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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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hatte so etwas noch nie zuvor gesehen.
    »Wir haben es«, keuchte Humboldt in die Sprechmuschel des Gerätes. »Der Kopf ist offen.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Livanos. »Nun müssen Sie die Verbindung zu Daran kappen. Diese Wachdrohnen werden per Funk gesteuert. Sie gehorchen sämtlichen Befehlen, die die Differenzmaschine ihnen sendet. Wenn Sie die Kontrolle übernehmen wollen, müssen Sie das Gehirn abkoppeln. Alles, was Sie zu tun haben, ist, das grüngelb gestreifte Kabel von der Zentralplatine abzuziehen. Können Sie sie sehen? Das viereckige Ding in der Mitte.«
    Humboldt beugte sich über den Kopf. »Ja, ich sehe sie. Und ich sehe auch das Kabel. Was wird geschehen, wenn wir die Verbindung kappen? Meinen Sie nicht, dass Daron das mitbekommt?«
    »Natürlich wird sie das erfahren. Deswegen ist es auch so wichtig, dass Sie sich beeilen.«
    »Na schön«, sagte Humboldt. »Dann wollen wir mal.«
    Er holte eine Flachzange aus den Tiefen seines Mantels, ergriff damit den Stecker und zog ihn ab. Augenblicklich erlahmte der Widerstand des Roboters. Seine Arme sackten herab, der Kopf kippte zur Seite. Um ein Haar wäre Oskar abgerutscht. Es gelang ihm gerade noch, sich festzuhalten.
    »Haben Sie es geschafft?«, kam die Stimme aus dem Lautsprecher. »Ist die Verbindung getrennt?«
    »Alles getrennt«, erwiderte Humboldt. »Was jetzt?«
    »Jetzt ist es Zeit, dass Sie die Kontrolle übernehmen. Entlassen Sie den Roboter aus dem Griff der Schrottpresse und öffnen Sie seinen Brustkasten. Vergessen Sie aber nicht, vorher den Kopf wieder zu schließen.«
     

     
    Einige Minuten später war das Werk vollbracht. Der Automat war auf die Knie gesunken. Sein Kopf hing schlaff zur Seite und seine Augen starrten reglos auf sie herab. Die Luke, von der Livanos gesprochen hatte, lag genau vor ihnen. Im Gegensatz zum Kopf ließ sie sich relativ leicht öffnen. Sie verfügte über eine magnetische Verriegelung, die bei der Abschaltung ausgefallen war.
    Humboldt öffnete den Brustpanzer und spähte ins Halbdunkel des Roboters. Oskar blickte an seiner Schulter vorbei ins Innere. Wenn er geglaubt hatte, ein Gewimmel von Kabeln und Röhren zu entdecken, so hatte er sich getäuscht. Der Brustkorb sah sauber und aufgeräumt aus. An die Rückwand waren senkrecht übereinander zwei lederbespannte Sitze montiert. Sie besaßen Gurte und Armlehnen sowie Trittbleche für die Füße. An den Seiten waren irgendwelche Steuerelemente angebracht, die so aussahen, als könnte man damit den Roboter bewegen.
    »Was ist das?«, flüsterte Oskar. »Das sieht fast aus, als hätten da mal Menschen dringesessen.«
    »Verblüfft?« Livanos’ Stimme klang leicht belustigt.
    »Allerdings«, erwiderte Humboldt. »Sieht fast so aus, als wäre er früher mal von Menschen gesteuert worden.«
    »Womit Sie völlig recht haben«, sagte Livanos. »Was Sie da vor sich sehen, gehörte zur Stammbesatzung der Leviathan. Eine einfache Konstruktion mit der Bezeichnung ›Mechanische Lasteneinheit Zwei Punkt Sieben‹. Das Gerät war gedacht, um schwere körperliche Arbeiten an Schrauben, Gestängen und Rudern durchzuführen. Es eignete sich aber auch für Einsätze unter Wasser. Die Originalversion wurde von zwei Technikern gesteuert. Während der obere die Arme bewegte, übernahm der untere die Beinfunktionen. Diese Techniker wurden in der späteren Version – nachdem Daron die Macht übernommen hatte – durch eine funkgesteuerte Kontrolleinheit ersetzt. Das Gerät, das Sie im Kopf gesehen haben. Die Differenzmaschine machte sich nicht die Mühe, extra alles umzubauen, warum auch? Sie beließ die Inneneinrichtung so, wie sie war, und fügte lediglich die Steuerzentrale im Kopf hinzu. Alles eine Frage der Effizienz.«
    »Heißt das, dieser Roboter kann immer noch von Menschen gesteuert werden?«
    »Jetzt, nachdem Sie die Steuerzentrale abgeschaltet haben – ja. Und genau darin liegt unsere große Chance. Wenn es Ihnen gelingt, den Palast des Poseidon zu erreichen und Daron unschädlich zu machen, haben wir gewonnen.«
    »Aber wie sollen wir das anstellen? Die Tunnel der Druckluftbahn werden doch sicher überwacht.«
    »Lassen Sie das meine Sorge sein. Ich werde Ihnen einen Weg zeigen, den selbst Daron nicht lückenlos überwachen kann.«

 
56
     
     
    Voneinem donnernden Schlag geweckt, schreckte Charlotte hoch. Die Gefängnistür war aufgestoßen worden. Zwei finster aussehende Wachdrohnen stapften mit lauten Schritten herein. Pfeilschnell stürmten sie die

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