Das Dorf der Katzen
entwickelnde Forschheit erstaunten ihn jedes Mal.
Alle im Raum schwiegen. Trevor hatte den Kopf abgewandt. Seine Mundwinkel zuckten verdächtig.
„OK“, sagte Ioannis schließlich leise. „Ich merke schon, ich kann dich nicht halten. Dann fahr doch meinetwegen!“
Dann drehte er sich abrupt von Vera weg, verbeugte sich knapp in Richtung o Gerontas und ging.
Die anderen blickten ihm etwas betreten nach.
Ein belustigter Gedanke kam von o Gerontas, Vera ignorierte ihn. Ihr stand im Moment nicht der Sinn nach Heiterkeit.
Trevor räusperte sich schließlich in das peinliche Schweigen hinein.
„Tja, damit dürfte wohl alles gesagt sein“, meinte er in leicht süffisantem Tonfall.
„Lasst uns nach Hause gehen, ich glaube, wir alle brauchen jetzt erst mal Ruhe und Erholung. Ein neuer Angriff heute Nacht dürfte nicht stattfinden, dafür haben die Angreifer zu viele Federn lassen müssen.“
Sie verabschiedeten sich von o Gerontas, der die ganze Zeit unbeweglich da gesessen hatte. Mit Ausnahme der einen Nachricht an Vera und die amüsierte Äußerung zuletzt hatte er sich völlig herausgehalten.
Als alle den Raum verlassen hatten, beugte er den Kopf.
„Hohe Bastet“, dachte er konzentriert, „beschütze diese Menschen, ich bitte dich!“
„Das tue ich bereits“, bekam er als Antwort. Mehr nicht.
Draußen vor dem Haus nahm Trevor die immer noch reichlich aufgebrachte Vera zur Seite.
„Vera, was du da soeben gesagt und getan hast, war sehr richtig und sehr dumm!“
Er machte eine beschwichtigende Geste, als Vera wieder aufbrausen wollte.
„Syga, syga, immer mit der Ruhe“, meinte er. „Es war richtig, Ioannis klar zu machen, dass er über dich keine Befehlsgewalt hat.
Du musst allerdings zugeben, dass er es aus Sorge um dich macht. Wir haben gestern fünfzehn der Unsrigen begraben müssen. Er liebt dich. Darum war es dumm, ihn vor versammelter Mannschaft so auflaufen zu lassen. Und vor allem: er ist Grieche!“
„Na und?“, fragte Vera patzig.
Trevor kratzte sich am Hinterkopf.
„Eine Frau kanzelt einen griechischen Mann nicht in aller Öffentlichkeit ab. Das macht sie zu Hause hinter verschlossenen Türen. Außerhalb der vier Wände ist der Grieche der König der Welt, zu Hause regiert die Frau. Ungeschriebenes Gesetz seit Odysseus’ Zeiten.
Um des lieben Friedens willen und um unsere Einheit nicht zu stören, halte dich bitte daran. Und jetzt geh und vertrag dich wieder mit deinem griechischen Sensibelchen, sonst ist er zu nichts mehr zu gebrauchen - und du wahrscheinlich auch nicht!“
Er grinste schief und zwinkerte ihr zu.
Vera schmollte zur Schau ein wenig mit übertrieben vorgeschobener Unterlippe und versuchte dann ein Lächeln.
„In Ordnung“, sagte sie schließlich. „Wo ist ‚Sensibelchen’ denn meistens zu finden, wenn es geschimpft wurde?“
Trevor lächelte jetzt. „Ich denke, er wird unten am Meer sein, beim Bootshaus.“
Er sah der davongehenden Vera nach, hinter der wieder pflichtschuldigst Gizmo hertrottete.
„Ein Prachtweib“, dachte er anerkennend und ein wenig neidisch.
Das „Prachtweib“ ging, noch immer reichlich angefressen, den Weg hinunter zum Strand.
Ihre Lockerheit soeben Trevor gegenüber war zur Schau gestellt gewesen - sie war noch immer sauer auf Ioannis, der sich in ihren Augen wie ein Pascha aufgeführt hatte.
Als freiheitsliebender Mensch hatte sie schon immer ihr Leben selbst in die Hand nehmen und darüber bestimmen wollen. Mit allen Konsequenzen, Hochs und Tiefs. In ihrer Kindheit war das oft ein Anlass für Ärger mit ihren Eltern gewesen.
Jetzt war sie niemanden mehr Rechenschaft schuldig! Und wenn sie noch so viel für Ioannis empfand, viel mehr sogar, als sie bisher je für einen Mann empfunden hatte, so gab ihm das ihrer Meinung nach nicht das Recht, sie bevormunden zu dürfen. Da könnte ja jeder kommen.
Aber verdammt! Warum fühlte sie dann in sich so etwas wie ein schlechtes Gewissen?
Ioannis saß - genauso angefressen - unten am Bootshaus, wie Trevor vermutet hatte.
Er hockte mürrisch auf einem Stein am Ufer und stocherte mit einem Ast im Kies herum. Was da soeben zwischen ihm und Vera abgelaufen war, war eine völlig neue Erfahrung für ihn gewesen.
Er schüttelte den Kopf. Er hatte es doch nur gut gemeint, aus Sorge um Vera. OK, vielleicht hatte er es ein wenig ungeschickt angestellt, aber er war eben immer noch in gewissen alten Traditionen und Denkweisen verhaftet, obwohl er sich als modern,
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