Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
Glassplitter und schließlich – als sie sich dem träge schwappenden Flutsaum näherten – die zusammengekrümmte Gestalt eines Mannes.
Es war Luke – das sah Clary sofort, obwohl die beiden dunklen, buckligen Gestalten, die über ihm kauerten, ihr den Blick auf sein Gesicht versperrten. Er lag auf dem Rücken und so nah am Wasser, dass Clary einen Moment lang voller Panik dachte, die beiden Kreaturen würden ihm den Kopf unter Wasser drücken und versuchen, ihn zu ertränken. Sekunden später wichen die Gestalten zurück und stießen durch ihre perfekt kreisrunden, lippenlosen Mäuler ein zischendes Geräusch aus. Clary erkannte nun, dass Lukes Kopf auf dem steinigen Ufer lag. Seine Züge waren schlaff und grau.
»Raumdämonen«, flüsterte Jace.
Simon riss die Augen auf. »Sind das die Biester, die Maia angegriffen haben …?«
»Nein. Die hier sind viel schlimmer.« Jace bedeutete Simon und Clary mit einer Handbewegung, sich hinter ihn zu stellen. »Bleibt zurück.« Dann hob er seine Seraphklinge und rief: »Israfiel!« Ein plötzlicher greller Lichtstrahl brach aus dem Metall hervor, als das Schwert zum Leben erwachte. Jace stürzte los und schwang seine Waffe gegen den Dämon, der ihm am nächsten stand. Im Licht der Seraphklinge sah Clary erst richtig, wie abstoßend der Dämon war – grauweiße, schuppige Haut, ein schwarzes Loch anstelle des Mauls, hervorquellende, krötenartige Augen und Arme, die statt Händen lange Tentakel besaßen. Sofort setzte der Dämon diese Fangarme als Waffe ein und ließ sie mit unglaublicher Schnelligkeit in Richtung des Schattenjägers peitschen.
Doch Jace war schneller. Mit einem hässlichen Tschack durchtrennte Israfiel den Arm des Dämons. Der Tentakelfortsatz flog durch die Luft und landete direkt vor Clarys Füßen, wo er sich krümmte und wand. Das grauweiße Gebilde war mit blutroten Saugnäpfen bedeckt, in denen jeweils eine Ansammlung winziger, nadelspitzer Zähne lauerte.
Simon machte ein würgendes Geräusch und Clary konnte ihm nur beipflichten. Sie verpasste den zuckenden Tentakeln einen Tritt, sodass sie durch das schmutzige Gras rollten. Als Clary wieder aufschaute, sah sie, dass Jace den verletzten Dämon zu Fall gebracht hatte und sie sich gegenseitig attackierten und über das felsige Flussufer rollten. Der Schein von Jace’ Seraphklinge sandte elegante Lichtbögen über die Wasseroberfläche, während er sich drehte und herumwirbelte, um den restlichen Tentakeln der Kreatur auszuweichen – ganz zu schweigen vom schwarzen Blut, das aus dessen Armstumpf spritzte. Clary zögerte – sollte sie nach Luke sehen oder Jace zu Hilfe eilen? Während sie noch überlegte, hörte sie Simon brüllen: »Clary, pass auf!« Und als sie sich umdrehte, fiel der zweite Dämon sie an.
Ihr blieb keine Zeit, die Seraphklinge zu zücken, keine Zeit, sich an den Namen des Schwertes zu erinnern und ihn laut zu rufen. Sie streckte abwehrend ihre Hände aus und im nächsten Moment stürzte sich der Dämon auf sie und riss sie zu Boden. Mit einem Schrei traf sie auf dem unebenen Untergrund auf und ein heißer Schmerz schoss durch ihre Schulter. Glitschige Tentakel stülpten sich über ihre Haut; einer der Fangarme wickelte sich um ihren Arm und zog sich immer fester zusammen, während der andere nach vorne peitschte und sich um ihre Kehle schlang.
Fieberhaft griff Clary zum Hals und versuchte, sich den geschmeidigen Fangarm von der Kehle zu reißen. Sie spürte bereits, wie ihre Lunge unter dem Luftmangel zu schmerzen begann und trat und schlug wie wild um sich …
Und plötzlich ließ der Druck um ihren Hals schlagartig nach – das Ding hatte sie freigegeben. Pfeifend schnappte Clary nach Luft und rollte sich auf die Knie. Der Dämon kauerte vor ihr und starrte sie aus schwarzen, pupillenlosen Augen an. Bereitete er sich auf den nächsten Angriff vor? Clary tastete nach ihrer Waffe, riss sie aus dem Gürtel und krächzte: »Nakir!« Sofort erschien ein speerartiger Lichtstrahl zwischen ihren Fingern. Clary hatte noch nie zuvor eine Engelsklinge berührt. Das Heft der Waffe summte und vibrierte in ihren Händen und fühlte sich lebendig an. »NAKIR!«, schrie sie erneut und rappelte sich auf, die ausgestreckte Klinge auf den Raumdämon gerichtet.
Zu ihrer Überraschung taumelte der Dämon nach hinten, mit abwehrend hochgehaltenen Tentakeln, fast als würde er sich vor ihr fürchten . Aber das war doch nicht möglich, oder? Clary sah, wie Simon auf sie zulief; er
Weitere Kostenlose Bücher