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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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nahm die letzte Kurve vor dem Durchstich. Ab da würde es etwa einen Kilometer relativ eben dahin gehen, dann kam die Stelle des Kampfes vor zehn Tagen, wo sie bei der Hinfahrt Pause gemacht und von Gizmo die rabiate Seelenmassage erhalten hatte.
    Unwillkürlich fuhr sie sich mit der Hand wieder über das Schienbein.
    Sie blickte kurz auf die Uhr im Armaturenbrett, sie zeigte exakt 18:56. Ihr Wagen befand sich jetzt genau zwischen den beiderseits aufragenden Felswänden des Durchstichs.
    Gerade, als sie den Blick wieder auf die Straße richtete, krachte etwas Großes, Dunkles auf die Motorhaube. Es war so schwer, dass der Wagen vorne einfederte.
    Vera erschrak bis ins Mark; sie dachte unwillkürlich an einen Felssturz und wollte bremsen, aber im gleichen Moment schrie sie voller Entsetzen auf und warf sich auf dem Fahrersitz reflexartig so weit zurück, wie es die Rückenlehne samt Kopfstütze nur zuließ.
    Nur durch die Windschutzscheibe von ihr getrennt kauerte ein Ch’quar auf der Motorhaube und fletschte sein grauenhaftes Gebiss in ihre Richtung. Der schrille Schrei schmerzte in ihren Ohren.
    Sie verriss das Lenkrad und trat hart auf die Bremse. Der Jeep schlingerte in Richtung des linken Straßenrandes, ohne dass die Kreatur von der Motorhaube geschleudert worden wäre. In ihrer Panik rutschte sie von der Kupplung und würgte den Motor ab. Der Jeep machte noch einen kurzen Ruck vorwärts und stand dann.
    Sie keuchte entsetzt, als die Kreatur mit aufreizender Langsamkeit seitlich von der Motorhaube herunterglitt, wobei ihre Krallen mit einem Nerven zerfetzenden Quietschen über den Lack schrammten, und dann mit der heimtückischen Lässigkeit einer witternden Hyäne um den Jeep herumschlich.
    Wieder ertönte der entsetzliche Schrei, der jetzt aus der Dämmerung mehrfach und aus unterschiedlichen Richtungen beantwortet wurde.
    Vera versuchte verzweifelt, den Motor wieder zu starten, aber der war anscheinend abgesoffen und weigerte sich, anzuspringen. Sie hieb auf den Verriegelungsknopf ihrer Tür und rundum schnappte die Zentralverriegelung zu. Eine trügerische Sicherheit, das wusste sie.
    Verzweifelt blickte sie um sich, aber natürlich war um diese Zeit niemand mehr unterwegs. Es gab für keinen der Inselbewohner einen vernünftigen Grund, sich nach Einbruch der Dämmerung irgendwo im Inselinneren aufzuhalten.
    Sie versuchte noch einmal, den Motor zu starten, aber wieder orgelte der Anlasser vergeblich. Sie gab es auf.
    „Steig aus!“
    Der Befehl kam mit einer solchen schmerzhaften Intensität in ihrem Kopf an, dass sie zusammenzuckte. Zumindest einer der Ch’quar hatte ihr telepathisch diese Anweisung gegeben.
    Wussten sie von ihrer Fähigkeit? Dann wäre diese Trumpfkarte, eine der Wichtigsten in diesem ganzen gottverdammten Spiel, mit einem Schlag wertlos geworden!
    Veras Gedanken rasten. Adrenalin und andere Stresshormone schossen durch ihren Körper und ermöglichten ihr so trotz oder gerade wegen der Extremsituation logisches Denken.
    Diese Kreaturen konnten sich untereinander anscheinend durch die schrillen Schreie und lautlos auf gedanklicher Basis verständigen. Deshalb hatten sie es ganz automatisch auch bei ihr damit versucht. Das konnte nicht nur, das musste jetzt einfach so sein, sonst war alles aus!
    Sie musste sich jetzt taub für diese telepathischen Kommunikationsversuche stellen, durfte ihr Geheimnis nicht preisgegeben.
    Alles in ihr schrie um Hilfe, unsinnige Fluchtreflexe durchzuckten sie. Aber sie blieb sitzen, so, als ob sie nie etwas in ihrem Kopf gehört hätte.
    „Steig endlich aus, oder wir holen dich mit Gewalt da raus!“
    Die Gedankenbefehle waren bohrend laut und hart, aber sie blieb regungslos sitzen.
    Eine der Kreaturen brachte ihre Fratze ganz nahe an die Scheibe der Fahrerseite heran und krächzte mit einer schrillen, brüchigen Stimme:
    „Steig aus, sofort!“
    Was blieb ihr jetzt anderes übrig?
    Sie entriegelte ihre Tür und stieg aus. Im Nu war sie von fünf dieser Höllenwesen umstellt.
    „Komm mit!“
    Der gekrächzte Befehl war kurz und eindeutig. Zwei der Chimären gingen voraus, eine blieb direkt neben Vera und zwei bildeten das Schlusslicht.
    Die Wesen hatten einen grotesk wirkenden, vierbeinigen Watschelgang, ihre humanoiden Köpfe schwangen im Gegenrhythmus hin und her. Vera wusste allerdings, wie schnell und sprunggewaltig diese unbeholfen wirkenden Wesen tatsächlich waren.
    In der Dämmerung war es noch hell genug, dass Vera den Weg erkennen konnte. Es

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