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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Auftrag.«
    »So wird es sein. Aber sagt, da ihr im Lager von Pompeius wart: Wißt ihr, wohin er fliehen könnte?«
    »Cornelia, seine Frau, ist auf Lesbos«, sagte Orgetorix. »Er wird sie holen und mitnehmen, wohin auch immer.«
    Caesar stand auf, um zu einem anderen Tisch zu gehen.
    »Wir werden demnächst in Ruhe sprechen.« Dann hob er die Schultern. »Falls es Ruhe gibt. Übrigens - bis mir etwas anderes einfällt, gehört ihr zum Stab der prätorianischen Kohorte. Präfekt Aurelius und Sonderkundschafter Orgetorix.«
    Ohne ihm wesentlich näherzukommen, sah Aurelius in den folgenden Monaten viel von Caesar, dafür weniger von Orgetorix. Zum Stab des Imperators gehörten die Schreiber und Ordner der Kanzlei, und mit ihnen war Caesar gelegentlich unzufrieden. Der Leiter, im Rang eines Präfekten, ohnehin kein würdiger Nachfolger von Aulus Hirtius, war kurz vor Pharsalos erkrankt und bis auf weiteres nicht imstande, Caesars schnellen Bewegungen zu folgen. Nach einigen Tagen tatenloser Langeweile fragte Aurelius, ob nicht er als unbeschäftigter Präfekt vorübergehend das Fressen und Verdauen von Papyrus übernehmen könne. Caesar schob ihm einen Stapel Rollen, Wachstafeln und Fetzen hin und sagte: »Mach was draus. Wenn du halb so gut bist wie Aemilius, der schlecht war, haben wir beide gewonnen.«
    Es handelte sich um ein wüstes Durcheinander von Notizen, Briefentwürfen, Anordnungen und Tagesaufzeichnungen; Namen von Leuten waren dabei, vorgesehen für bestimmte Aufgaben; und kaum lesbare Mitteilungen anderer, Botenberichte, Abschriften von Schuldeinträgen, Bittschriften, Einladungen…
    Aurelius raffte alles zusammen und ging zu einem Schreiber, dessen Gesicht er noch aus Gallien kannte. Der Mann seufzte, als er sah, was man ihm da brachte, und lächelte erleichtert, als er hörte, daß nicht er es bearbeiten sollte. Die nächsten zwei Stunden erklärte er, welche Art der Ordnung und Ablage der Imperator wünsche. Bis Mitternacht brütete Aurelius in seinem Zelt darüber, machte Reinschriften, enträtselte Kürzel, faßte Zahlenangaben zusammen.
    Orgetorix schaute kurz zu ihm hinein. »Bist du unter die Papyrusfresser gegangen?« sagte er. »Die feistärschig Seßhaften, die tugendlos Kargen?«
    »Bin ich. Man muß doch was tun. Und du?«
    Orgetorix ließ sich auf einen Schemel plumpsen und griff nach Aurelius‘ Becher, den er leerte und mit unverdünntem Wein wieder auffüllte. Nach einem weiteren üppigen Schluck leckte er sich die Lippen und sagte: »Ich? Kundschafter.«
    »Weitschweifige Auskunft. Was erkundest du?«
    Der Gallier rieb sich mit dem Zeigefinger die Nase. »Etwas was mir nicht gefällt und dir wohl auch nicht.«
    Aurelius legte den Schreibhalm beiseite. »Ah.«
    »Genau. Ah. Wege für den Imperator erkunden, gut; die Absichten und Bewegungen der Feinde, sowieso. Aber die Reden der eigenen Leute?«
    »Wie genau will er das denn wissen?«
    »Nur ungefähr. Allgemeine Stimmung. Aber wenn man einmal damit anfängt…«
    »Was wirst du dann tun? Wenn er Namen wissen will?« Orgetorix wackelte mit dem Kopf. »Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Er ist doch kein mieser kleiner Tyrann.«
    »Noch nicht.« Es glitschte ihm fast gegen seinen Willen über die Zunge, durch die Zähne und dann zwischen den Lippen ins Freie.
    Orgetorix starrte ihn an. »Meinst du, es könnte dazu kommen?«
    Aurelius zögerte. »Es gibt Grenzen der Größe«, sagte er dann langsam, »aber von Grenzen der Niedertracht habe ich noch nie gehört. Was ist schon unmöglich?«
    »Aber… das paßt nicht zu ihm! Wir kennen ihn doch lange genug.«
    »Alles verändert sich. Alles fließt, wie einer dieser Griechen gesagt hat. Und er hat es jetzt nicht mehr mit Fremden zu tun, sondern mit den eigenen Leuten. Die außerdem Verwandte haben, überall, und vielleicht andere Vorstellungen vom Staat als er.«
    Orgetorix stand auf und stützte sich auf den Tisch. »Wenn dazu kommt…« Er machte ein finsteres Gesicht.
    »Was willst du dann tun?«
    »Weiß ich noch nicht.« Plötzlich lachte er. »Zum Glück bin ich ja kein Römer, deshalb muß ich nicht heute überlegen, was ich nächstes Jahr machen will.«
     
    Am nächsten Nachmittag hatte Caesar genug Zeit, um sich die Ergebnisse von Aurelius‘ Arbeit anzusehen.
    »Sehr lesbar«, sagte er. »Und übersichtlich. Mach weiter - Präfekt der Kanzlei. Bis auf weiteres.«
    Natürlich gab es leises Geknurre bei den älteren Schreibern; sie fanden sich aber bald mit dem neuen

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