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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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die Dirne, sondern ließ sie auf sich liegen und ergötzte sich solchergestalt mit ihr eine lange Weile.
    Der Mönch, der sich so gestellt hatte, als ob er in den Wald ginge, hatte sich inzwischen im Schlafsaal versteckt und schöpfte im festen Vertrauen auf das Gelingen seines Anschlags neuen Mut, sobald er den Abt ohne Begleitung seine Zelle betreten sah. Als dieser gar die Tür hinter sich abschloß, zweifelte er nicht mehr und schlich sich still aus seinem Versteck zu einer Ritze, durch die er alles sah und hörte, was der Abt sagte und tat. Nachdem nun der Abt sich seiner Meinung nach genug mit der Dirne unterhalten hatte, schloß er sie wieder ein und kehrte in sein Gemach zurück.
    Nach einiger Zeit hörte er den jungen Mönch, und in der Meinung, dieser sei inzwischen aus dem Walde zurückgekommen, war er willens, ihn aufs nachdrücklichste zur Rede zu stellen und ins Gefängnis zu sperren, um alsdann die gewonnene Beute allein zu besitzen. So ließ er ihn denn rufen, schalt ihn mit strengen Worten und erzürntem Gesicht und kündigte ihm seine Einkerkerung an. Der Mönch indes antwortete ihm auf der Stelle: »Hochwürdiger Herr, ich bin noch nicht lange genug im Orden des heiligen Benedikt, um dessen Eigentümlichkeiten alle zu kennen. In der Tat habt Ihr mich darin noch nicht unterwiesen, daß die Mönche sich ebenso wie Fasten und Nachtwachen auch die Weiber aufbürden müssen. Da Ihr es mir aber nun gezeigt habt, verspreche ich Euch, wenn Ihr mir diesmal vergebt, nie wieder zu fehlen, sondern immer zu tun, wie ich Euch habe tun sehen.«
    Der Abt, der ein verständiger Mann war, erkannte schnell, daß jener sich nicht nur besser als er auf die Sache verstanden, sondern auch alles, was er getan, beobachtet habe. Darum scheute er sich, im Bewußtsein des gleichen Vergehens, dem Mönche etwas anzutun, das doch der eine wie der andere verdient hatte. Er vergab ihm also und befahl ihm Stillschweigen über alles, was er gesehen. Dann aber schafften sie die Dirne vorsichtig aus dem Kloster, in welches die beiden sie vermutlich oft zurückgeholt haben.
     

Fünfte Geschichte
     
     
    Die Markgräfin von Montferrat weist die törichte Liebe des Königs von Frankreich durch ein Hühnergericht und ein paar hübsche Worte zurück
     
    Die Mädchen, die dem Dioneo zuhörten, schämten sich anfangs ein wenig ob seiner Erzählung, wie die sittsame Röte bekundete, die ihre Wangen überflog. Allmählich indes blickten sie bei steigender Aufmerksamkeit einander mit heimlichem Lächeln verstohlen an und unterdrückten kaum ein lautes Gelächter. Als die Geschichte zu Ende war, ließen sie ihn durch neckenden Tadel und Spott empfinden, daß solche Geschichten vor Damen zu erzählen ungeziemend sei. Dann aber gebot die Königin, zu Fiammetta gewandt, die neben Dioneo im Grase saß, dieser, in der Reihe fortzufahren. Fiammetta begann lächelnd und anmutig:
    Nicht allein weil Geschichten mich ergötzen, welche, wie die zuletzt erzählten, die Wirkung schneller und treffender Antworten schildern, sondern auch in der Überzeugung, daß es für Männer ebenso löblich ist, nur Frauen zu minnen, die höheren Standes sind als sie selbst, wie für Frauen verständig, die Liebe zu einem höherstehenden Mann von ihrem Herzen fernzuhalten, kommt es mir, da mich die Reihe des Erzählens trifft, in den Sinn, euch durch ein Beispiel zu zeigen, wie eine adelige Dame durch Wort und Tat sich vor solcher Gefahr zu schützen und den Mann, der sie gefährdete, umzustimmen wußte.
    Der Markgraf von Montferrat, ein kühner und ritterlicher Mann und Bannerherr der Kirche, war mit einem der Kreuzzüge übers Meer ins Morgenland gefahren. Als nun am Hofe König Philipps des Einäugigen, der eben damals im Begriff stand, Frankreich zu verlassen, um sich jenem Kreuzzuge anzuschließen, von seiner Tapferkeit die Rede war, äußerte ein Ritter, es sei doch unter der Sonne kein schöneres Paar zu finden als der Markgraf und seine Dame. Denn wie er unter allen Rittern seiner adeligen Tugenden halber gerühmt werde, so sei die Dame vor allen Frauen schön und sittsam. Auf den König machten diese Worte solchen Eindruck, daß er, ohne je die Dame gesehen zu haben, sie sogleich inbrünstig zu lieben begann und beschloß, sich nirgendwo anders als in Genua zu der erwähnten Überfahrt einzuschiffen, um auf der Landreise nach jenem Hafen schicklichen Vorwand zu einem Besuch bei der Markgräfin zu haben, wobei er hoffte, daß es ihm vielleicht in Abwesenheit

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