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DARKNET

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Titel: DARKNET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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seiner Männer tot oder verwundet, die andere aufgeteilt und weiß Gott wohin abtransportiert. Das Blatt hatte sich gewendet, und Männer, die mit ihrer Plastikpanzerung und den geschlossenen Helmen mit Perlmuttvisier wie Science-Fiction-Krieger aussahen, trugen ihn einen hellerleuchteten weißen Flur entlang. Ibanescu war auf ein Rückenbrett geschnallt – selbst sein Kopf war völlig fixiert –, und er wusste, als Nächstes kam die Folter. Waterboarding, er hatte ja gehört, dass die Amerikaner das machten. Er konnte nur hoffen, dass es eine professionelle Crew war, eine, die rational dachte. Keine, die es um des Kicks willen machte. Dann würde er den Irrtum aufklären können. Denn es musste ja ein Irrtum sein. Vielleicht war es eine lokale Einheit, die nicht informiert worden war. Eins stand fest: Das kostete extra. Aber was es auch war, schlimmer als das, was die Tschetschenen mit ihm gemacht hatten, konnte es nicht sein.
    Die beiden Soldaten brachten Ibanescu in ein seltsames Zimmer, das aussah wie ein medizinischer Untersuchungsraum mit einem Kernspin- oder Computertomographen – kalt und effizient. Foltergerätschaften konnte er nicht entdecken, aber er hatte keinen Zweifel, dass welche ganz in der Nähe waren. Zum Glück schien es hier jedoch kein Fleckchen zu geben, wo sie Waterboarding durchführen konnten, ohne dass teure medizinische Geräte nass wurden. Die Soldaten hoben das Rückenbrett mit ihrem Gefangenen auf die Liege des Tomographen und schnallten es fest.
    Jetzt geht’s los.
    Plötzlich glitt er unter dem Sirren von Elektromotoren in die Röhre des Geräts, immer tiefer hinein. Wollten sie ihn etwa auf Verletzungen untersuchen? Das wäre doch absurd.
    Das Rückenbrett stoppte ruckartig, und gleich darauf hörte Ibanescu die typischen Geräusche von MRT -Magneten: Hämmern, Quäken und Klopfen, ein, zwei Minuten lang. Er hatte das schon mal mitgemacht, nach einer Kopfverletzung bei einem Skiunfall in der Schweiz.
    Als der Scan weiterlief, drang plötzlich eine angenehme Frauenstimme an sein Ohr. Sie sprach englisch. Ibanescu konnte ein bisschen Englisch, genug, um den Inhalt zu entschlüsseln.
    «Verstehen Sie, was ich sage?»
    Die Stimme klang seltsam synthetisch. Er beschloss, so zu tun, als verstünde er nichts, und starrte einfach nur stumm auf die Innenseite der Röhre.
    «Ja. Sie verstehen mich.»
    Ein Bluff. Ganz sicher.
    «Ist Englisch Ihre Muttersprache?»
Pause.
«Nein, ist es nicht. Dann finden wir jetzt Ihre Muttersprache heraus.»
    Das war merkwürdig. Es war eindeutig eine synthetische Stimme. Wie bei der Servicehotline einer Kreditkarten- oder Fluggesellschaft. Sehr merkwürdig. Konnte das ein automatisiertes Verhörverfahren sein? Den Amerikanern war alles zuzutrauen.
    Die angenehme Frauenstimme sagte etwas in einem Dutzend verschiedener Sprachen, mit jeweils fünf, sechs Sekunden Pause dazwischen. Ibanescu verstand nichts, auch wenn er Deutsch und Französisch zu erkennen glaubte. Und Tschechisch. Schließlich kam Rumänisch …
    «Ist Ihre Muttersprache Rumänisch?»
    Nie und nimmer würde er antworten. Er lag einfach nur da wie eine Statue.
    Diesmal reagierte die Stimme anders.
«Ja. Sie sind Rumäne, richtig?»
    Er zog die Augenbrauen zusammen.
Wie zum Teufel …?
    Jetzt kamen ihre Worte in einem leicht gestelzten, synthetisch klingenden Rumänisch.
«Dieses Gerät ist ein funktioneller Magnetresonanztomograph. Er überwacht die Blutaktivität in Ihrem Gehirn auf Muster der Täuschung, des Erkennens und bestimmter Emotionen wie etwa Angst oder Zorn. Sie können sich dem nicht entziehen. Also entspannen Sie sich und genießen Sie die Befragung.»
    Ibanescu starrte nur stirnrunzelnd auf die Röhrenwand.
    «Nennen Sie bitte Ihren vollständigen Namen und Ihren Geburtsort.»
    Meinten sie das ernst? Er würde ihnen gar nichts sagen. Er lag nur stumm da.
    «Offenbar sind Sie nicht fähig oder nicht willens zu antworten.»
    Plötzlich wurde die Ansicht einer Erdkugel auf die Innenseite der Röhre projiziert. Der Globus drehte sich langsam, und es sah aus wie ein Webmapping-Programm. Als der Globus stehen blieb, zoomte die Ansicht auf Rumänien.
    «Wo sind Sie geboren?»
    Die Frage zu wiederholen würde ihnen auch nichts nützen. Aber es war ein tröstliches Gefühl, die Karte seines Heimatlandes zu sehen. Es war eine detaillierte physische Landkarte mit Bergen und Seen. Er entdeckte einen Punkt für seine Heimatstadt Pitesti, nordwestlich von Bucuresti.
    Ehe er sichs versah,

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