Carre, John le
sie, und sie fühlte sich an wie trockene Baumrinde.
»So«, sagte Martello und sah so zufrieden drein wie ein erfolgreicher
Heiratsvermittler. »George, äh, erinnern Sie sich an Ed Ristow, ebenfalls beim
Rauschgift, George? Hat Sie vor einpaar Monaten einmal drüben telefonisch
begrüßt? Nun, Sol ist Ristows Nachfolger. Zuständig für Südostasten. Und Cy
hier arbeitet mit ihm.«
Niemand kann sich Namen so gut merken wie die Amerikaner, dachte
Guillam.
Cy war der jüngere der beiden. Er hatte Koteletten und eine goldene Uhr
und sah aus wie ein Mormonen-Missionar: fromm, aber streitbar. Er lächelte, als
hätte er es in der Schule gelernt, und Guillam lächelte zurück.
»Was ist mit Ristow?« fragte Smiley, als sie sich setzten. »Infarkt«,
knurrte Sol, der Veteran, mit einer Stimme, so trocken wie seine Hand. Sein
Haar war wie Stahlwolle, in schmale Streifen zerteilt. Wenn er sich am Kopf
kratzte, was er häufig tat, raschelte es.
»Das tut mir leid«, sagte Smiley.
»Könnte für immer sein«, sagte Sol, sah Smiley dabei nicht an und zog
an seiner Zigarette.
Hier dämmerte es Guillam zum erstenmal, daß irgend etwas Bedeutsames in
der Luft lag. Er entdeckte die Spur einer regelrechten Spannung zwischen den
beiden amerikanischen Lagern. Nach Guillams Kenntnis der amerikanischen Szene
wurden sang- und klanglose Ämterwechsel selten durch etwas so Banales wie
Krankheit verursacht. Er ging so weit, sich zu fragen, auf welche Weise Sols Vorgänger
seine weiße Weste bekleckst haben mochte.
»Die Kollegen vom Rauschgift haben, äh, natürlich gewaltiges Interesse
an unserem kleinen Hasch-Spielchen, George«, sagte Martello, und dieser
verhaltene Fanfarenstoß verkündete indirekt, daß die Jagd auf Ricardo
angeblasen war, obwohl Guillam feststellte, daß die amerikanische Seite sich
offenbar noch immer seltsam gedrängt fühlte, einen anderen Grund für die
Zusammenkunft vorzuschieben - wie Martellos nichtssagende Eröffnungsworte
bewiesen:
»George, unsere Leute in Langley arbeiten wirklich gern sehr eng mit
ihren guten Freunden vom Rauschgift zusammen«, erklärte er mit aller Wärme
einer diplomatischen note verbale. »Beruht auf Gegenseitigkeit«, grollte Sol, der Veteran, zustimmend und
stieß weiteren Zigarettenrauch aus, während er sich in den Haaren kratzte. Er
schien Guillam ein eher verschlossener Mann zu sein und sich hier keineswegs
behaglich zu fühlen. Cy, sein junger Gefährte, war bedeutend gewandter:
»Frage der Parameter, Mr. Smiley, Sir. Bei einer solchen Sache kann es
vorkommen, daß die Kompetenzen sich überschneiden.«
Cys Stimme war ein bißchen zu hoch für seine Größe.
»Cy und Sol haben schon früher mit uns gejagt, George«, sagte Martello,
was als weitere Beruhigungsspritze gedacht war. »Cy und Sol gehören zur
Familie, dafür garantiere ich. Langley bezieht Rauschgift ein, Rauschgift
bezieht Langley ein. So geht das.
Stimmt's, Sol?«
»Stimmt«, sagte Sol.
Wenn sie jetzt nicht bald miteinander ins Bett gehen, dachte Guillam,
dann könnten sie sich statt dessen gegenseitig die Augen auskratzen. Er warf einen
Blick zu Smiley hinüber, der sich unsichtbar machen zu wollen schien, während
diese ganzen Erklärungen ihm zuliebe vonstatten gingen. »Vielleicht sollten wir
uns erst einmal über den neuesten Stand der Dinge informieren«, schlug Martello
nun vor, als forderte er die Anwesenden auf, sich zu waschen. Ehe wir was tun? überlegte Guillam.
Einer der schweigenden Männer hörte auf den Arbeitsnamen Murphy. Murphy
war so hell, daß er fast ein Albino hätte sein können. Murphy nahm eine Akte
vom Rosenholztisch und las mit großem Respekt in der Stimme daraus vor. Er
hielt jede Seite extra zwischen seinen sauberen Fingern.
»Sir, Observierter flog Montag mit >Cathay Pacific Airlines< nach
Bangkok, Einzelheiten des Fluges angegeben, und wurde am Flugplatz von Tan Shaw
- unser Report liegt vor - in seiner Privatlimousine abgeholt. Sie fuhren
direkt zur ständigen Suite von Airsea im Hotel Erawan.« Er blickte zu Sol
hinüber. »Tan ist geschäftsführender Direktor von >Asian Rice and General<,
Sir, das ist die >Airsea<-Tochter in Bangkok, alle Auskünfte liegen zu
den Akten. Sie verbrachten drei Stunden in der Hotelsuite und -«
»Äh, Murphy«, unterbrach ihn Martello. »Sir?«
»Das »Report liegt von und >Auskünfte liegen zu den Akten« lassen
Sie dann aus, ja? Wir alle wissen, daß wir über diese Burschen Akten haben. In
Ordnung?«
»In Ordnung,
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