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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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vor sich, wie er schwer verwundet niedersank. »Ich hoffe, daß ich auch heute noch die Kraft dazu hätte.«
    Als er sich umwandte, war der große ernste Leutnant mit den zu früh ergrauten Haarsträhnen verschwunden wie ein Geist aus der Vergangenheit.
    Catherine war im Zimmer und umarmte ihn. Er küßte ihren Nacken. »Habe ich richtig gehandelt, Kate?« Einige Augenblicke konnte sie nicht antworten. »Er ist ein guter Mann. Seinen Gesichtsausdruck, als er dich eben verließ, werde ich nicht vergessen.« Er drückte sie an sich. Als der Leutnant seine Geschichte heraussprudelte, hatte er die ganze Zeit gedacht: Das hätte auch mir widerfahren können.
    Später am Abend, als ein feiner Dunst von der See heraufzog, gingen sie zusammen zum Gartentor, hinter dem der Weg zu den Klippen verlief. Sie sahen der Brandung zu, die sich zwischen den Felsen brach. Ein paar Möwen wiegten sich auf der Dünung. Es war, als wären sie alleine auf der Welt. Plötzlich sagte sie: »Ich will mit nach Plymouth kommen, um bis zum letzten Moment bei dir zu sein.«
    Er drückte sie an sich, ihr loses Haar wehte ihm in die Augen. Seit dem Tag, da er von der
Anemone
aus die Küste Cornwalls erspäht hatte, war ihm die gemeinsame Zeit unendlich lang vorgekommen. Nun würden sie bald getrennt werden, wahrscheinlich schon in ein paar Tagen, und nur ihre Briefe und seine Erinnerungen würden ihm bleiben.
    »Wenn du willst, Kate. Ich bin überredet.«
    Sie gingen in das alte Haus zurück. Bolitho war überrascht, daß sein Sekretär Yovell ein paar Bücher in der Bibliothek wälzte. Sie zog die Stirn kraus. »Hoffentlich übernehmen Sie sich nicht, Mr. Yovell!« Dann lachte sie. »Ich gehe nach oben.« Ihr Blick ließ Bolitho nicht los, während sie zur Treppe ging.
    »Und keine Ausreden, Richard.«
    Bolitho war nicht sicher, was sie meinte. Zu Yovell gewandt, erkundigte er sich: »Wie kommen Sie mit Mr. Avery klar?«
    Yovell hauchte auf seine goldgeränderte Brille und putzte sie sorgfältig mit dem Taschentuch. »Ein Mann mit vielen Talenten, Sir Richard, er versteht sogar Latein. Er wird sich einfügen.«
    Ein höheres Lob war von ihm nicht zu erwarten.
    Bolitho ging nach oben, vorbei an den Porträts seiner Ahnen und den längst vergessenen Schlachten. Im Haus war es noch immer warm. Es schien sogar ein Gewitter in der Luft zu liegen. Er ging ins Schlafzimmer, wo sie ihn an einem weitgeöffneten Fenster erwartete. Kein Lufthauch regte sich, die Kerzen brannten völlig ruhig, und die Schatten im Raum bewegten sich nicht. Als er seine Arme um sie legte, wandte sie sich dem großen Spiegel zu, dessen Rand aus geschnitzten Disteln bestand. Er war ein Geschenk von Kapitän James an Bolithos schottische Mutter gewesen. Sie betrachtete sein Gesicht, als er ihr Spiegelbild bewunderte. Sie trug das Negligé mit der dünnen Goldkordel.
    »Denk dran, keine Ausflüchte, Richard. Mache mit mir, was du willst, denn ich gehöre dir – wie schon immer, obwohl wir es nicht wußten.«
    Er sah im Spiegel, wie sich ihr Körper an ihn drückte, als er die goldene Kordel an ihrem Hals öffnete. Es war, als ob er einen Fremden beobachtete.
    »Langsam.« Ihre Augen waren auf den Spiegel geheftet, die Lippen glänzten feucht, als ihr Negligé zu Boden fiel. Er trug sie zum Bett, legte sich zu ihr und streichelte sie, küßte ihre Brüste und ihren Körper, bis das Verlangen unerträglich wurde. Der Rest ging in dem Gewitter unter, das draußen losbrach.
     

Die Valkyrie
    Der lange Sund, der die Werft in Plymouth von der angrenzenden Provinz Cornwall trennt, glitzerte in der Vormittagssonne wie flüssiges Blei. Man schrieb den letzten Augusttag, und es war schon etwas kühl, eine Folge des Regens, der auf Devon gefallen war.
    Auf dem Wasser tummelten sich Schiffe jeder Art und Größe. Zwei mächtige Linienschiffe zerrten in der kräftigen ablandigen Brise an ihren Ankerkabeln. Tiefliegende Kohlenbriggs brachten ihre Ladung zu den Städten am River Tamar oder direkt zur Werft. Ein Spezialschiff zum Mastsetzen zog ein Floß aus Spieren hinter sich her und nutzte die günstige Tide, um die schmale Einfahrt sicher zu passieren.
    Für eine unbedarfte Landratte sah ein Kriegsschiff wie das andere aus, bestenfalls unterschieden sie sich in der Größe, aber bei jedem echten Seemann hätte die Fregatte, die direkt vor der Werft ankerte, sofort Aufmerksamkeit erregt. Von ihrem aufragenden Klüverbaum bis zu ihrem feingeschwungenen Heck, wo der Name
Valkyrie
unter den

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