Das Dorf der Katzen
erster Trevor über den Weg lief.
„Na, ihr zwei Streithähne“, begrüßte er sie. Dass die beiden klatschnass und nur mit dem Allernötigsten bekleidet waren, übersah er geflissentlich.
Ioannis kam sofort zur Sache.
„Ich glaube, wir haben den letzten Vers der Prophezeiung entschlüsselt“, sagte er. „Wir müssen das Boot klarmachen, morgen bei Sonnenaufgang fahre ich nach Rhodos.“
Trevor blickte mit offenem Mund von Ioannis zu Vera und wieder zurück.
„Aha.“
Mehr brachte er nicht heraus.
Sie weihten ihn in groben Zügen in ihre Theorie ein. Trevors Gesicht erhellte sich mehr und mehr, je länger Ioannis und Vera auf ihn einredeten. Zuletzt hieb er Ioannis auf die Schulter, dass dieser ein wenig in die Knie ging.
„Junge“, rief er aus. „Wenn ich das den anderen erzähle, wird sich die Stimmung hier aber schlagartig verbessern!“
Er wurde wieder ernst.
„Es steht nicht gerade zum Besten hier. In vielen Häusern wird getrauert, die drei Wächter sind nur noch Schatten ihrer selbst und auch o Gerontas hält sich laut Raffaele sehr mit irgendwelchen Äußerungen zurück. Es war höchste Zeit für eine gute Nachricht, einen Hoffnungsschimmer. Ich werde gleich nach dem Boot sehen lassen.“
Am Abend packte Ioannis eine Reisetasche für seine Fahrt nach Rhodos. Er rechnete damit, am übernächsten Tag wieder zurück zu sein. Mit der Uranmunition im Gepäck.
Vera wollte diese Zeit für ihre Fahrt nach Illasandria nutzen, die sie Ioannis abgetrotzt hatte.
Beide versprachen sich hoch und heilig, vorsichtig zu sein.
Mitten in dieser Nacht wachte Vera auf. Irgendetwas war anders als sonst. Ihre Hand griff nach links, wo Ioannis liegen sollte, aber seine Bettseite war leer.
Vera richtete sich auf, im gleichen Moment wurde der Raum von einem zuckenden Leuchten, das durch die Fenster hereinkam, fahl erhellt.
In Vera kroch eisiges Entsetzen hoch. Ein neuer Angriff? Jetzt schon? Dann waren sie verloren! Sie waren überhaupt noch nicht darauf vorbereitet!
Ein erneutes Aufleuchten machte kurz die Silhouette eines Menschen sichtbar, der wie ein Scherenschnitt regungslos vor einem der Fenster stand und hinausstarrte. Ioannis.
Wenn er so ruhig da stand, war wohl keine Gefahr im Verzug, aber was war dann los?
Vera schälte sich aus den Laken und tappte schlaftrunken die leiterartige Treppe des Hochbetts hinunter. Jetzt vernahm sie ein fernes, gedämpftes Grummeln und Poltern, das von draußen kam.
Sie stellte sich hinter Ioannis und umschlang ihn sanft mit ihren Armen.
„Was ist los, Schatz?“, murmelte sie ihm ins Ohr.
„Ein Gewitter, weit draußen auf dem Meer“, antwortete er, „aber es kommt näher und es ist sehr heftig.“
Er drehte sich zu ihr herum. „Das mit der Fahrt nach Rhodos morgen kann ich mit Sicherheit vergessen“, sagte er in einem resignierten Tonfall, „das Meer wird morgen viel zu aufgewühlt sein, als dass ich mit dieser Rennmaschine rausfahren kann. Das wirft uns um mindestens zwei Tage zurück!“
In einem plötzlichen Zornesausbruch hieb er mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser darauf ins Schlingern gerieten.
„Verdammte Scheiße!“, brüllte er unbeherrscht, „ausgerechnet jetzt muss dieses Dreckswetter über uns herfallen. Nicht VOR drei Tagen, nicht IN drei Tagen, nein: JETZT!“
Wie zum Hohn flammte es draußen hell auf und ein krachender Donnerschlag rollte über die Insel. Gleich darauf setzte ein heftiger Wind ein, gefolgt von ersten Regenschauern.
Vera und Ioannis verkrochen sich wieder im Bett, aber an Schlaf war bei beiden nicht mehr zu denken.
Das Gewitter draußen hatte sich zu einem veritablen Unwetter entwickelt, entstanden aus einem Kaltlufteinbruch, der in der bereits frühsommerlich aufgeheizten Atmosphäre über der Ägäis beängstigende Kräfte entwickelte.
Der Regen prasselte und trommelte auf das Flachdach, die kurzen zeitlichen Abstände zwischen grellen Blitzen und peitschend krachenden Donnerschlägen zeigten, wie nahe die Gewitterzelle war. Der Wind hatte sich zu einem Sturm ausgewachsen, der Fensterläden scheppern ließ und Gegenstände aller Art durch die Straßen trieb.
Ioannis lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Er haderte mit dem Schicksal.
Vera lag neben ihm und fühlte sich wieder einmal so hilflos. Außerdem bemerkte sie einen zunehmenden Druck in der Schläfengegend, der bald so unangenehm war, dass sie auch nicht mehr schlafen konnte.
So warteten sie die restliche Nacht ab, jeder mit sich und
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