Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
abgesehen, dass er mit keinem von uns beiden blutsverwandt ist.«
»Jace …«
»Außerdem habe ich keine Zeit, dich mit Runen zu versehen.« Ein langer, träger Blick aus seinen goldenen Augen streifte über ihren Körper. »Und du hast nur diesen Dolch, der uns nicht viel nutzt, falls wir es mit Dämonen zu tun bekommen.«
Clary rammte die Waffe in die Wand neben der Tür und erntete dafür einen erstaunten Blick. »Na und? Dann gib mir eben eine deiner Seraphklingen – du hast doch zwei.«
»Herrgott noch mal …« Simon stand neben ihnen, die Hände in den Taschen. Seine Augen brannten wie schwarze Kohlen in seinem weißen Gesicht. » Ich werde Luke suchen.«
»Simon, nicht …«, setzte Clary an.
»Wenigstens verschwende ich nicht meine Zeit mit Herumstehen und Flirten, während wir nicht wissen, was mit Luke ist.« Er bedeutete ihr mit einer Handbewegung, von der Tür wegzugehen.
Jace presste die Kiefer zusammen. »Wir suchen alle gemeinsam.« Zu Clarys Überraschung riss er eine Seraphklinge aus seinem Gürtel und reichte sie ihr. »Hier, nimm.«
»Wie heißt die Klinge?«, fragte Clary und gab die Tür frei.
»Nakir.«
Clary hatte ihre Jacke in der Küche vergessen und die kalte Luft, die vom East River heraufströmte, fuhr ihr schneidend durch das dünne T-Shirt, als sie auf die dunkle Veranda hinaustrat. »Luke?«, rief sie. »Luke!«
Der Pick-up stand in der Auffahrt; eine der Türen schwang leise quietschend im Nachtwind. Die Innenraumbeleuchtung brannte und warf einen schwachen Lichtschein. Jace runzelte die Stirn. »Der Schlüssel steckt im Zündschloss, der Motor läuft noch …«
Simon zog die Haustür hinter sich zu. »Woher weißt du das?«
»Ich kann es hören.« Jace musterte Simon grüblerisch. »Und du könntest das auch, wenn du dir Mühe geben würdest, Blutsauger«, sagte er, sprang die Stufen hinunter und lachte leise in sich hinein.
»Ich glaube, ›Irdischer‹ gefiel mir irgendwie besser«, murmelte Simon.
»Bei Jace kannst du dir die Schimpfnamen, mit denen er dich bedenkt, nicht aussuchen.« Clary wühlte in ihrer Jeanstasche, bis ihre Finger einen kühlen, glatten Stein fanden. Sie holte den Elbenlichtstein hervor und hob ihn hoch, sodass sein Licht zwischen ihren gespreizten Fingern wie eine winzige Sonne in alle Richtungen strahlte. »Komm, Simon.«
Jace hatte recht gehabt; der Wagen lief tatsächlich im Leerlauf. Clary roch die Abgase, als sie sich dem Pick-up näherten, und ihr sank der Mut. Luke hätte niemals die Wagentür offen stehen und den Schlüssel im Zündschloss stecken lassen, wenn nicht irgendetwas passiert wäre.
Stirnrunzelnd umrundete Jace den Pick-up. »Bring mal das Elbenlicht hier rüber.« Er kniete sich auf den Rasen und strich mit dem Finger leicht über das Gras. Aus seiner Jackeninnentasche holte er einen Gegenstand, den Clary wiedererkannte: ein glattes Metallobjekt, in dessen Oberfläche winzige Runen graviert waren. Ein Sensor. Als Jace ihn über das Gras führte, reagierte das Gerät mit einer Reihe laut tickender Geräusche, wie ein wild gewordener Geigerzähler. »Definitiv dämonische Aktivität. Der Sensor registriert starke Spuren.«
»Könnten die noch von dem Dämon stammen, der Maia angegriffen hat?«, fragte Simon.
»Nein, der Ausschlag ist viel zu stark. Hier ist mehr als nur ein Dämon herumgeschlichen.« Jace richtete sich auf; er war jetzt vollkommen auf die bevorstehende Aufgabe konzentriert. »Vielleicht solltet ihr zwei besser wieder ins Haus gehen. Schickt mir Alec raus – er hat Erfahrung mit dieser Art von Dämonen.«
»Jace …«, stieß Clary erneut wütend hervor, brach dann aber ab, als sie aus den Augenwinkeln eine flüchtige Bewegung bemerkte – ein Schatten hastete über die Straße, hinunter zum steinigen Ufer des East River. Irgendetwas stimmte an dieser Gestalt nicht, die im Schein des Mondlichts kurz aufleuchtete: Sie war zu lang und bewegte sich viel zu schnell für einen Menschen …
Hektisch zeigte sie auf den Schatten. »Da! Am Ufer!«
Jace’ Blick folgte ihrem ausgestreckten Arm und er hielt geräuschvoll die Luft an. Doch im nächsten Moment stürzte er bereits los und Clary und Simon folgten ihm, über den Asphalt der Kent Street und auf die struppige Grasfläche, die das Ufer säumte. Das Elbenlicht hüpfte in Clarys Hand und erhellte unterschiedliche Bereiche des Flussufers: ein Streifen Gebüsch, ein zerbrochenes Stück Beton, über das Clary fast gestolpert wäre, Müllhaufen und
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