Daphne - sTdH 4
Bekanntschaft mit ihr zu vertiefen, und das war wiederum Grund
genug, um alle Eltern von Töchtern, insbesondere wenn sie so hinter dem Geld
her waren wie der Pfarrer, anzuspornen. Seit dem Tage, an dem Mr. Garfield sein
Erbe angetreten hatte, wurde er von ehrgeizigen Eltern verfolgt. Und der
Pfarrer konnte den Hals nicht voll kriegen. Wahrscheinlich hatte er die arme
Daphne schon am Tag nach seiner Abreise in aller Eile nach London geschickt.
Daphne, die
inzwischen bestimmt wußte, wie reich und mächtig er war, würde ihn wohl nicht
mehr dadurch faszinieren, daß sie so tat, als sei sie nicht bei Trost, sondern
sie würde dümmlich lachen und kichern und flirten, genau wie all die anderen
Mädchen, die ihn immer so langweilten.
Ganz London
schien von der langen Dürre des Sommers erschöpft zu sein. Er konnte sich
nicht einmal erinnern, wann es zuletzt geregnet hatte. Das Gras war
vertrocknet und staubig, und die Blätter an den Bäumen raschelten metallisch im
leichten Wind. Morgen sollte im Hyde Park eine große Truppenparade stattfinden.
Er könnte Miss Armitage vielleicht dazu einladen, wenn sie sich nicht als so
langweilig erweisen sollte, wie er befürchtete.
Schließlich
stand er auf und rief seine Schützlinge zu sich. Dann schlenderte er gemächlich
mit den glücklichen, gesättigten Hunden nach Hause.
Eigentlich
wollte er sie in die Wirtschaftsräume verbannen, aber sie hatten einen so
eingeschüchterten und angstvollen Blick, daß er seinen Dienern ungeduldig
befahl, sie bei ihm zu lassen.
Nach
einiger Zeit trat er in den heißen Abend hinaus. Seine Kleidung war makellos.
Über einer weißen Pikeeweste trug er einen strenggeschnittenen
schwarzen Rock mit Silberknöpfen. Und seine Hose aus rehbraunem Gewirk saß wie
eine zweite Haut.
Sein
kupferfarbenes Haar war ä la Titus geschnitten, und sein Jabot trug er auf die
Osbaldiston-Art. Obwohl man ihn oft als ausgesprochenen Lebemann bezeichnete,
weil ihm kein Vergnügen fremd war, machte er doch nicht die Mode mit, der seine
Standesgenossen häufig folgten, nämlich so auszugehen, als käme man direkt
aus dem Stall.
Scheinbar
ruhig wartete er auf seine Kutsche und versuchte das ängstliche Geheul der
Hunde, welches das Haus hinter ihm erfüllte, zu überhören.
Er war kein
Jäger und begann sich daher Sorgen zu machen, ob Fuchshunde vielleicht
sensibler als andere Hunde waren. Voller Unruhe fragte er sich, ob sie eingehen
könnten.
Was, wenn
Miss Armitage sich tatsächlich als dieses wundervolle Wesen erwies, nach dem
er schon so lange suchte – als eine Frau, die ihn nicht bereits nach zehn
Minuten langweilte? Und was, wenn sie sich nach diesen verdammten Biestern
erkundigte, und er gestehen mußte, daß sie an gebrochenen Herzen gestorben
waren?
Seine
Kutsche bog um die Ecke, und zwei Lakaien eilten herbei, um den Tritt
herunterzulassen und ihm die Tür aufzuhalten.
»James«,
sagte Mr. Garfield und streifte seine Handschuhe über, »bitte geh ins Haus und
hol die Hunde. Ich nehme sie mit.«
James warf
einen vielsagenden Blick auf die Kutsche, die offen war.
»Sehr wohl,
Sir«, sagte er steif.
Mr.
Garfield stieg ein und ließ sich auf dem Sitz nieder. Er seufzte.
Die Haustür
öffnete sich, und Thunderer und Bellsire kamen, den hilflosen Diener hinter
sich herzerrend, herausgeschossen.
»Platz!«
befahl Mr. Garfield scharf. Die Hunde kletterten auf den Sitz und saßen ganz
aufrecht da. Dabei schauten sie aufmerksam in die Runde, während ihnen die
rosa Zungen aus dem Maul hingen.
»Das kann
doch wohl nicht wahr sein«, sagte Lord Hazleton aufgeregt zu seinem Freund, dem
Honourable John Jakes, »das ist doch Garfield, der da mit zwei Fuchshunden in
der Kutsche fährt.«
Mr. Jakes
versuchte, nicht allzu auffällig hinüberzustarren. »Meiner
Treu«, kicherte er. »Du bist wohl nicht auf dem neuesten Stand. Fuchshunde sind
der letzte Schrei. Jeder hat welche bei sich.«
Die zwei
Männer gingen weiter, und beide fragten sich insgeheim, wie lange es wohl
dauerte, zwei Fuchshunde aufzutreiben, um mit Mr. Garfield mithalten zu können.
Hochwürden Charles Armitage war höchst
unzufrieden. Er hatte Daphne kurz nach Mr. Garfields Besuch nach London
gebracht – mit all der
Eile eines Mannes, der seit vielen Jahren daran gewöhnt ist, seine
Töchter auf der Suche nach heiratsfähigen jungen Männern in die Hauptstadt zu
treiben. Was ihn erstaunt hatte, war die Tatsache,
daß Mrs. Armitage kurzzeitig die Realitäten des Lebens anerkannte,
da die
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