Darkover 05 - Zandrus Schmiede
kannst du, was kann ich, was kann irgendein Mann hier schon erreichen?
Carolin nahm sich einen Augenblick, um sich zu sammeln, bevor er das Kinderzimmer betrat. Rafael und der kleine Alaric waren mit einem Puzzlespiel beschäftigt, das über den fein gewebten Teppich verstreut war, während ihre Kinderfrau auf einem Stuhl in der Ecke saß und sich fleißig über ihre Handarbeit beugte. Die Jungen rannten zu Carolin, aber leise, nicht mit dem üblichen Lärm. Er kniete sich nieder, ohne an Stiefel und Sporen zu denken, und umarmte sie. Sie rochen nach Kräuterseife und der unmissverständlichen Süße von Kinderhaut. Freude, so unerwartet, dass es wie ein körperlicher Schmerz war, durchfuhr ihn.
»Ruhig, ganz ruhig«, sagte er ebenso zu sich selbst wie zu den Kindern. Nach einer Weile stand er auf, und alle setzten sich auf den gepolsterten Diwan.
»Erzähl uns eine Geschichte, Papa«, bat Rafael.
»Eine Geschichte?« Was hätte Alianora ihnen erzählt? Eine komische Geschichte von Durraman und seinem uralten, aber stets erfindungsreichen Esel? Oder eine über den berüchtigten Mönch Fra’Domenic und den Inhalt seiner vielen Taschen?
Nein, sie hätte keine Scherze über einen Cristoforos-Mönch gemacht. Ihr Götter, würde er etwa weinen?
»Carlo.« Die Stimme war tief, aber feminin.
Maura.
Sie stand direkt hinter der Tür und war so leise hereingekommen, dass er es nicht bemerkt hatte. Wie die Heilerin, die sich jetzt um Alianora kümmerte, musste sie schnell vom Turm hierher geritten sein, denn ihre Wangen waren gerötet und ihr Haar wirr.
Als er sie da so stehen sah, mit ihren grauen Augen voller Tränen, konnte er nicht sprechen. Sie ging zu ihm. Er streckte die Arme aus, wollte ihre Hände ergreifen, aber stattdessen umarmte er sie. Da er auf dem Sofa saß, kam sein Kopf an ihrer Brust zu ruhen. Er spürte, wie sie die Arme fester um ihn schlang.
Liebes Herz, es tut mir so Leid. Ihre Worte klangen wie eine Glocke in seinem Kopf, so klar, so schlicht und mit solch anspruchsloser Liebe.
Erschüttert vom Augenblick, von der Sorge und der Frustration, hatte er keine Verteidigung gegen sie. Ohne Urteil, ohne Erwartungen schien sie direkt in sein Herz zu sehen. Sie sah alles, was er war, alles, was er dachte, fühlte, träumte, und akzeptierte es. Der Augenblick traf ihn bis ins Herz. Sanft schob Carolin sie weg und kam auf die Beine, damit er nicht in einem Augenblick der Schwäche seine Gefühle zeigen würde. Es wäre vollkommen ehrlos gewesen. Sie hatte Jungfräulichkeit geschworen, und er… seine eigene Frau lag nur ein paar Schritte entfernt im Sterben.
Als er in Alianoras Gemächer zurückkehrte, hatte die Heilerin gerade die Decke zurechtgezupft. Eimer voll mit blutdurchtränktem Leinen standen direkt an der Tür. Der Geruch hing in der Luft. Die Heilerin ging zu den Vorhängen und zog sie auf. Damit sie einen letzten Blick auf diesen schönen Tag werfen kann. Unser armes Kind hatte nie die Gelegenheit.
Die Heilerin verbeugte sich und schlüpfte nach draußen, ließ Carolin allein mit seiner Frau. Einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete er, sie sei bereits davongeglitten, so bleich und reglos lag sie da. Als er ihre Hand ergriff, war er überrascht, wie kalt sie sich anfühlte. Das kupferne Cafenas-Armband lag lose um das zerbrechliche Handgelenk.
Sie öffnete die Augen. Bleiche, blutleere Lippen bewegten sich, formten seinen Namen, aber nur ein Hauch von Atem kam heraus. Die blauen Augen waren bereits verschleiert, und sie wirkte wie blind. Er drückte die Lippen auf ihren Handrücken. »Alianora. Meine gute, pflichtbewusste Frau.«
»Mein… Ehemann.«
Durch Evandas Gnade hatten sie Zeit für eine letzte Geste, ein letztes Abschiedswort. Was konnte er ihr sagen? Nichts, erkannte er, das nicht bereits in diesen wenigen Worten ausgesprochen worden war. Er erinnerte sich an die erste Nacht, in der sie zusammengelegen hatten. In einem Augenblick geistiger Intimität, wie sie ihn in all diesen Jahren nicht geteilt hatten, sah er, woran sie dachte. Das eine, was sie sich mehr wünschte als alles andere.
Ja, sie waren hier, verborgen in der Spitze eines alten Stiefels. Nicht in ihrem Schmuckkasten oder an irgendeinem anderen Ort, wo man sie leicht entdecken konnte.
Er legte die Cristoforos-Perlen in ihre Hände, schloss ihre Finger darum und spürte die Reaktion von Erleichterung und Freude. Er kannte zwar nicht mehr als einen oder zwei Sätze des Gebets, aber er spürte, wie sich
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