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Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes

Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Jace streckte die Arme aus, ließ den Wind seine Jacke erfassen und wie Flügel wölben und ihm die Haare durchs Gesicht peitschen, bis ihm die Augen tränten.
    Vor dem Landsitz der Waylands in Idris hatte ein See gelegen. Sein Vater hatte ihm das Segeln beigebracht, ihn die Sprache von Wind und Wasser, von Auftrieb und Strömung gelehrt. Alle Menschen sollten segeln können , hatte Valentin damals gesagt – eine der wenigen Gelegenheiten, dass er auf diese Weise gesprochen und alle Menschen statt wie üblich alle Schattenjäger gesagt hatte. Es erinnerte Jace daran, dass er, unabhängig von seinen sonstigen Eigenschaften, immer noch ein Teil der Menschheit war.
    Mit brennenden Augen wandte er sich schließlich vom Bug ab und erkannte in dem Deckshaus eine Tür zwischen zwei geschwärzten Bullaugen. Rasch überquerte er das Deck und drückte den Türgriff nach unten – vergeblich. Mit seiner Stele ritzte er mehrere Entriegelungsrunen in das Metall und im nächsten Moment schwang die Tür laut quietschend auf. Rote Rostflocken rieselten zu Boden. Jace tauchte durch die niedrige Öffnung hindurch und fand sich in einem schwach beleuchteten Treppenaufgang wieder. Die Luft roch nach altem Eisen und Öl. Als er einen Schritt vorwärtsging, fiel die Tür mit einem metallischen Dröhnen hinter ihm ins Schloss und hüllte ihn in tiefe Finsternis.
    Jace fluchte leise und tastete nach dem Elbenlichtstein in seiner Jackentasche. Seine Handschuhe fühlten sich plötzlich klobig an und seine Finger waren steif vor Kälte. Hier im Schiffsrumpf erschien es ihm kälter als draußen an Deck – die Luft war klirrend wie Eis. Langsam zog er seine Hand aus der Tasche. Er zitterte, nicht nur wegen der Temperatur. Seine Nackenhaare richteten sich auf und jeder einzelne Nerv in seinem Körper war angespannt. Irgendetwas stimmte hier nicht.
    Er hob den Elbenlichtstein hoch, der sofort ein grelles Licht ausstrahlte, das seine Augen noch stärker tränen ließ. Wie durch einen Schleier sah er plötzlich die schlanke Gestalt eines Mädchens vor sich. Sie hatte die Hände vor die Brust geschlagen und ihre roten Haare bildeten einen kräftigen Kontrast zu dem schwarzen Metall, das sie umgab.
    Jace’ Hand bebte und sandte tanzende Elbenlichtstrahlen in alle Richtungen, als wäre aus der dunklen Tiefe des Treppenaufgangs ein Schwarm Glühwürmchen emporgestiegen. »Clary?«
    Sie starrte ihn an, mit zitternden Lippen und kreideweißem Gesicht. Die Fragen, die in ihm aufkamen, erstarben in seiner Kehle: Was machte sie hier? Wie war sie auf die Jacht gekommen? Ein namenloses Entsetzen erfasste ihn, schrecklicher als jede Angst, die er jemals um sich selbst gehabt hatte. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr – mit Clary. Er ging einen Schritt vorwärts und in dem Moment nahm sie die Hände von der Brust und streckte sie ihm entgegen. Sie klebten vor Blut. Und auch die Vorderseite ihres weißen Kleides war blutgetränkt und wirkte wie ein scharlachroter Latz.
    Als sie nach vorne taumelte, fing er sie mit einem Arm auf. Fast hätte er den Elbenlichtstein fallen gelassen, als ihr Gewicht gegen ihn prallte. Er spürte ihren Herzschlag, ihr weiches Haar an seinem Kinn, so unglaublich vertraut. Aber sie roch anders als sonst. Der Duft, den er mit Clary verband – eine Mischung aus Blumenseife und frisch gewaschener Wäsche – war verschwunden; er konnte nur den Geruch von Blut und Metall wahrnehmen. Ihr Kopf fiel in den Nacken und sie verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war. Dann verringerte sich ihr rasender Herzschlag … und setzte ganz aus …
    »Nein!« Er schüttelte sie – so fest, dass ihr Kopf gegen seinen Arm schlug. »Clary! Wach auf!« Wieder schüttelte er sie und dieses Mal flatterten ihre Wimpern. Vor Erleichterung brach ihm der kalte Schweiß aus. Und dann schlug sie die Lider auf, aber ihre Augen waren nicht mehr grün, sondern trüb und milchig weiß … weiß und blendend wie Scheinwerfer auf einer dunklen Straße, verstörend wie das weiße Rauschen, das nun seinen Kopf erfüllte. Ich habe diese Augen schon einmal gesehen, dachte er noch, doch dann überspülte ihn die Dunkelheit wie eine Woge und hüllte alles in tiefe Stille.
     
    Löcher durchdrangen die Finsternis – schimmernde Lichtpunkte vor einem tiefschwarzen Hintergrund. Jace schloss die Augen und versuchte, seinen rasch gehenden Atem in den Griff zu bekommen. Er schmeckte einen kupferartigen Geschmack im Mund, wie von Blut, und nach einem weiteren

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