Collection Baccara Band 0282
Anfangs waren sie bettelarm gewesen. Drina erinnerte sich, wie die anderen Kinder in der Schule sie auslachten wegen ihrer armseligen Lunchpakete und der abgetragenen Kleidung.
Aber es hatte ihr nicht viel ausgemacht, denn die Familie hielt zusammen.
Dann hatte sie Marius kennengelernt. Er war der attraktivste Junge, den sie jemals gesehen hatte. Vom ersten Augenblick an wusste sie, dass sie füreinander bestimmt waren. Und dass sie ihr Leben gemeinsam verbringen würden.
Sie könnten immer noch zusammen sein, wenn nicht …
Ein kurzer Klingelton zeigte an, dass die Fahrstuhltüren sich geöffnet hatten. Drina blickte auf. Sie hatte etwas Wichtiges zu erledigen und musste vorsichtig sein.
Sie schlug das Tagebuch zu und leerte ihr Glas. Dann lehnte sie sich zurück und wartete, ob die Gauner sich an ihren üblichen Tagesablauf hielten. Oh, wie sie die beiden hasste. Sie waren schuld daran, dass Marius im Gefängnis gelandet und schließlich gestorben war.
Fünf Minuten verstrichen, ohne dass etwas geschah. Drina dachte an Dennis, ihren derzeitigen Freund. Er war ein angenehmer, bescheidener Mann. Aber für sie bedeutete er nicht mehr als ein Zeitvertreib. Für sie zählte nur ihre Rache.
Als sie ein Geräusch hörte, hielt sie den Atem an. Sie wusste, dass die beiden sie nicht sehen konnten. Sie führten wie gewöhnlich ihren Hund spazieren und würden den Weg nicht verlassen. Dass sie so berechenbar waren, machte sie zu einer leichten Beute.
Im Gegensatz zu der überaus lästigen Pumpkin bellte dieser Hund nicht. Aber er machte dennoch genug Geräusche. Drina wusste, dass sie da waren.
Dann sah sie das Halsband in der Sonne funkeln. Die Frau führte den Hund an der Leine, der Mann schlenderte neben ihr her, die Hände in den Hosentaschen. Sie stolzierten durch den Dachgarten, als ob sie kein Wässerchen trüben könnten. Als ob sie nicht durch und durch böse wären, ihre Familie verraten und das Andenken ihrer Vorfahren mit Füßen getreten hätten.
Aber schon bald würden sie bitter bereuen, was sie Marius angetan hatten. Sie würden den Tag verfluchen, an dem sie ihn ausgeliefert hatten. Und dann hätten sie den Rest ihres Lebens Zeit, über ihre Sünden nachzudenken. Der Hund war der Schlüssel zu allem.
Diese Dummköpfe, dachte Drina verächtlich. Glaubten sie allen Ernstes, Drina würde ihnen ohne Marius nicht auf die Schliche kommen? Nein, sie war ihnen von Anfang an dicht auf den Fersen gewesen. Und sie hatte all ihre Kraft und Intelligenz dazu aufgewendet, einen perfekten Plan zu schmieden. Schließlich war sie bei einem Meister in die Lehre gegangen. Sie würde Rache nehmen. Und diese Rache würde so süß schmecken wie der Kuss ihres Ehemanns.
Vier große prachtvolle Hunde liefen hinter Mercy her. Weder von den Fußgängern, noch vom Verkehr oder den Gerüchen der Madison Avenue ließen sie sich ablenken. Sie wussten ganz genau, dass sie auf dem Weg zum Park waren. Das bedeutete, dass sie sich schon bald im Gras wälzen, im Gebüsch herumschnüffeln und ohne Leine herumtollen durften.
Gilly führte ebenfalls vier Hunde, die nicht so groß wie Mercys waren und sich auch tadellos benahmen. Die beiden jungen Frauen konnten nebeneinander gehen und sich sogar unterhalten.
An diesem Morgen gab es für die beiden nur ein Gesprächsthema: Will Desmond.
„Er hat mit dir geflirtet“, erklärte Gilly im Brustton der Überzeugung. „Ich habe es genau gesehen.“
„Er hat nur versucht, mich als Trainerin für seinen Hund zu engagieren“, widersprach Mercy.
„Das war bloß ein Vorwand. Er interessiert sich für dich.“
Mercy lachte abwehrend. „Ja, ja, natürlich. Hast du ihn dir genau angesehen?“ „Viel wichtiger ist doch die Frage, ob du ihn attraktiv findest.“ „Ja. Aber was soll ein Mann wie Will Desmond schon an mir finden? Der interessiert sich für ganz andere Frauen.“
„Er konnte die Augen kaum von dir abwenden.“
„Gilly, das ist doch absurd!“
Sie bogen um eine Ecke. Der Park rückte näher. Die Hunde wurden aufgeregt. Sie kannten den Weg genau. Sie wollten spielen, toben und um die Wette rennen, und zwar sofort. Mercy blieb stehen, ließ die Hunde sich als Gehorsamsübung hinsetzen und lobte sie. Danach waren sie alle ruhiger, und die jungen Frauen konnten ihren Spaziergang fortsetzen.
Gilly hatte schon zum Personal des Hush gehört, als Mercy ihren Job dort antrat. Sie war Kellnerin in einer der Cocktailbars gewesen und hatte ihre Arbeit gehasst. Obwohl es für sie
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