DARKNET
«Dr. Philips. Kommen Sie doch auf einen kleinen Schwatz mit hinein.» Er fasste einen livrierten Kellner am Arm, ohne dabei den Blick von Philips zu wenden. «Darf’s irgendwas sein? Kaffee? Tee?»
«Für mich nicht, danke. Verzeihung, kennen wir uns schon?»
«Hol’s der Teufel, ganz vergessen.» Er zerquetschte ihr beinah die Hand. «Aldous Morris Johnston. Ich habe die Ehre, führender Rechtsbeistand mehrerer an Operation Exorcist beteiligter Firmen zu sein.» Er wandte sich an den Kellner. «Bringen Sie uns eine Kanne Kaffee und ein paar Sandwichs rein.»
«Sir, nehmen Sie mir’s nicht übel, aber die Zeit drängt. Die Nachrichten, die ich gesehen habe, waren ziemlich schlimm. Wann kann ich zum Weyburn-Labs-Team stoßen?»
«Doctor, ebendarüber wollen wir ja reden.» Eine Tür ganz in ihrer Nähe öffnete sich, und im Raum dahinter sah sie mehrere Anzugträger. Ein Security-Mann in marineblauem Blazer und grauer Hose hielt die Tür auf. Ein Ohrhörerkabel verschwand unter seinem Blazer.
Johnston führte Philips hin. «Wir sind gespannt auf Ihre Meinung über das Projekt.»
Sie betraten einen gemütlich eingerichteten Aufenthaltsraum mit menschlicher dimensionierten Sitzmöbeln und Teppichboden. Der Security-Mann schloss die Tür hinter ihnen und blieb im Türrahmen stehen, die Hände vor dem Bauch verschränkt. Die Couchtische waren mit Papieren übersät, und mehrere Männer im Anzug tippten hektisch auf Laptops herum. Durch eine Reihe hoher Fenster in der gegenüberliegenden Wand fiel diffuses Licht in den Raum. Es waren gothische Spitzbogenfenster, aber mit getönten Scheiben, die einen Gutteil der Tageshitze abhielten. Draußen erstreckte sich weites Grasland mit weidenden Pferden darauf.
«Nicht schlecht, was? Das gehört alles unserer Unternehmensgruppe, so weit das Auge reicht.»
Philips blickte hinaus und nickte. «Den Himmel offenbar eingeschlossen.»
Er schien es gar nicht gehört zu haben. «Ist wirklich ein außergewöhnlicher Genuss, hier auszureiten – vor allem bei Tagesanbruch.»
Johnston patschte auf einen großen Polstersessel. Philips ärgerte sich über diese Kombination von hausherrlichem Autoritätsanspruch und Chauvinismus in einer Geste, fand sich dann aber selbst kindisch und kam der Aufforderung nach. Johnston setzte sich auf die Armlehne des danebenstehenden Sofas. Jemand drückte Philips eine Tasse mit Untertasse aus feinstem Porzellan in die Hand, und ein Bediensteter in Smoking und weißen Handschuhen schenkte ihr aus einer silbernen Kanne Kaffee ein.
Johnston deutete auf drei in der Nähe sitzende Männer – alle mit symmetrisch ergrauenden Schläfen und tadellos sitzenden Anzügen. «Dr. Philips, das sind Greg Lawson, Adam Elsberg und Martin Sylpannic.»
Die Männer nickten der Reihe nach, während im Hintergrund Leute durch diverse Türen kamen und gingen.
«Sind die Herren von den Weyburn Labs?»
Johnston lachte. «Nein, nicht doch, Doctor. Sie sind von einer unserer Houstoner Firmen und anwesend, um die Interessen wichtiger Partner zu vertreten.»
Philips stellte die Tasse auf einem Tischchen ab. «Meine Herren, warum sitze ich hier? Ich muss mit dem Weyburn-Labs-Team sprechen. In diesem Moment spitzt sich dort draußen auf den Straßen die Lage zu. Es gilt zu handeln.»
«Sicher, sicher.» Johnston nickte, während die anderen Männer fragend auf ihn blickten. «Aber zunächst möchten wir hören, was Sie denken, Doctor. Hatten Sie auf der Fahrt vom Flughafen hierher Gelegenheit, in die Briefingmappe zu schauen?»
«Ja.»
«Was halten Sie davon?»
«Ich sehe da Schwachpunkte. Erstens: Dieser Daemon-Blocker, der im Bericht erwähnt ist – ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie ihn in sämtliche infizierten Netzwerke einschleusen wollen. Schon gar nicht im angegebenen Zeitrahmen. Mal ganz abgesehen von dem Risiko, das es bedeutet, alle diese Datencenter rund um die Welt gleichzeitig zu stürmen.»
Einer von Johnstons drei Adlaten tippte wie wild auf einem Laptop, während sie sprach.
Philips hielt inne. «Hören Sie, ich habe bei meiner bisherigen Zusammenarbeit mit Privatfirmen im Kampf gegen den Daemon ernste Probleme gehabt. Ich muss wissen, wer –»
Johnston nickte jovial. «Ja, ich weiß, es gab da einige Unannehmlichkeiten – einige unserer Vertreter mögen durchaus Dinge getan haben, die nicht ganz richtig waren.»
«
Nicht ganz richtig?
Mein Verbindungsoffizier zum Verteidigungsministerium hat zentrale Teammitglieder erschossen und
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