Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
stehen. Er hatte eine Alien-Kathedrale betreten, einen gewaltigen Dom, dessen Decke wenigstens achtzig Meter hoch über ihm lag, mit Säulen entlang den Wänden, die aussahen wie ein kunstvolles Traggitter und sieben Galerien trugen. Es handelte sich ohne jeden Zweifel um einen Sakralbau. Die Alkovenwände zwischen den Pfeilern bestanden aus behauenem Marmor. Tausende der verschiedensten Kreaturen starrten Ozzie an, jede dritte davon ein Silfe. Irgendwie hatte der Künstler jeder einzelnen davon eine Erhabenheit verliehen, die sie beinahe göttlich erscheinen ließ, wie die Propheten der Menschheit. Sie alle waren im gleichen Augenblick der Ergriffenheit und der Offenbarung abgebildet, einem Augenblick, in dem sie die Wunder erblickten, die jenseits der physischen Existenz warteten. Die Landschaften, in denen sie standen, reichten von Waldszenen bis hin zu bleichen Wüsten mit fremden Monden am Himmel oder Städten mit den großartigsten Bauwerken und fremdartigen technologischen Umgebungen. Genau im Apex der Kuppel befand sich ein Mandala aus Kristallen, die heller erstrahlten als die Sonne draußen. »Ich fasse es nicht!«, rief Ozzie staunend. Es war eine verblüffende Offenbarung, ein eindeutiger Beweis dafür, dass die Silfen eine echte Kultur besaßen.
In der Mitte der Halle befand sich ein großer Pool, der von einem Brunnen gespeist wurde. Das Wasser dampfte leicht, während es über die Fassung plätscherte und gurgelte. Es gab keinen Altar und keine Sitzreihen, wie Ozzie halb erwartet hatte. Stattdessen standen lange Tische und Bänke aus Knochen und Leder auf dem ausgetretenen, an zahlreichen Stellen gerissenen Steinboden. Auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite hatte man einen großen, rechteckigen Feuerplatz errichtet. Durch Lücken in der Ummauerung an der Basis sah Ozzie Flammen flackern. Dem Geruch nach zu urteilen, der in der Luft hing, und dem Ruß über der Feuerstelle, wurden die Flammen von einer Art Fett oder Öl gespeist. Mehrere Menschen und Aliens arbeiteten an den Tischen, die dem Feuer am nächsten standen, und bereiteten offensichtlich eine Mahlzeit vor.
Wie es aussah, diente die gewaltige Kaverne als Versammlungs- und Gemeinschaftsraum für die Bewohner der Zitadelle. Selbst jetzt, am helllichten Tag, herrschte rege Betriebsamkeit. Die schiere Anzahl verschiedenster Spezies versetzte Ozzie ins Staunen; er konnte wenigstens zwölf unterscheiden. Wesen mit drei Beinen, mit vier Beinen, mit sechs Beinen, Wesen, die sich über den Boden wanden oder glitten, eines, das hüpfte, und eines, das entweder ein junger Raiel oder zumindest ein naher Verwandter war. Große und kleine, dicke und dünne, mit den verschiedenfarbigsten Häuten, Schuppen, Fell, Stacheln, und die Kleidung bei denen, die ihre Körper verhüllten, reichte von einfachen Togas bis hin zu komplizierten Arbeitsoveralls mit Dutzenden von Taschen.
Wie die Statuen, so starrte nun auch jedes lebende Wesen in der Kuppel Ozzie und Orion an. Sie wurden gemustert, beschnüffelt, infrarot gescannt, mit Ultraschall abgetastet …
Orion schob sich unauffällig hinter Ozzie, der die Musterung gleichgültig über sich ergehen ließ. »Woher kommen die alle?«, fragte er. »Kennen wir ihre Heimatsysteme?«
»Es spielt keine Rolle, woher sie kommen«, sagte Sara gleichmütig. »Nur, dass sie jetzt hier sind, ist von Bedeutung. Warum willst du sie klassifizieren? Das ist der erste Schritt hin zur Segregation.«
»Niemand will hier irgendwen klassifizieren«, protestierte Ozzie. »Mann, das muss die bedeutsamste Ansammlung verschiedener Spezies sein, die wir kennen! Hier gibt es mehr verschiedene Rassen als auf dem High Angel! Bedeutet dir das denn überhaupt nichts?«
»Es bedeutet, dass wir über einen großen Pool an unterschiedlichsten Talenten verfügen, die uns beim Überleben hilfreich sind.«
»Ich muss herausfinden, woher sie alle stammen! Und ob sie mehr über die Silfen wissen.«
»Ich mache euch später miteinander bekannt«, sagte Sara. »Eure Zimmer sind gleich hier drüben.« Sie führte Ozzie und Orion durch die Halle und um eine Ecke. Zwischen jeweils einem Pfeilerpaar führte ein Korridor nach außen. Der Gang, durch den sie geführt wurden, endete in einer Gruppe von drei einfachen, runden Räumen. Einer davon war mit simplen, für Menschen geeigneten Möbeln ausgestattet: einer Pritsche zum Schlafen und zwei Stühlen, die aus Knochen mit dazwischen gespannter Sitzfläche und Rückenlehne bestanden. Ein Stuhlbein
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