Commonwealth-Saga 4 - Die dunkle Festung
Split, der von zähem kurzem Gras und Moo-sen zusammengehalten wurde. Gelegentliche Felsstürze waren vor Jahrzehnten von Maschinen beiseite geräumt worden, doch abgesehen davon wirkte die Fahrbahn völlig natürlich. Adam fragte sich, ob sie ursprünglich von dem einheimischen Äquivalent von Berg-ziegen geschaffen worden war in den Millennien vor der künstlich ausgelösten Sonneneruption. Der Verlauf war jedoch ein wenig zu günstig, um vollkommen natürlich zu sein. Außerdem beunruhigte ihn, wie schmal der Weg an verschiedenen Stellen war. Die Breite fluktuierte ununterbrochen. Es gab keine Leitplanken oder dergleichen, und der Hang darunter war so steil, dass er von oben fast vertikal wirkte. Glücklicherweise wurde es immer schwieriger, den Talboden zu sehen, je weiter die Sonne hinter dem Horizont versank.
Oben am Himmel tauchten die ersten Sterne auf.
Adam ging nach hinten, um nach Paula zu sehen. Die Klimaanlage der Fahrerkabine blies inzwischen warme Luft aus den Austrittsdü-sen und kompensierte die Kälte in der großen Höhe. Paula stöhnte, als Adam die Tür aus Komposit aufschob und wandte sich instinktiv von dem pinkfarbenen Zwielicht ab, das durch die Scheibe her-einfiel.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte Adam.
Aus einem dicken Nest von Decken spähte ein Totengesicht zu ihm auf.
Adam prüfte schnüffelnd die Luft und hatte Mühe, nicht angewidert das Gesicht zu verziehen. Paula hatte sich übergeben; klebrige braune Flüssigkeit hatte die Decken besudelt, die sie umklammerte.
Er war nicht sicher, ob Blut in der Masse war.
»Hier«, er reichte ihr eine Wasserflasche. »Sie müssen mehr trinken.«
Paula schaute die Flasche an und schauderte. »Ich kann nicht.«
»Sie dehydrieren, und das macht alles nur noch schlimmer.« Er zog seinen dunkelroten Pullover aus. »Geben Sie mir die obere Decke, und ziehen Sie das hier an.«
Sie sagte nichts dazu, doch sie lockerte ihren Griff um die Decke.
Adam stopfte sie zusammengeknüllt in einen Plastikbeutel; dann re-gulierte er die Lüftung so, dass die Kabinenluft einmal rasch umgewälzt wurde, um den ranzigen Gestank aus dem kleinen Abteil zu vertreiben. Paula brauchte recht lange, um den Pullover anzuziehen.
Einmal versuchte er, ihr dabei zu helfen, doch sie stieß seine Hände weg, fest entschlossen, es allein zu schaffen. Wenn sie noch Stolz hatte, dann gab es auch noch Hoffnung für sie.
»Ich habe noch ein paar Beruhigungsmittel übrig«, sagte Adam, als Paula schließlich vollkommen erschöpft auf die Pritsche zu-rücksank.
»Nein.« Sie deutete auf die Wasserflasche, die er in der Hand hielt.
»Ich versuche zu trinken.«
»Sie brauchen mehr als nur Wasser.«
»Ich werde mich bemühen, daran zu denken.«
»Die Guardians haben sicher einen Arzt.«
»Wir bleiben beim diagnostischen Array, danke sehr. Ich vertraue der Maschine mehr als irgendeinem Doktor auf dieser Welt.«
»Das ist ein Vorurteil.«
»Es ist mein Leben.«
»Hören Sie, wir wissen beide …«
»Wir haben Gesellschaft«, rief Rosamund von vorne. »Laster voraus; sie kommen uns entgegen.«
Adam musterte Paula mit eindringlichem Blick. »Wir reden später darüber.«
»Ich kann Ihnen ja wohl kaum entkommen.«
Adam kehrte nach vorn zurück und warf einen kurzen Blick auf das Radardisplay. »Was gibt es?«
Kieran deutete durch die Windschutzscheibe nach vorn. Mehrere in den tiefen Schatten hell strahlende Lichtpunkte bewegten sich am Berghang entlang auf sie zu.
»Versuch, mit ihnen in Kontakt zu treten«, sagte Adam zu Rosamund. Er war nicht sonderlich besorgt – hätte das Institut sie wie durch irgendein Wunder hier oben aufgespürt, wäre es bestimmt nicht so offen aufgetreten.
»Ein Antwortsignal«, meldete Rosamund. »Es ist Samantha. Sie sagt, dass sie so schnell wie möglich die Ausrüstung umladen und anfangen müssen.«
Sie fuhren einen weiteren Kilometer, bevor sie einen Abschnitt fanden, der breit genug war, dass alle dort parken konnten. Zehn Minuten später traf Samantha mit ihren Fahrzeugen ein. Der saphirblaue Himmel wurde endlich schwarz, und die Sterne leuchteten mit einer Intensität, die Adam auf den Welten des Commonwealth nur selten zu sehen bekam. Sieben mittelschwere Laster und fünf alte Vauxhall-Jeeps parkten um die Volvos herum. Sie alle waren mit primitiv aussehenden AS-Fahrwerken ausgerüstet, und ihre Maschinen dröhnten in der dünnen Luft. Aus den Auspuffrohren quoll schwarzer stinkender Rauch. Zwanzig Guardians stiegen aus und
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