Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
müssen, um überhaupt
noch Personal akquirieren zu können. All dies stellt an die Leitungen altbewährter Systeme Managementanforderungen, denen
sie zunächst nicht gewachsen sind. Es handelte sich hier ja um relativ traditionelle »Frauenkulturen«, denen ein Denken in
professionellen Kategorien vergleichsweise fremd ist. Zur anfänglichen Unterstützung neuer Struktur- und Kulturmuster bei
den leitenden Personen werden häufig externe Berater engagiert. Sie geben Hilfestellung bei neuartigen Planungen, bei der
Etablierung neuartiger organisatorischer Muster und beim Führen der Mitarbeiter.
|204| Wenn in einem System grundlegend neue organisatorische Muster etabliert werden sollen, empfiehlt es sich, neben dem Einzel-Coaching
der Führungskräfte vorübergehend auch Gruppen- oder Team-Coaching zu etablieren; denn je mehr Menschen sich in einem System
mit dem Neuen intensiv befassen, desto rascher gestaltet sich die Umstellung, und desto weniger aktualisiert sich »Resistance
to Change« (
Coch, French
1948;
Watson
1966 u. a.).
Personalentwicklung bei Fusionen
Ein ebenfalls wichtiger Anlass für das Engagement von externen Beratern bildet die Zusammenlegung von Systemen.
Aus Kostengründen mussten zwei Fachkliniken für Suchtkranke desselben Trägers in einem neu erbauten Haus zusammengelegt werden.
Die Leitung der einen Klinik wurde gerade pensioniert, die Leitung der anderen Klinik war nun für beide Einrichtungen zuständig.
In dieser Situation mussten völlig neue Strukturen für das Personal, für die Klienten, für den Tagesablauf usw. etabliert
werden. Im Übrigen ging es um die Zusammenführung von zwei unterschiedlichen Kulturen. Die Kliniken hatten zwar schon zu Zeiten
ihrer Eigenständigkeit in etlichen Belangen kooperiert, sodass sich die Mitarbeiter untereinander gut kannten. Bei einer Zusammenlegung
fürchtete aber die kleinere der Einrichtungen, die eine »kuschelige« Kultur entwickelt hatte, von der größeren mit eher professionellem
Gepräge aufgesogen zu werden. In dieser Situation engagierte sich die Leitung für sich selbst einen Coach, der sie für ihre
neue Managementaufgabe unterstützen sollte. Dabei ging es ihr vor allem um die Entwicklung einer differenzierten Führungshaltung.
Sie hatte nämlich nicht nur die Abteilungsleiter für ihre jetzt umfassendere Aufgabenstellung sorgsamer als bisher zu führen.
Sie musste auch bei denjenigen, die ihr bislang nicht unterstellt waren, die also aus der »kuscheligen« Klinik mit dem pensionierten
Leiter stammten, einen gewissen Widerstand ihr gegenüber einkalkulieren.
In solchen Fällen müssen Führungskräfte ihre unmittelbar Unterstellten vorübergehend sehr sorgfältig begleiten. Damit aber
der Führungsprozess nicht durch eigene Betriebsblindheit oder durch ihnen vielleicht nur unterstellte Parteilichkeiten gefährdet
wird, engagieren sie gerne externe Berater, die ihnen für ihre neuen Führungsaufgaben Unterstützung geben. Im Dialog mit externen
Beratern erwerben sie meistens neue, gelassenere Perspektiven für den aktuellen Problemzusammenhang.
|205| Generelle Personalentwicklung
Personalentwicklung als Anlass für das Engagement eines externen Coach wird gerne von Führungskräften in Anspruch genommen,
die soeben eine führende Position in einer für sie neuen Organisation übernommen haben. Der Eintritt in einen neuen Arbeitsplatz
stellt ohnedies immer erhöhte Anforderungen an Berufstätige im Hinblick auf ihre sozialen Kompetenzen. Durch Eintritt in eine
neue Organisation, in der sie auch noch Führungsfunktionen zu übernehmen haben, verschärft sich das Belastungspotenzial noch
um ein Vielfaches. Neue Führungskräfte sind seitens der Mitarbeiterschaft regelmäßig einer »strengen Prüfung« ausgesetzt,
ob sie sich menschlich und fachlich auch als »würdig« für ihre Position erweisen. Hierbei ist besonders ihre soziale Flexibilität
gefordert. »Wie nahtlos kann ich mich in das bestehende Ensemble einfügen und den Mitarbeitern entgegenkommen? Wie ist das
aber zu schaffen, ohne sich aufzugeben?« lautet hier oft die Fragestellung.
Dann geht es beim Coaching um eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den formalen und informellen Mustern eines Systems,
mit den jeweiligen Ansprüchen von Rollenpartnern und mit den Möglichkeiten der Führungskraft, sich trotz aller externen Ansprüche
treu zu bleiben. Coaching startet damit bei Rollenberatungen, wie
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