Das Bourne Duell
zurückgab.
Ein kurzer Pfiff kam von der Jacht, während der Mann in Schwarz die Strickleiter wieder hochkletterte. Nach wenigen Augenblicken wurden zwei große Bündel mit einer Winde heruntergelassen. Die knapp zwei Meter langen Bündel befanden sich in einem Netz, als wären es zwei gefangene Thunfische.
Als die Bündel im Boot lagen, rollte sie El Heraldo aus dem Netz, das sogleich wieder hochgezogen wurde. Dann machte er die Strickleiter los, die ebenfalls eingezogen wurde.
Wieder kam ein Pfiff, diesmal ein langer, von der Jacht. El Heraldo startete den Motor und setzte das Boot zurück. Als sie sich ein Stück entfernt hatten, startete die Jacht, um ihre Fahrt nach Norden fortzusetzen, an der Küste von Sonora entlang.
Während El Heraldo das Boot wendete, um zur Küste zurückzukehren, nahm Arkadin eine Taschenlampe und schnitt die beiden Bündel an einem Ende auf. Dann leuchtete er mit der Taschenlampe hinein.
Die beiden Männer hatten Bartstoppeln auf den blassen Gesichtern. Sie waren immer noch benommen von dem Betäubungsmittel, das man ihnen gegeben hatte, als sie in Moskau entführt wurden. Sie blinzelten, als nach Tagen erstmals wieder Licht auf ihre Augen traf, die sogleich zu tränen begannen.
»Guten Abend, meine Herren«, sagte Arkadin, der für die beiden Männer hinter dem grellen Lichtstrahl
unsichtbar war. »Ihr habt endlich das Ziel eurer Reise erreicht. Zumindest einer von euch beiden. Stepan, Pawel, ihr wart zwei meiner Hauptmänner, zwei Männer, denen ich vertraut habe. Und doch hat mich einer von euch verraten.«
Er hielt sein Messer ins Licht der Taschenlampe. »Im Laufe der nächsten Stunde wird einer von euch beiden seinen Verrat gestehen. Ein schneller schmerzloser Tod wird sein Lohn sein. Wenn nicht … hat einer von euch schon mal von jemandem gehört, der verdurstet ist? Nein? Gott steh euch bei, aber so sollte kein Mensch sterben müssen.«
Chrissie erstarrte einen Moment lang und wusste nicht, was sie tun sollte, als ihr Flucht- und Kampfinstinkt miteinander rangen. Dann holte sie tief Luft und bemühte sich, die Situation nüchtern zu betrachten. Hinauf zu flüchten kam nicht infrage; dann würde sie oben in der Falle sitzen, und derjenige, der ins Haus eingedrungen war, würde so noch näher an Scarlett herankommen. Ihr einziger Gedanke galt nun ihrer Tochter. Was immer geschah – sie musste ihre Tochter schützen.
Chrissie machte einen zögernden Schritt hinunter, dann noch einen. Noch fünf Stufen, bis sie das Licht anknipsen konnte. Mit dem Rücken zur Wand stieg sie langsam hinunter. Das Geräusch kam erneut, und sie erstarrte. Es klang, als wäre jemand durch die Küchentür hereingekommen und jetzt ins Wohnzimmer gegangen. Sie hob die Pistole und schwenkte sie langsam hin und her, während sie versuchte, im Dunkeln etwas zu erkennen. Doch alles, was sie sah, waren die Umrisse des Sofas und eine Lehne des Sessels am Kamin. Es war
alles still, da war nicht die kleinste Bewegung in der Dunkelheit.
Noch ein Schritt hinunter, ein Schritt näher zum Lichtschalter. Als sie nur noch eine Stufe entfernt war, beugte sie sich vor und streckte ihre freie Hand aus, doch im nächsten Augenblick hielt sie den Atem an und zuckte zurück. Da war jemand ganz nah, unten vor der Treppe. Plötzlich bewegte sich etwas hinter dem Treppenpfosten, und sie riss die Glock hoch.
»Wer ist da?« Sie erschrak über ihre eigene Stimme, die wie aus einem Traum klang, oder als würde sie von jemand anderem kommen. »Stehen bleiben, ich habe eine Pistole.«
»Cookie, wo zum Teufel hast du die Pistole her?«, hörte sie ihren Vater in der Dunkelheit sagen. »Ich habe gewusst, dass etwas nicht stimmt. Was ist denn los?«
Sie knipste das Licht an und sah ihn mit blassem, besorgtem Gesicht vor sich stehen.
»Dad?« Sie blinzelte, als könnte sie gar nicht glauben, dass er es wirklich war. »Was machst du denn hier?«
»Cookie, wo ist Scarlett?«
»Oben. Sie schläft.«
Er nickte. »Gut. Dann wollen wir sie nicht aufwecken.«
Er griff nach dem Lauf der Glock und drückte ihn nach unten. »Jetzt komm schon. Ich mache ein Feuer im Kamin, und du sagst mir, in was für Schwierigkeiten du steckst.«
»Ich steck in keinen Schwierigkeiten, Dad. Weiß Mum, dass du da bist?«
»Deine Mum macht sich genauso große Sorgen um dich wie ich. Ihre Art, damit umzugehen, ist, dass sie
kocht – und genau das tut sie gerade. Ich soll dich und Scarlett wieder zu uns nach Hause holen.«
Wie eine
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