Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
zitternder Hand über die Augen und bemühte sich tapfer, nicht zu weinen. » Doch. Aber an der Auffahrt ist mir eingefallen, dass der Schlüssel noch in der Jacke sein muss, die ich in der Küche vom Pub gelassen habe. Ich wollte die Großeltern nicht aus dem Bett klingeln, deshalb bin ich ihn holen gegangen. Es ist ja nur eine Querstraße weiter. Aber dann kamen Trent und Sean und die anderen und…« Ihre Stimme bebte. » Sie waren betrunken und wollten mich einfach nicht in Ruhe lassen. Und dann hat Sean das Messer gezogen. « Sie schluchzte, und Kris nahm sie fester in den Arm. » Ich hatte Angst, Kris. Ich wollte weglaufen, aber es ging nicht. Aber dann kam Gil. Ich bin über die Straße gerannt und habe Mr Trevelyn gebeten, dich anzurufen, dann habe ich mir einen dicken Ast gesucht, um Gil zu helfen. Sie waren vier gegen einen, und ich wusste ja nicht, wie lange du brauchen würdest. «
Zu lange, dachte Kris mit einem flauen Gefühl im Magen. Vier gegen einen. Nur Megans Hilfe war es zu verdanken, dass Gil in diesen wenigen Minuten nicht schwer verletzt oder gar getötet worden war.
» Ich habe Trent auf den Schädel gehauen. Es ging nicht anders. Sean und Gil haben gekämpft, und Sean hatte das Messer. Und dann hat Trent sich eingemischt, und Gil bekam einen Stich ab und… er konnte sich nicht gegen beide zugleich wehren. «
Kris konzentrierte sich ganz auf Megan und hörte ihr zu und versuchte das Geschehen zu rekonstruieren, und so dauerte es eine Weile, bis Seans Ruf in seiner ganzen Tragweite zu ihr durchdrang.
» He, Gillespie, ich schätze, ich kenne jemanden, der das mit deiner Kleinen nur zu gern hören wird. «
Gils Kleine? Das ergab keinen Sinn… bis ihr einfiel, was Jeanie gestern früh gesagt hatte, als sie sich sorgte, weil Gil ohne ein Wort weggegangen war: » … ich habe ihm etwas gesagt, was ihn aufgewühlt hat, einen Schock versetzt … «
Eine bislang unbekannte Tochter? Das wäre allerdings ein Schock, genug, damit jemand wie Gil erst einmal eine Auszeit brauchte, um ein wenig nachzudenken. Und Megan war gerade siebzehn geworden, war also kurz vor Gils abruptem Weggang aus dem Ort gezeugt worden.
Er hatte kein Wort gesagt… aber andererseits, erkannte Kris, wann hätte er die Gelegenheit dazu gehabt? Wenn er es selbst erst seit gestern früh wusste, so war die Zeit seitdem mit anderen, drängenderen Sorgen angefüllt. Kein Wunder, dass er diesen distanzierenden Gefühlsharnisch trug: Seit seiner Rückkehr hatte Dungirri ihm einen Schlag nach dem nächsten versetzt.
Auch Megan hatte Sean gehört. Vielleicht hatte sie mehr als Kris gehört, oder es waren zuvor schon, während des Kampfes, Worte gefallen, denn sie nahm den Kopf zurück, sah Kris in die Augen und fragte: » Ist das wahr? Ist er… mein Vater? «
Es war frappant– das glatte, schwarze Haar, der spitz zulaufende Haaransatz in der Stirnmitte, die dunklen Augen, die kräftigen Wangenknochen, bei Megan weniger ausgeprägt, aber doch unverkennbar.
Wie zum Teufel sollte sie darauf antworten? Vaterschaft war ein verdammt heikles Thema, und solange sie auf Mutmaßungen angewiesen war und nicht die ganze Geschichte kannte, musste sie vorsichtig sein: » Er hat darüber nicht mit mir gesprochen, Megan. Lass uns warten, bis die Lage hier geklärt ist, dann kannst du ihn selbst fragen, in Ordnung? «
Sie musste Gil unbedingt beiseitenehmen und ihn vorwarnen, bevor es Zeit für » dann « war.
Beth traf ein; Karl hatte sie verständigt. Kris, die sich vergewissert hatte, dass Megan zwar erschüttert, aber unverletzt war, vertraute das Mädchen Beths Obhut an.
Steve und Adam hatten, mit Marks Unterstützung, Megans Angreifer unschädlich gemacht und hörten sich jetzt deren Versionen an. Kris sah sich alle vier genau an: Sean Barrett, Zac und Trent Dawson und Luke Sauer.
Wieso trieb sich Sean mit diesen Bürschchen herum, die allesamt um die fünfzehn Jahre jünger waren als er? Zac und Luke dürften neunzehn oder zwanzig sein, Trent kaum achtzehn. Sie war sich ziemlich sicher, wer die treibende Kraft bei diesem Verbrechen war; aber um das aufzuklären, blieb auch später noch genug Zeit. Adam war mittlerweile am Telefon und forderte Verstärkung aus Birraga an, während Karl mit Trent fertig war und nun seinem Vetter die Hölle heiß machte und ihm zugleich das Blut aus dem Gesicht wischte.
Dreißig Meter weiter stand Gil im Dunklen und ließ den Blick über den Sportplatz schweifen, anstatt die anderen zu beobachten. Er
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