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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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klang
gepreßt und piepsig, aber Rosie war trotzdem dankbar, sie
zu hören. »Ich kann laufen, Rosie, laß uns in dein Zimmer
gehen. Der verrückte Dreckskerl kommt schon wieder rauf.«
Bill fing an zu husten. Unter ihnen - nicht weit entfernt lachte Norman. »Ganz recht, Goldstück, der verrückte Dreckskerl kommt schon wieder rauf. Der verrückte Dreckskerl wird
dir die Augen aus dem verdammten Kopf reißen und sie dir
zu fressen geben. Ich frage mich, wie sie schmecken?«
»HAU AB, NORMAN!« kreischte Rosie und führte Bill den
pechschwarzen Korridor entlang. Sie hatte den linken Arm
immer noch um seine Taille gelegt; mit der rechten tastete sie
sich an der Wand entlang, glitt mit den Fingern darüber und
suchte nach ihrer Tür. Die linke Hand hatte sie an Bills Seite
zur Faust geballt und hielt die einzigen drei Schlüssel
umklammert, die sie bis jetzt in diesem neuen Leben bekommen hatte
- Eingangstür, Briefkasten und Wohnungstür. »BLEIB UNS VOM LEIB, ICH WARNE DICH!«
Aus der Dunkelheit hinter ihr - noch auf der Treppe, aber
schon wieder ziemlich weit oben - ertönte eine unglaublich
groteske Antwort: »WAGE es nicht, mich zu warnen, du
HURE!«
Die Wand wich einer Tür, die Rosies Wohnungstür sein
mußte. Sie ließ Bill los, nahm den Schlüssel dafür
- im
Gegensatz zum Schlüssel der Eingangstür, hatte der Zimmerschlüssel einen eckigen Kopf - und stocherte damit in
der Dunkelheit nach dem Schloß. Sie konnte Norman nicht
mehr hören. War er auf der Treppe? Im Flur? Direkt hinter
ihnen, von Bills keuchenden Atemzügen angelockt? Sie fand
das Schloß, preßte den rechten Zeigefinger als Orientie rungshilfe darauf und wollte den Schlüssel hineinstecken. Er
ging nicht hinein. Sie spürte, wie die Spitze in den Schlitz eindrang, aber weiter konnte sie ihn nicht bewegen. Sie spürte,
wie Panik mit emsigen kleinen Rattenzähnen an ihrem Verstand zu nagen begann.
»Er geht nicht rein!« sagte sie keuchend zu Bill. »Es ist der
richtige Schlüssel, aber er paßt nicht!«
»Dreh ihn um. Wahrscheinlich hältst du ihn verkehrt
herum.«
»Was ist denn da unten los?« Das war eine neue Stimme,
weiter unten im Flur und über ihnen. Wahrscheinlich im
zweiten Stock auf dem Treppenabsatz. Den Worten folgte
das vergebliche Klick-klick-klick des Lichtschalters. »Und
warum funktioniert das Licht nicht?«
»Bleiben Sie
-« rief Bill, fing aber sofort wieder an zu
husten. Ein gräßliches Krächzen erklang aus seiner Kehle, als
er versuchte, sich zu räuspern. »Bleiben Sie, wo Sie sind! Kommen Sie nicht runter! Rufen Sie die P -«
»Ich bin die Polizei, Pißkopf«, sagte eine leise, seltsam gedämpfte Stimme unmittelbar neben ihnen. Ein leises, belegtes Grunzen ertönte, ein eifriges und zugleich zufriedenes Geräusch. Bill wurde von ihrer Seite gerissen, als sie es endlich
geschafft hatte, den Zimmerschlüssel ins Schloß zu stecken.
»Nein!« schrie sie und fuchtelte mit der linken Hand in der
Dunkelheit. Der Armreif an ihrem Oberarm war heißer denn
je. »Nein, laß ihn in Ruhe! LASS IHN IN RUHE!«
Sie bekam glattes Leder zu fassen - Bills Jacke -, aber dann
entglitt es ihr wieder. Das gräßliche Würgen, das Krächzen
von jemand, dessen Kehle mit feinem Sand vollgestopft
wird, fing wieder an. Norman lachte. Auch das hörte sich
gedämpft an. Rosie ging auf das Lachen zu, hielt die Arme
vor sich ausgestreckt und tastete mit gespreizten Fingern. Sie
berührte die Schulter von Bills Jacke, griff darüber hinweg
und berührte etwas Abscheuliches - es fühle sich an wie
totes Fleisch, das trotzdem irgendwie lebte. Es war schlaff…
gummiartig…
Gummi.
Er trägt eine Maske, dachte Rosie. Eine Art Maske.
Dann wurde ihre linke Hand gepackt und in eine warme
Nässe gezogen, die sie gerade noch als seinen Mund identifizieren konnte, bevor sich seine Zähne in ihre Finger gruben
und bis auf die Knochen bissen.
Die Schmerzen waren gräßlich, aber wieder bestand ihre
Reaktion darauf nicht in Angst und einer hilflosen Unterwürfigkeit, um Norman seinen Willen zu lassen, weil Norman immer seinen Willen durchsetzte, sondern einer so
großen Wut, daß sie Wahnsinn gleichkam. Statt zu versuchen, die Hand aus seinen knirschenden, mahlenden Zähnen
zu befreien, krümmte sie die Finger am zweiten Knöchel und
drückte die Fingerkuppen auf das Zahnfleisch unter seinen
Vorderzähnen. Dann preßte sie den Ballen ihrer übernatürlich kräftigen linken Hand an sein Kinn und zog.
Sie verspürte ein seltsam knirschendes Gefühl unter

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