Collection Baccara Band 335 (German Edition)
telefonieren wollte?
Er hatte in Julies Leben nie eine große Rolle gespielt. In vielerlei Hinsicht war eigentlich Cal ihr Vater. Jetzt war sie fast erwachsen, und er bedauerte es zutiefst, dass sie ihm gänzlich entglitten war.
Unwillkürlich tauchte ein quälender Gedanke auf. Wie weit war er bereit zu gehen, um zu verhindern, dass dies noch einmal geschah? Mit seinem zweiten Kind?
Den ganzen verdammten Weg, sagte er sich. Er würde tun, was immer nötig war. Was es auch kosten mochte.
Nur noch eine Minute, dachte Abby, während sie die Sonne betrachtete, die tief am Himmel stand. Die alten Eichen und Pinien warfen geheimnisvolle Schatten auf die Wiese, ganz in ihrer Nähe grasten friedlich die Pferde. Die stille Abendstimmung lullte sie ein und lenkte sie von ihrem bevorstehenden Treffen mit Leo ab.
Der Zeitpunkt rückte immer näher. Es musste schon fast sieben Uhr sein. Sie wusste genau, dass sie von der steinernen Bank aufstehen und ins Haus gehen sollte, um ihn dort zu erwarten, doch sie fürchtete sich davor, ihn wiederzusehen. Außerdem war sie müde und erschöpft. Es tat einfach gut, die Natur auf sich wirken zu lassen.
Leo war allerdings nicht gerade berühmt für seine Geduld. Es würde die ganze Sache nur verschlimmern, wenn sie ihn warten ließe, aber sie konnte sich nicht dazu aufraffen aufzustehen. Eine warme Brise strich ihr übers Gesicht wie eine zärtliche Berührung. Ihr Körper fühlte sich schwer und bleiern an. Es war eine Wohltat, auf der Bank zu liegen und den kühlen Stein zur spüren. Also blieb sie, wo sie war. Sie hatte es gründlich satt, vernünftig zu sein. Stattdessen genoss sie einfach den friedvollen lauen Sommerabend.
Der Tag war lang und anstrengend gewesen. Dies war der erste Moment, den sie ganz für sich hatte. Ihr Blick ging zur Krone der mächtigen Eiche, in deren Schatten sie lag. Es war ein wundervoller Baum, und er wirkte aus dieser Perspektive noch imposanter. Unwillkürlich kehrten ihre Gedanken zurück in ihre Kindheit, und sie erinnerte sich daran, wie gern Becky und sie auf Bäume geklettert waren.
Sie vergaß Leo völlig und versank in die Betrachtung der sich im Wind sacht bewegenden Blätter der Eiche und der Lichtreflexe, die die untergehende Sonne ihnen entlockte. Der Himmel war tiefblau und wolkenlos, die Welt groß und das Universum unermesslich.
Wie belanglos schien dagegen ihr kleines Problem mit der ungewollten Schwangerschaft. Dankbar sinnierte Abby darüber, wie ein Aufenthalt in der Natur die Dinge ins rechte Lot rücken konnte. Sie war so entspannt wie schon lange nicht mehr.
Jedenfalls bis zu dem Moment, als sie Leos tiefe Stimme hörte.
„Abby! Abby!“
Sie sprang auf die Füße und wischte sich ein Blatt aus dem Haar. „Hier drüben!“
Er kam auf sie zu und musterte sie eindringlich. Unwillkürlich fragte sie sich, ob er bemerkte, dass sie um die Taille bereits ein wenig breiter geworden war.
Deutlich erinnerte sie sich daran, wie sie auf seinem Esstisch gestanden und sich zum Rhythmus von „Wild Thing“ in aufreizender Art und Weise entblättert hatte. Er war jeder ihrer Bewegungen mit seinen Blicken aus gold gefleckten Augen gefolgt. Die Faszination, die sie auf ihn ausgeübt hatte, und sein unverhohlenes Verlangen hatten ihr das Gefühl gegeben, sexy und begehrenswert zu sein. Selten zuvor war sie sich ihrer Weiblichkeit und ihrer Macht so bewusst gewesen.
Als sie völlig nackt war, hatte er die Hände um ihre Taille gelegt und sie behutsam in seine Arme gezogen. Für eine ganze Weile hatte er sie einfach nur festgehalten, dann hatte er sie aufs Haar geküsst und sie langsam auf den Tisch gedrückt. Als er ihren Körper mit den Lippen erkundete, hatte sie das Gefühl gehabt, in Flammen zu stehen.
Sie wollte leidenschaftlichen Sex, um ihren Kummer zu vergessen. Er wollte mehr. Und das jagte ihr Angst ein.
Denk nicht an diese Nacht, befahl sie sich. Du darfst ihn nie wieder so nah an dich herankommen lassen.
Er war sehr groß, sie schätzte ihn auf knapp eins neunzig. Sein Gesicht war das eines Mannes, der sich viel im Freien aufhielt, wettergegerbt und gebräunt. Sie wusste, dass er auf seiner Ranch oft schwere körperliche Arbeit verrichtete. Manchmal, wenn sie ihre Zäune abfuhr, um sich um nötige Reparaturen zu kümmern, sah sie Leo bei irgendeiner schweißtreibenden Tätigkeit. Dann verspürte sie einen Anflug von Neid und Sehnsucht. Es musste schön sein, einen Mann zu haben, der sich um solche Dinge kümmerte.
Seine
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