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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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pessimistisch. Warum versinkst du ständig im Selbstmitleid?«
    Warum ich -? Für einen Augenblick blieb mir die Spucke weg. »Ich wurde gefangen genommen, ich wurde eingesperrt, in die Kammer eines Percents gezwungen«, zählte ich auf, »ich werde ausgebildet, um ihr Spielzeug zu sein und -«
    »Neél setzt Himmel und Erde in Bewegung, um dich zu befreien«, fuhr sie dazwischen. Ihre Stimme war so scharf, dass sie mir wie ein Dolchstich bewusst machte: Alex war in irgendeiner Weise involviert.
    »Ich frage dich noch mal«, sagte ich langsam und deutlich. »Was habe ich dir getan? Was hast du gegen mich? Sag’s mir endlich, damit ich eine Chance habe, es zu verstehen.«
    »Frag Neél.« Sie zog die Nase hoch und zum ersten Mal hörte ich ihre Schritte. Sie entfernten sich von mir. »Wiederhole täglich, was ich dir beigebracht habe. Du weißt jetzt, wie es geht, und du bist recht gut für den Anfang. Alles Weitere ist Übung.«
    Ich zog an der Augenbinde, war aber nicht schnell genug. Als ich wieder sehen konnte, tanzten zunächst dunkle Punkte vor meiner Linse und ich brauchte erschreckend lange, um mich zu orientieren.
    Alex war fort. Aber der Wasserfleck, der war wirklich da.
    • • •
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ihr beide diesen Raum wieder lebend verlasst«, begrüßte mich Neél. Er stand mit verschränkten Armen an das Treppengeländer gelehnt und wirkte erheitert, wenn nicht sogar etwas schadenfroh.
    »Dann sollte das ein Mordanschlag werden?« Ich tat nicht wütend. Ich war es. »Was war das gerade? Warum muss sie mich trainieren? Du weißt, dass sie mich hasst.«
    Das Grinsen verging ihm augenblicklich. »Sie will dir trotzdem helfen.«
    Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Du glaubst doch nicht, es würde mir helfen, mit verbundenen Augen einen Wasserschaden zu finden. Die Aktion da drin, die war vollkommen hirnrissig.«
    Neél hob eine Augenbraue. »Da ist ein Wasserschaden im Salon? Was für eine Schande!«
    Ich knurrte und boxte nach ihm, was er schrecklich komisch fand.
    »Es schadet doch nicht. Vielleicht kannst du es irgendwann gebrauchen.« Sein Versuch, mich zu beschwichtigen, ging gehörig in die Hose.
    »Warum?«, wiederholte ich.
    Er hob die Arme und ließ sie gleich wieder fallen. »Sie wollte es eben. Sie will helfen, etwas beitragen und ... ja, gut, sie wollte dich kennenlernen. Ich konnte ihr das nicht abschlagen. Ich stehe in ihrer Schuld.«
    »Dann tritt zur Seite«, murmelte ich.
    Alex’ Worte klebten an mir wie heißes Pech. Ob ich nichts spüren würde, hatte sie mich gefragt. Ich hatte nie viel auf das gegeben, was andere über mich zu wissen glaubten. Als Freundin des Mannes, hinter dem jede Frau im Clan her gewesen war, verstand ich es besser als jede andere, die Tratschtanten reden zu lassen. Es ging an mir vorbei.
    Nur nicht ... wenn es stimmte.
    Hatte ich wirklich keine Gefühle? Waren sie mir abhandengekommen, verloren gegangen wie mein Messer, meine Freiheit und alle Freunde? Wann war das geschehen?
    »Wir gehen zurück«, sagte Neél.
    »Was? Aber wir sind doch nicht bloß für das alberne Spiel hergekommen!«
    »Scheinbar schon, Joy, tut mir leid. Graves und die anderen sind nicht da.«
    Seine Worte beunruhigten mich. Sie steckten ihre Nasen in Angelegenheiten, die von oberster Stelle geheim gehalten wurden. Sie agierten gegen die Triade! »Nicht gekommen? Meinst du, ihnen ist etwas passiert?«
    Sein Grinsen gefiel mir nicht. »Um wen sorgst du dich so? Um unseren Literaten Graves?«
    Ich boxte Neél erneut gegen den Oberarm und diesmal zuckte er zusammen. Das würde einen schönen blauen Fleck geben - und den hatte er verdient!
    »Keine Sorge ...«, meinte er, öffnete die Tür und hielt sie mir auf, nur um sie dann als Retourkutsche im richtigen Moment zuzuziehen, sodass ich mit der Schulter schmerzhaft gegen das Türblatt stieß.
    »Au, verdammt!«
    »... wir haben Vorsichtsmaßnahmen.« Er sprach weiter, als sei nichts geschehen, während ich mir die Schulter rieb. »Eine Regel lautet, dass wir unsere Treffen beim geringsten Verdachtsmoment ausfallen lassen. Falls einer erwischt wird, zieht er keinen der anderen mit rein. Und wenn wirklich mal etwas ist, dann weiß Alex es vor allen anderen. Alex riecht, wenn es brennt.«
    Das glaubte ich ihm sofort. »Was, glaubst du, könnte passiert sein?«
    Neél strich sich durchs Haar und band sich einen neuen, straffen und höchst akkuraten Zopf. »Ich hatte heute ohnehin nur mit Graves gerechnet. Er muss sicher

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