Dark Love
Streifen.«
»Aber Streifen sind seit letzter Saison aus der Mode, jetzt ist alles gepunktet …«
»Ruhig bleiben«, murmelte ich vor mich hin und entfernte mich vom Frisiertisch. Ich trug wieder das lavendelfarbene Kleid. Der Stoff war dünn und kühl. Der Gedanke, dass ich es zum ersten Mal bei einem Treffen mit Nora getragen hatte, sorgte dafür, dass es wie Eis auf meiner Haut lag, aber es war mein bestes Kleid. Ich ging auf Isambard zu und nahm ihm die gepunktete Krawatte aus der geöffneten Hand. »Nimm die gestreifte.«
Isambard blickte finster und brummelte ein paar vermutlich unfreundliche Ausdrücke, schlang sich dann aber die gestreifte Krawatte um den Hals.
»Es macht mich krank«, sagte ich leise, als ich den gepunkteten Stoff in der Hand faltete und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. »Dass wir uns hier Gedanken darüber machen, was wir anziehen sollen, während meine beste Freundin vielleicht irgendwo tot in einem Graben liegt.«
»Vielleicht«, sagte Isambard, während er sich die Krawatte band, »ist dir nicht klar, dass wir die Reichen überzeugen können, uns zu helfen, wenn wir einen guten Eindruck machen.«
Eine leichte Brise bewegte die gehäkelten Vorhänge, die über dem offen stehenden, einzigen Fenster meines kleinen Zimmers hingen, und spielte mit den Schleifen, die ich im Bogenschießen gewonnen und an der gegenüberliegenden Wand angeordnet hatte. »Ich weiß, dass alle ihr Möglichstes tun, um Nora zu finden.«
Er strich die Krawatte unter seiner schwarzen Weste glatt. »Wer redet denn von ihr?«
Ich hörte fast, wie das Blut in meine Ohren rauschte. »Was?«
Isambards Lippen wurden schmal. »Ich meine es ernst, Pamela. Das hier könnte eine große Chance für uns sein, wenn du nur nicht so selbstsüchtig wärst.«
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis ich es schließlich schaffte, nachzufragen. »Selbstsüchtig?« Das Wort erklang nicht halb so laut, wie ich es gewollt hatte.
Mein Bruder trat einen Schritt näher und sprach so schnell auf mich ein wie ein Ankläger, der ein Parlamentsmitglied in aller Öffentlichkeit in die Enge getrieben hatte. »Ja! Nie nutzt du die Chancen, die dir geschenkt werden! Zack, du bist die beste Freundin eines Mädchens, deren Vater ein Nationalheld ist! Und du schickst einfach einen Antrag los, und schon besuchst du die beste Schule der Territorien! Das ist kein Glück, das ist Gottes Wille, Pam. Für uns alle! Das Einzige, was du nun noch tun müsstest, wäre, deine Möglichkeiten zu nutzen, um eine gute Partie zu machen, und wir wären reich!«
» Was? « Ich versuchte es fassungslos noch einmal, aber es klang immer noch nicht richtig.
»Wenn du dich damit ein bisschen beeilst, könnte ich sicherlich nach St. Arkadien gehen, bevor meine Schulzeit vorbei ist! Mum und Dad hätten viele Sorgen weniger …«
»St. Arkadien?« St. Arkadien war die beste Jungenschule in den Territorien. Ich trat auf Isambard zu und zwang ihn, zurückzuweichen. »Willst du damit sagen, dass ich dieses … dieses … Rampenlicht, diese Gelegenheit, was auch immer, nutzen soll, um … um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken?«
»Genau!«, erwiderte er, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. »Ich meine, sonst wird sich doch niemals irgendjemand einen Deut um unsere Familie scheren. Warum sollten wir nicht versuchen aufzufallen, solange wir es können?«
»St. Arkadien«, sagte ich, mehr zu mir selbst, während ich weiter fassungslos meinen Bruder anstarrte. Und dann brachen die Worte aus mir heraus. »Du ziehst das hier ab, weil du zu dumm bist, um es selbst dorthin zu schaffen, richtig? Wer ist hier selbstsüchtig?« Er hatte sich zwei Mal beworben und war beide Male abgelehnt worden.
Das Gesicht meines Bruders verzog sich vor Wut zu einer Grimasse. »Halt die Klappe!«
»Nein, du hältst die Klappe! Wag es ja nicht, mich für deine arschkriecherische Karrieregeilheit einzuspannen! Ich hatte Glück, ja, und ich mache aus diesem Glück, was mir passt! Außerdem geht es hier nicht um uns, es geht um Nora!«
»Dann lässt du uns also einfach im Stich?« Er kochte vor Wut. »Glaubst du etwa, ich werde irgend so ein nichtssagender Bäcker ? Niemals! Ich gehöre nicht hierher. Ich bin zu klug, um hier zu enden.«
»Dann hilf dir selbst, Bruder, aber tu ja nicht so, als hätten Mum und Dad irgendwas damit zu tun. Was hast du denn vor? Willst du meinen zukünftigen Ehemann dazu überreden, dass er ihnen Geld gibt? Sie sind stolz,
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