für eine Krankheit hatte.«
»Die Mühe kann ich ihr ersparen«, sagte Brunetti. »Er starb an Aids.« Und als Vianello ihn entgeistert anstarrte, wiederholte er in groben Zügen sein Gespräch mit Dottor Carlotti vom Vortag und entschuldigte sich indirekt dafür, daß er Vianello nicht vor dessen Gang zur Schulbehörde eingeweiht hatte. Doch was er von dem postino erfahren hatte, behielt er vorerst noch für sich.
»Doppelt genäht hält besser«, sagte Vianello lapidar.
Brunetti, der das so auffaßte, als bedürften seine Recherchen der Bestätigung, war im ersten Moment irritiert, aber er beherrschte sich und fragte: »Haben Sie auch mit ehemaligen Kollegen von Battestini sprechen können?«
»Ja. Sobald ich mir den Computerausdruck besorgt hatte, habe ich noch eine Weile auf dem Gang herumgelungert. Gegen zehn kamen dann endlich zwei Männer aus ihren Büros, und ich hörte, wie sie sich auf einen Kaffee in der Bar gegenüber verabredeten. Da habe ich meine Unterlagen so gefaltet, daß der Briefkopf deutlich zu sehen war, und bin ihnen gefolgt.«
Brunetti rätselte nicht zum erstenmal darüber, wie dieser Mann, obwohl größer und stämmiger als er, es nur anstellte, sich unsichtbar zu machen, sobald er jemanden beschatten wollte. »Und?« hakte er nach.
»Ich habe mich unauffällig dazugestellt und gesagt, ich käme von der Zweigstelle in Mestre. Die beiden hatten keinen Grund, mir nicht zu glauben. Sie waren mir auf dem Flur begegnet, sie sahen den Computerausdruck in meiner Hand, also nahmen sie an, ich wäre dienstlich da.
Ich hatte der Frau oben ein wenig über die Schulter gesehen, als sie die Personaldateien aufrief, und mir die Namen einiger Mitarbeiter eingeprägt, die zur Zeit dort beschäftigt sind. Also bestellte ich einen Kaffee und erkundigte mich bei den beiden nach einem Kollegen, den ich schon lange nicht mehr gesehen hätte. Und dann brachte ich das Gespräch langsam auf Battestini: Ob das seine Mutter gewesen sei, die kürzlich ermordet wurde, und wie er damit fertig werde, wo er doch immer so an ihr gehangen habe.«
Kein Wunder, daß der Inspektor stolz war auf seine Leistung. »Listig wie eine Schlange, Vianello«, lobte Brunetti.
»Ja, aber da wendete sich das Blatt, Commissario. Es war ganz merkwürdig, als ob man besagte listige Schlange gepackt und ihnen vor die Füße geschleudert hätte. Einer der beiden fuhr regelrecht zurück, warf ein paar Münzen auf die Theke und verschwand. Der
Weitere Kostenlose Bücher