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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Albertus die Karte unter Aelvins Nase fort und rollte sie zusammen. » Wenn einer von euch in Gabriels Hände fällt, solltet ihr so wenig über unser Ziel wissen wie möglich. Ich habe euch die Karte nur gezeigt, damit ihr mir glaubt – auch ich weiß nicht genau, wohin uns die Reise führen wird. « Mit einer raschen Bewegung ließ er die Rolle unter seinem Mantel verschwinden.
    Libuse ergriff ihren Tonkrug und drehte ihn nachdenklich in den Fingern. » Was, wenn Ihr ihm in die Hände fallt? «
    Albertus zögerte nicht mit seiner Antwort. » Dann werdet ihr die Reise ohne mich fortsetzen. Ich bin nicht wichtig. « Er wandte sich an Favola, die die ganze Zeit über still dagesessen hatte und das Bündel auf ihrem Schoß festhielt. » Nur du bist von Bedeutung «, sagte er sanft. » Du und die Lumina. «
    Ehe sie etwas erwidern konnte, trat der Wirt an den Tisch. Auf beiden Armen trug er Holzbretter mit dampfendem Fleisch, geschnittenen Brotfladen und einer Auswahl eingelegter Gemüsesorten. Das Wasser lief Aelvin im Mund zusammen, als alle beiseite rückten, damit der Mann das Essen vor ihnen abstellen konnte. Sogar Favolas Gesicht bekam einen Hauch von Farbe.
    Während sie aßen – viel zu schnell, denn jeder von ihnen hatte Hunger für zwei –, kam Aelvin der Gedanke, dass Albertus aufgrund seines Armutsgelübdes gar kein Geld bei sich tragen durfte. Trotzdem hatte er den Wirt bereits im Voraus mit mehreren Münzen bezahlt. Die Ordensregeln, deren Einhaltung er seinen Brüdern unter größter Strenge abverlangte, schienen für ihn keine Geltung zu haben.
    Aber solche Überlegungen schwanden rasch, während sich Aelvins Magen füllte. Das Essen war besser als erwartet. Es sättigte und schmeckte ganz ausgezeichnet.
    » Morgen erreichen wir den Rhein «, sagte Albertus und schmatzte wie ein Torfstecher. » Glaubt mir, von da an werden wir es leichter haben. «
    Aelvin glaubte ihm kein Wort.
    *
    » Tut es noch sehr weh? «, fragte Libuse, nachdem die Mädchen sich in ihre Kammer zurückgezogen hatten. Sie lagen auf strohgefüllten Matratzen. Jede der beiden hatte drei Decken für sich allein, was angesichts der Eisblumen am Fenster bitter nötig war.
    Favola schüttelte im faden Licht der einzigen Kerze den Kopf. » Albertus ’ Kräutersalben nehmen den Schmerz. Er sagt, die Pfeilspitze hat den Knochen nicht zerschmettert. Sieht aus, als hätte Gott es gut mit mir gemeint. «
    » Mein Vater meint, es gäbe keinen besseren Heiler als Albertus. « Libuse streckte sich unter den Decken und verschränkte die Hände unter ihrem Hinterkopf. » Er hat sogar Schriften über die Heilkunst verfasst. «
    » Und über vieles andere mehr «, stimmte Favola zu. » Er is t e in sehr gelehrter Mann. «
    » Aber er isst wie ein Stallknecht. «
    Favola kicherte leise. Libuse überlegte, ob sie die Novizin schon einmal hatte lachen hören; sie konnte sich nicht daran erinnern.
    Libuse wartete einen Moment, dann fragte sie geradeheraus: » Was hältst du von Aelvin? «
    Das grobe Leinenkissen raschelte, als Favola ihr Gesicht zur Decke wandte, so als fürchtete sie, ihre Augen könnten Libuse ein Geheimnis enthüllen. » Warum fragst du? Ich dachte, du verschwendest nicht mal einen Gedanken an ihn, so wie du ihn behandelst. «
    » Zu schlecht, meinst du? «
    » Gleichgültig. Und manchmal ziemlich gereizt. «
    » Er ist ein Tölpel. «
    » Er hat Albertus und mir geholfen. Ohne ihn hätte Gabriel uns im Zisterzienserkloster gefangen. « Favola sah noch immer zur Decke, wo die Ritzen der Balken im flackernden Kerzenschein mal breiter, mal schmaler wurden. » Vielleicht steckt ja mehr in ihm, als du denkst. «
    » Ich hoffe, das trifft auf uns alle zu, sonst werden wir nicht allzu weit kommen. «
    » Darf ich dich was fragen? «
    Libuse drehte sich auf die Seite und sah Favola über den schmalen Gang zwischen den Betten hinweg an. » Sicher. «
    » Warum begleitest du uns? « Sie zögerte, dann setzte sie hinzu: » Was dein Vater gesagt hat … dass er sich an Gabriel rächen will … Ich meine, das kann er gar nicht, oder? Alle wissen das. «
    » Albertus war bei uns im Turm «, sagte Libuse nach kurzem Zögern. » Er hat meinen Vater gebeten, euch zu begleiten. Und er hat gesagt, dass euch eure Reise ins Morgenland führen wird. Mein Vater hat viele Jahre lang dort gelebt. Ich bin dort geboren. «
    Favola rollte sich nun gleichfalls auf die Seite. Ihre Blicke trafen sich.
    » Ich hab meine Mutter nie kennen gelernt «, fuhr Libuse

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