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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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ging einen schmalen Steig entlang weiter in den niedrigen Gebirgszug hinein.
    Der Jeep und damit die letzte Bindung an die Zivilisation verschwanden aus ihrem Blickfeld. Vera fürchtete sich wie noch niemals zuvor in ihrem Leben.
    Der Angriff durch den einen Ch’quar damals beim Jeep war ein Sekundenspiel gewesen. Bevor sie richtig realisiert hatte, was geschah, war es auch schon wieder vorbei gewesen. Sicher, der Adrenalinflash danach hatte heftigst in ihr getobt, aber sie hatte sich mit der Ohrfeige für Ioannis abreagieren können.
    Der Kampf mit dem Ch’quar bei Bastets Tempel war auch ein anderes Thema. Sie hatte sich erfolgreich gegen die Kreatur wehren können, ja, hatte sie sogar vernichtet.
    Jetzt war sie gleich mehreren dieser Wesen ausgeliefert, allein und zu weit von Choriogatos entfernt, um ihre Fähigkeiten einsetzen zu können.
    Ioannis!
    Ihr stiller verzweifelter Hilferuf verhallte natürlich ungehört. Oder etwa doch nicht? Konnten diese Kreaturen auch ihre Gedanken lesen? Oder nur das gesprochene Wort hören und auf mentaler Ebene oder unbeholfen mit Sprache antworten?
    Sie dachte mit aller Konzentration, zu der sie fähig war. „Wohin bringt ihr mich?“
    Keine Reaktion.
    Sie wiederholte ihre Frage noch einmal.
    Wieder keine Reaktion.
    „Wohin bringt ihr mich?“ Diesmal sprach sie die Frage laut aus.
    Die Antwort kam unmittelbar und wurde intoniert wie ein Stück Kreide, das über eine Schultafel quietschte: „Halts Maul, du Schlampe, oder ich schlitz dich auf!“
    „Samsin!“
    Wieder eine kleine Explosion in ihrem Gehirn, wenngleich sie nicht die Angesprochene war.
    „Reiß dich zusammen! Du weißt, was der Meister gesagt hat!“
    Diese Monster konnten also anscheinend ihre Gedanken nicht erfassen, wohl aber sie die ihren. Untereinander verständigten sie sich hauptsächlich telepathisch, möglicherweise fehlten ihnen vernünftige Stimmbildungsorgane.
    Sie wussten also offensichtlich nicht, dass Vera telepathisch begabt war und ihre lautlosen Unterhaltungen mithören konnte. Ihren Trumpf hatte sie also noch im Ärmel!
    Vera hatte einen Vorteil, der nicht zu unterschätzen war.
    „Die Gedanken sind frei“, dachte sie grimmig und mit höchster Intensität in der Absicht, doch noch eine Reaktion zu provozieren.
    Nichts geschah: Die Kreaturen waren tatsächlich taub für ihre Gedanken. Vera buchte dies als einen Punkt für sich, was aber angesichts ihrer momentanen Situation immer noch reichlich kümmerlich war.
    Der Weg, wahrscheinlich ein alter Hirtensteig, endete vor einer Art Höhleneingang. Die Wesen führten Vera hinein.
    Es war ein dumpfes Loch im Berg, niedrig und modrig. Das schwache Licht des mittlerweile aufgegangenen Mondes bildete die einzige Lichtquelle und drang kaum in das Höhleninnere hinein. Ein knapp mannsbreiter Spalt oder Durchschlupf war im Höhlenhintergrund vage zu erkennen. Eine der Kreaturen dirigierte Vera dorthin.
    „Da hinein!“, schrillte es in ihrem Kopf.
    Sie versuchten es wieder mit einem telepathischen Befehl. Das richtige Sprechen musste für sie ungewohnt oder anstrengend sein. Oder beides.
    Vera sah zwar den Spalt, der noch weiter in den Berg hinein führte, aber sie beschloss, einen letzten Test zu machen.
    Sie stellte sich unschlüssig hin und dachte so intensiv wie möglich: „Wo hinein?“
    „Los, da hinein!“, wurde der Befehl wiederholt. Ihr Kopf schmerzte.
    „Wo hinein?“ Vera hatte auch jetzt wieder nicht gesprochen. Sie musste sich unbedingt auf gedanklicher Ebene taub stellen.
    Eine der Chimären hinter ihr gab ihr einen Rempler, so dass sie in Richtung des Spalts taumelte.
    „Rein da!“, krächzte gleichzeitig eine Stimme. Das war grob und unmissverständlich, aber für Vera der letzte Beweis. Die Kreaturen waren taub für ihre Gedanken und wussten auch nicht, dass umgekehrt sie die ihren erfassen konnte.
    Sie schlüpfte durch den Spalt und kam in einem kleineren Höhlenraum heraus, in welchem es fast völlig finster war.
    Vorsichtig tastete sie die nähere Umgebung ab, ihre Augen versuchten, die Düsternis zu durchdringen. Hier war nichts, was auch nur entfernt geeignet gewesen wäre, den Raum etwas komfortabler zu machen. Nackter Fels an Boden, Decke und den Wänden. Das war’s.
    Sie registrierte einen schwachen Luftzug von dem Spalt hinter ihr. Irgendwo musste der Raum noch eine weitere Öffnung haben. Sie tastete nochmals und diesmal gezielt die Wände ab und entdeckte schließlich einen knapp handbreiten Riss, der schräg nach

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