Colorado Saga
lassen, und auch er ist jetzt Millionär.« Seine Stimme senkend, setzte Wendell listig hinzu: »Daß er außerdem noch die Tochter des Chefs geheiratet hat, das war natürlich auch nicht zu seinem Schaden.« Mit amüsierter Zurückhaltung beobachtete er, wie die zwei Männer sich krümmten.
»Die Sache läßt doch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, nicht wahr?« fragte er mit Verachtung in seiner Stimme. »Diese Männer haben alles Land, das sie brauchen, und jetzt verfolgen sie nur ein Ziel: Sie, meine Damen und Herren, daran zu hindern, die Ihnen zustehenden Parzellen in Besitz zu nehmen Sie haben nur ihr eigenes Interesse im Auge, denn sie wollen alles für sich behalten.«
Dies war ein vernichtender Angriff, und Brumbauch begriff, daß, was immer er auch noch sagen mochte, seine Worte auf taube Ohren stoßen würden. Er ließ die jungen Farmer stehen und hätte auch den Bahnhof verlassen, aber eine großgewachsene junge Frau lief ihm nach und berührte seine Hand. »Sind Sie davon überzeugt, daß wir einen Fehler machen?«
»Einen schweren Fehler«, antwortete er.
»Wieso?«
»Weil Sie das Gras zerstören. Sie reißen die
Grasnarbe auf. Es ist unmöglich, das Land, das Sie sich aussuchen werden, zu bestellen.«
»Aber Dr. Creevey hat es bestellt.«
»Er hat diesem Projekt sein ganzes Leben gewidmet. Er genießt jede Art Unterstützung von der Eisenbahn. Aber wenn die schlechten Jahre kommen, wird auch er dran glauben müssen.«
»Sind Sie denn sicher, daß schlechte Jahre kommen werden?« fragte die junge Frau.
Brumbauch sah sie an. Sie erinnerte ihn an die Frauen, die er vor Jahrzehnten an der Wolga gekannt hatte: Aufopfernd, hingebungsvoll und arbeitsam, würde ihre Seele unter dem, was auf sie zukam, zerbrechen. »Sind Sie schwanger?« fragte er sie offen und sagte, als sie verlegen nickte: »Möge der Herr sich Ihrer erbarmen, denn das Land wird keine Gnade walten lassen.«
»Aber Sie haben Erfolg gehabt, heißt es.«
»Meine Felder waren nahe am Wasser. Ihre werden es nicht sein.«
Mervin Wendell forderte die Frauen auf, ihm zu folgen, und die Grebes schickten sich an mitzugehen, aber Brumbauch ergriff Alice bei der Hand. »Fahren Sie wieder heim«, sagte er in eindringlichem Ton. »Das Land da draußen... das ist gut für Hunde und Männer. Für Pferde und Frauen ist es die Hölle.« »Hierher!« rief Wendell »Sie, meine Dame. In diesen Wagen.«
Und so erblickte Alice Grebe vom Hintersitz eines eleganten Buicks zum ersten Mal ihre neue Heimat. Mr. Wendell lenkte seinen Wagen über die Prärie nach Osten, dann nach Norden, an Klein-Mexiko vorbei, dessen Lehmhütten die Neuankömmlinge staunen machten, und schließlich nach Nordosten, in Richtung auf die geplante Stadt Line Camp. Als die Karawane den Mud Creek überquert hatte und in die großen Ebenen kam, seufzten viele Frauen auf, denn nichts Lebendes war zu sehen außer Gras, kein Zeichen menschlicher Existenz, außer der sich durch die Landschaft schlängelnden Straße.
»Mein Gott, ist das eine verlassene Gegend!« rief Vesta Volkema.
»Aber nur, solange hier keine Scheunen und Windmühlen und schmucken kleinen Häuser stehen«, hielt Wendell ihr lächelnd entgegen. Jetzt wurde verständlich, warum er alle Frauen gesondert in Automobilen untergebracht hatte; sie sollten mit ihrer Enttäuschung nicht ihre Männer anstecken. Die würden sich auf den Boden konzentrieren, würden versuchen, seinen Wert abzuschätzen, und, wenn man sie nur in Frieden ließ, positive oder zumindest keine negativen Schlüsse ziehen. Und dann würden sie ihre Frauen dazu bringen, ihre Entscheidung zu akzeptieren.
»Warten Sie nur, bis Sie Line Camp sehen«, sagte er in enthusiastischem Ton.
»Wie sieht es denn dort aus?« fragte Vesta.
»Ein wahres Paradies!« versicherte er ihr.
Er hatte eine Section - sechshundertvierzig Morgen -von den Venneford-Leuten gekauft, um hier eine neue Stadt zu erbauen, die sich um das alte, längst aufgegebene Line Camp Drei gruppieren sollte. Mit dem Land erwarb er auch die aus Stein gebaute Scheune und das eingeschossige Steinhaus, das von Generationen von Cowboys bewohnt worden war, die die Venneford-Rinder betreuten. Diese zwei Baulichkeiten waren das Wertvollste an dem ganzen Kauf, und sie bildeten den Mittelpunkt des von den Geometern angelegten Planes einer typischen Western-Stadt. Sie standen an der Kreuzung von State 8 und Weld 33.
Wer nach Line Camp kam, dem standen drei Möglichkeiten offen. Er konnte
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