Dämonisches Tattoo
Schlüssel!«
»Was?« Kates Blick war noch immer auf den Mann gerichtet, der auf sie zulief. »Ist das Cassell?« Sie kniff die Augen zusammen. »Er hat eine Waffe! Mein Gott, er zielt auf uns!«
Agent Ryan riss ihr den Autoschlüssel aus der Hand.
»Hey! Was soll das!«
»Keine Zeit für Erklärungen.« Ein kräftiger Stoß ließ sie über die Ladekante in den Kofferraum fallen. »Machen Sie sich möglichst klein!« Dann warf er die Klappe zu und Kate versank in Finsternis.
Sie hämmerte gegen den Deckel. »Lassen Sie mich raus!« Sie schrie und tobte und gab erst auf, als der Motor angelassen wurde und sich der Wagen mit quietschenden Reifen in Bewegung setzte. »Das Auto ist neu, Sie Penner!«
Das würde er bereuen!
Sie würde ihn verklagen, wegen Freiheitsberaubung, Entführung und Autoschändung, bis er sich kein Hemd mehr über dem Hintern leisten konnte! Nicht dass das Hemd, das er trug, noch sonderlich gut ausgesehen hätte. Nur langsam lichtete sich der zornige Schleier, der sich über ihren Verstand gelegt hatte, weit genug, um sie wieder einen klaren Gedanken fassen zu lassen.
Agent Ryan hatte ausgesehen, als hätte er einen heftigen Kampf hinter sich. Der Mann war ein Schreibtischhengst! Wie konnte sich einer wie er auf einen Kampf einlassen? Und warum hatte es so ausgesehen, als sei Cassell hinter ihm her?
Noch immer war das Heulen der Sirenen zu hören. Kate zählte bis zehn, dann bis zwanzig, doch es wurde nicht leiser.
Die verfolgen uns!
Nein, korrigierte sie ihren Gedanken. Sie verfolgten Agent Ryan.
Es gab einen ohrenbetäubenden Schlag, sie spürte einen Luftzug und schloss erschrocken die Augen. Als sie sie wieder öffnete, sickerte fahles Licht durch ein Loch von der Größe eines Dimes an der Rückwand des Kofferraums herein, nur wenige Handbreit über ihrem Kopf.
Machen Sie sich möglichst klein!
Der Wagen schlingerte in atemberaubendem Zickzack, wobei Kate von einer Seite zur anderen geworfen wurde. Noch ein Schlag, noch ein Loch, diesmal etwas weiter oben. Mit einem erschrockenen Schrei drängte Kate sich an die Rücksitzbank und rollte sich zusammen. Weitere Schüsse waren zu hören, streiften den Wagen aber nur oder gingen ins Leere. Sie würde im Kugelhagel draufgehen, weil sie nicht aufhören konnte einen Agenten zu verfolgen, der nicht einmal mit ihr sprechen wollte. Wenn der Tank nicht vorher explodierte, würden die sie erschießen, und sie wusste nicht einmal warum! Panik schwappte in einer heiß-kalten Welle über ihr zusammen und drohte sie mit sich zu reißen. Sie begann zu zittern und war sich längst nicht mehr sicher, ob das Quietschen, das sie hörte, tatsächlich von den Reifen kam oder ob sie selbst diese Laute von sich gab.
»Ruhig bleiben!«, rief sie in die Schwärze des Kofferraums. »Tanks explodieren nicht.«
Großartig. Also nur erschossen werden.
Sie schüttelte energisch den Kopf. »Reiß dich zusammen, Kate!«
Tief durchatmen! Wenn sie jetzt in Panik geriet, konnte sie nicht mehr nachdenken. Das würde die Sache noch schlimmer machen.
Aber wie sollte sie ruhig bleiben, wenn jemand auf sie – oder zumindest den Wagen, in dem sie sich befand – schoss? Heilige Scheiße, wie sollte sie der Versicherung beibringen, dass sie Einschusslöcher in ihrem neuen Wagen hatte?
Tut mir schrecklich leid, Ma’am, aber der Agent, der meinen Wagen gestohlen und mich entführt hat, fuhr so einen Schlingerkurs, dass die Polizisten, die ihn stoppen wollten, die Reifen nicht treffen konnten.
Die Versicherung würde sie hochkant rauswerfen. Vielleicht würde ein Exklusivbericht über ihre Entführung die Reparaturkosten decken. »Ein Artikel also«, sagte sie sich, und der bloße Gedanke ließ sie ein wenig ruhiger werden. »Nur dass ich diesmal live dabei bin. Informationen aus erster Hand.«
Okay. Damit konnte sie leben. Fürs Erste. Allerdings würde nur etwas daraus werden, wenn sie das Ganze überlebte und nicht versehentlich erschossen wurde, bevor sie auch nur eine Zeile schreiben konnte. Kate fluchte. Wie oft hatte sie versucht an Agent Ryan heranzukommen? Und jetzt, wo sie sich endlich in nächster Nähe zu ihm befand, war ihr das entschieden zu nah.
Sie wusste ja nicht einmal, was er ausgefressen hatte, dass ihn seine eigenen Leute nicht nur jagten, sondern auch auf ihn schossen! Womöglich war er durchgedreht und Amok gelaufen. Denkbar wäre es, bei den Scheußlichkeiten, mit denen er täglich konfrontiert war.
Profiler – sie blicken in die Abgründe der
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