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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Henessey?«
    »Schaun Sie nicht so entsetzt!« sagte sie. »Er war achtzehn: So schwarze Haare haben Sie noch nie gesehen. Und er hat midi geliebt.«
    »Warum hat er sich erhängt?«
    »Um ewig zu leben«, sagte sie. »Auf diese Weise mußte er nie zum Mann werden und sterben.«
    »Sechs Tage lang haben wir ihn nicht gefunden«, sagte der junge Kerl, er flüsterte es Redman beinah ins Ohr. »Und selbst dann wollte sie niemand an ihn ranlassen, nachdem sie ihn einmal ganz für sich hatte - das Schwein mein’ ich, nicht die Doktorin. Jeder hat Kevin geliebt, wissen Sie«, flüsterte er vertraulich. »Er war schön.«
    »Und wo ist Lacey?«
    Das Liebeslächeln der Leverthal zerfiel.
    »Bei Kevin«, sagte der Bursche. »Wo Kevin ihn haben will.«
    Er deutete ins Innere des Stalls. Dort lag ein Körper auf dem Stroh, mit dem Rücken zur Tür.
    »Wenn du ihn willst, dann geh und hol ihn dir gefälligst selber«, sagte der Junge, und im nächsten Augenblick hatte er Redman hinten am Hals mit einem schraubstockartigen Griff umklammert.
    Die Sau reagierte auf die plötzliche Bewegung. Sie fing an, das Stroh zu zerstampfen und zeigte das Weiße ihrer Augen.
    Redman versuchte, den Griff des Jungen abzuschütteln und rammte ihm gleichzeitig seinen Ellbogen in den Bauch. Außer Atem und fluchend ließ der Junge von ihm ab, aber schon hatte die Leverthal seinen Platz eingenommen.
    »Geh doch zu ihm«, sagte sie und packte Redman bei den Haaren. »Geh zu ihm, wenn du ihn willst!« Ihre Nägel kratzten ihm über Schläfe und Nase, verfehlten mit knapper Not seine Augen.
    »Runter von mir!« rief er und bemühte sich, die Frau abzuschütteln, aber sie klammerte sich fest, und ihr Kopf schnellte vor und zurück, während sie ihn über die Mauer zu drücken versuchte.
    Der Rest verlief in grausiger Geschwindigkeit. Ihr langes Haar fegte durch eine Kerzenflamme und fing Feuer, schnell kletterten die Flammen an ihrem Kopf koch. Um Hilfe kreischend, torkelte sie schwer gegen das Gatter. Es hielt ihrem Gewicht nicht stand und gab nach. Hilflos mußte Redman mit ansehen, wie die brennende Frau ins Stroh fiel. Begeistert breiteten sich die Flammen über den Vorhof zur Sau hin aus und fraßen das leicht brennbare Zeug in sich hinein.
    Selbst jetzt, in extremis, war das Schwein noch immer Schwein. Kein Wunder weit und breit: kein Reden oder Bitten in Zungen. Das Tier tobte vor Schrecken, als der Feuerschwall es einkreiste, seine stampfende Masse in die Enge trieb und an seinen Flanken leckte. Der Gestank von angesengtem Schinkenspeck erfüllte die Luft, als die Flammen seitlich an ihm hinauf und über seinen Kopf liefen; wie ein Grasbrand jagten sie durch seine Borsten.
    Die Stimme der Sau war eine Schweinestimme, ihre Klagen waren Schweineklagen. Hysterisches Grunzen entfuhr ihren Lippen, und sie preschte über den Stallvorhof zum zerbrochenen Tor hinaus und zertrampelte dabei die Leverthal.
    Noch immer brannte die Sau, als sie, ein Wunderding in der Nacht, über den Sportplatz galoppierte und in ihrem Schmerz hierhin, dorthin im Zickzack lief. Ihre Schreie ließen nicht nach, als die Dunkelheit sie schluckte, sie schienen nur kreuz und quer übers Spielfeld hin widerzuhallen, unfähig, aus dem abgesperrten Raum hinauszufinden.
    Redman betrat den Vorhof und stieg über die vom Feuer heimgesuchte Leiche der Leverthal. Ringsum brannte das Stroh, und das Feuer kroch auf die Stalltür zu. Gegen den beißenden Rauch verengte er seine Augen zu Schützen und schob sich geduckt ins Innere.
    Ucey lag so da wie schon die ganze Zeit über: mit dem Rücken zur Tür. Redman drehte den Jungen um. Er war am Leben. Er war wach. Sein Gesicht, gedunsen vor Tränen und Entsetzen, blickte Redman vom Strohlager aus an, mit Augen, so weit aufgerissen, daß man den Eindruck hatte, sie würden im nächsten Moment aus dem Kopf springen.
    »Steh auf!« sagte Redman und beugte sich über den Jungen.
    Der kleine Körper war starr, und Redman blieb nichts anderes übrig, als ihm die Glieder auseinanderzudrücken. Behutsam, mit leisen, fürsorglichen Worten, überredete er den Jungen aufzustehen, da der Rauch begann, ins Schweinehaus herein-zuwirbeln.
    »Komm, ‘s alles gut. Komm schon!«
    Redman stand aufrecht da, und irgend etwas streifte sein Haar.
    Er spürte das Tröpfeln von Würmern auf sein Gesicht, blickte nach oben und - sah Henessey, oder was von ihm übrig war, noch immer am Querbalken des Schweinehauses hängen.
    Seine Gesichtszüge waren unkenntlich,

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