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Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Titel: Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BÖRSENMEDIEN AG
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doch Marcinko kam damit durch. Mit atemberaubender Dreistigkeit hatte er nicht nur zwei seiner eigenen kommandierenden Offiziere beim SEAL-Team 2 umgangen, sondern auch den Commodore der Naval Special Warfare Group 2 und zwei verblüffte SEAL-Team-Admirale, die nur tatenlos zusehen konnten und danach vor Zorn schäumten.
    Das JSOC war ein Produkt der Army. Seine Kommandeure und die meisten seiner Führungsoffiziere kamen aus der Army. Es gab zwar auch ein paar Air-Force-Angehörige, doch die hatten kaum etwas zu melden, da die neue Organisation auch eine eigene Luftkampfeinheit namens Task Force 160 einrichtete, die ebenfalls der Army unterstand. Der mitunter charmante, stets opportunistische und gelegentlich auch skrupellose Marcinko schaffte es, sich bei JSOC-Kommandeur Major General Richard Scholtes beliebt zu machen. Mit der Navy hatte er leichtes Spiel gehabt. Er hatte im Grunde nur auf die Möglichkeit verweisen müssen, sich einen Vorsprung vor der Army zu verschaffen. Gegenüber den Generälen, die er überzeugen musste, spielte Marcinko den landbasierten Auftrag von Team 6 herunter und legte den Schwerpunkt auf Operationen auf dem Wasser und an der Küste. Einem General erzählte Marcinko, wenn ihm eine Organisation mit globaler Reichweite vorschwebe, brauche er die SEALs. Schließlich machten Meere 71 Prozent der Erdoberfläche aus. Delta Force könne also Landeinsätze übernehmen und das SEAL-Team 6 solche im und am Wasser. Das klang durchaus plausibel. Und schon hatte Marcinko seine Schwimmflosse in der Tür. Der Rest ist Geschichte.
    In den Teams wurde gemunkelt, Marcinko habe sich an die Army verkauft. Diese Einschätzung teilten vor allem solche Offiziere, die Marcinko nicht für die neue Einheit ausersehen hatte. Das offizielle Mandat als SEAL-Team erhielt Mob Six 1981. Marcinko selbst wählte die Zahl sechs, um den Feind zu verwirren. Damals gab es nämlich lediglich zwei SEAL-Teams, Team 1 in Colorado und Team 2 in Little Creek. Außerdem war die Sechs die Zahl, die im Funkverkehr der Navy einem Geschwaderführer zugeordnet wurde. Marcinko tönte vollmundig, er werde sein Team zur besten Spezialeinheit der Navy machen.
    Er hatte einen politischen Keil zwischen sich und die Naval Special Warfare Group 2 getrieben, dem für die SEAL-Teams an der Ostküste zuständigen Kommandostab. Da man sich ohnehin nicht grün war, sorgte Marcinko zusätzlich für eine gewisse räumliche Distanz. Seit dem Zweiten Weltkrieg waren die Spezialeinheiten der Navy an der Ostküste auf der Naval Amphibious Base in Little Creek stationiert gewesen, einem verschlafenen Vorort von Virginia Beach. Marcinko entschied sich für ein bewaldetes Stück Land auf einem ungenutzten Kommunikationsstützpunkt der Navy an der Grenze zu North Carolina und stellte einen Scheck für einen Neubau aus. „Ach, was soll’s“, sagte er. „Machen wir doch gleich mehrere Gebäude draus.“
    Marcinko zog einen eisernen Vorhang um sein neues Reich. Mit dem neuen Stützpunkt sonderte er sich nicht nur ab, sondern ging sogar so weit, den Männern von SEAL-Team 6 den Umgang mit ihren Kameraden vom anderen Ende der Stadt zu untersagen. Mit dieser Regelung machte er sich bei seinen ehemaligen Kollegen nicht beliebt. Die „geheime Mission“ von Team 6 war bei den SEALs ein offenes Geheimnis. Doch genau so wollte es Marcinko. Er setzte auf Markenwiedererkennung.
    Die Mission von Team 6 war leicht zu erraten: Einsätze an See-und Küstenzielen weltweit. Doch viel mehr drang über das Kommando nicht an die Öffentlichkeit. Das SEAL-Team 6 ging wie Delta ständig vom Kriegsfall aus. In kürzester Zeit konnte das gesamte Team an jedem Ort der Welt im Kampf eingesetzt werden. Das SEAL-Team 6 war und ist auf der höchsten Alarmstufe aller Einheiten des US-Militärs.
    Als Marcinko das SEAL-Team 6 schuf, machte er sich überall Feinde. Die anderen Teams ärgerten sich über das unbegrenzte Budget von Team 6 und über den Abzug ihrer besten Leute. Viel Geld musste das Team 6 für die Anwerbung gar nicht ausgeben. Doch Marcinko pflegte gute Beziehungen zu Admiral Hayward, dem Leiter der Naval Operations. Das machte ihn und sein Team zumindest eine Zeit lang unangreifbar.
    Am 2. Juni 1982 tat Admiral Hayward, was alle Vier-Sterne-Admiräle und Leiter von Naval Operations tun müssen: Er ging in den Ruhestand. Damit hatte Marcinko seine wichtigste Rückendeckung verloren. Prompt wurden die Messer gezückt.
    Da er in der SEAL-Gemeinschaft keine Verbündeten

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