Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
Vom Netzwerk:
dies. Er hatte nur Augen und andere Sinne für das, was vor ihm lag.
    Da stand der Jeep von Ioannis, schräg in Richtung linker Straßenrand. Die Scheinwerfer waren aus, der Motor lief nicht.
    Es war offensichtlich, dass hier etwas faul war und Gizmo zeigte sofort, dass er diesen Auftrag zurecht bekommen hatte.
    „Gedankenblock!“, sendete er. „Jeder schirmt sich ab. Körperkommunikation. Verteilt und versteckt euch. Blickkontakt halten!“
    Die Katzenschar stob auseinander und verschwand. Allein oder in Gruppen suchten sie Deckung in dem zerklüfteten Gelände.
    Dabei wurde Wert darauf gelegt, dass immer Blickkontakt zwischen den einzelnen und den Gruppen herrschte. Jeder schirmte seine Gedanken völlig ab. Telepathisch waren sie nun nicht mehr zu orten.
    Eine komplexe Gedanken- und damit Nachrichtenübertragung war nur durch Aneinanderlegen zweier Köpfe möglich - eine bei Katzen oft gesehene Vorgehensweise. Allgemeine und einfachere Anweisungen an alle wurden über den Blickkontakt weitergegeben.
    Gizmo legte seinen Kopf an denjenigen eines schwarz-weiß gefleckten Katers.
    Es war Aspros, der Kater, der an der „Verschleppung“ von Vera nach Phelisonissi mitgewirkt hatte. Aspros hatte in Illasandria eine ähnliche Stellung wie o Gerontas in Choriogatos, aber nicht die Gnade der sechs zusätzlichen Leben.
    „Bleib du bei der Gruppe“, übermittelte Gizmo ihm. „Ich gehe vor und erkunde, was da passiert ist. Bin ich bis Sonnenaufgang nicht zurück, führe sie nach Choriogatos und berichte o Gerontas, was geschehen ist. Leb wohl, Bruder Abbild!“
    „Leb wohl, Bruder Abbild! Möge DIE EINE mit dir sein“, sendete Aspros zurück. Dann verschwand auch er seitwärts von der Straße und Gizmo blieb allein zurück.
    Sein kleines Katzenherz pochte heftig. Jetzt war er in genau der Situation, die er sich immer ausgemalt hatte. Er allein in einer unübersichtlichen und wahrscheinlich gefährlichen Lage.
    In seinen Träumen war er dann immer der coole und überlegene Stratege, der mögliche körperliche Defizite damit ausglich, dass er sein Köpfchen einsetzte, aber jetzt, in der Praxis, sahen die Dinge doch etwas anders aus.
    Es war offensichtlich, dass etwas mit Vera passiert sein musste. Er war ihr Schatten, er musste ihr beistehen.
    Außerdem hatte er noch die Verantwortung für die ganzen Katzen von Illasandria, die jetzt irgendwo da draußen verteilt und versteckt darauf warteten, dass ihr Anführer etwas unternahm.
    Gizmo spürte plötzlich die Last und den Druck, dem sich Anführer oftmals ausgesetzt sehen. Er war auf einmal nicht mehr besonders darauf erpicht, der Stellvertreter von o Gerontas zu sein!
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    Vera saß in ihrem Felsenloch und fragte sich, was als Nächstes geschehen würde.
    Der erste Schock war von ihr gewichen und sie begann, ihre Situation zunehmend realistisch zu betrachten. Sie war hier irgendwo auf halben Weg zwischen Illasandria und Choriogatos, also so gut wie in der Mitte dieser verfluchten Insel in einem Felsenloch bei lebendigem Leib begraben und von einem Rudel Ch’quar bewacht.
    Ihre Zähne schlugen krampfhaft aufeinander, aber gleichzeitig schwitzte sie am ganzen Körper. Ihre Hände zitterten, ebenso ihre Knie. Sie hatte ihre Oberschenkelmuskulatur nicht richtig unter Kontrolle, krampfhafte Zuckungen und ließen ihre Kniescheiben aneinander schlagen. Schließlich legte sie ihre Arme um ihre hochgezogenen Beine, um dieses unerträgliche, nervöse Vibrieren zu stoppen.
    Ihre Gedanken, die noch vor kurzem gerast waren und ihr noch rechtzeitig den Bluff ermöglicht hatten, der die Kreaturen im Glauben ließ, sie wäre telepathisch völlig unfähig, diese Gedanken waren jetzt wie betäubt.
    Irgendeine dumme, zu Recht schon längst vergessen geglaubte Melodie geisterte ihr bruchstückhaft und in zwanghafter Wiederholung durch den Kopf, ob sie wollte oder nicht. Klar denken war ihr unmöglich. Das einzige, was in ihr pausenlos schrie, war ihre Angst. Nackte, existenzielle Angst, gepaart mit dem Gefühl völliger Hilflosigkeit und dem des ausgeliefert seins.
    Sie barg ihr Gesicht zwischen ihren hin- und her vibrierenden Knien und weinte.
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    Gizmo hatte sich seitwärts weg von der Straße ins Gelände geschlagen und pirschte sich an den abgestellten Jeep heran. Alle seine Sinne tasteten und horchten im Umkreis um ihn herum.
    Immer wieder verharrte er regungslos und sondierte voraus. Er konnte nichts hören oder sehen, was verdächtig gewesen wäre,

Weitere Kostenlose Bücher