Das Dorf der Katzen
feststellen konnte, dass diese Wesen auch einen Geruch verströmten. Zu ihrer Überraschung stank der Ch’quar nicht nach Schwefel oder einem anderen Höllenaroma, sondern verströmte einen penetranten Geruch nach Anis, der bei Vera Übelkeit erregte. Lakritze hatte sie noch nie gemocht!
„Was wollt ihr von mir?“, fragte sie die ausdruckslose Fratze vor ihr.
Keine Antwort. Die Kreatur fixierte sie weiterhin, ohne einen Laut von sich zu geben oder einen telepathischen Kontakt zu versuchen.
„Kasaffa! Was machst du da drin bei dem Weib?“
Ein schmerzhafter Gedankenimpuls schlug in Veras Gehirn ein. Sie musste sich sehr zusammennehmen, um nicht durch ein überraschtes Aufblicken oder Zusammenzucken zu verraten, dass sie ihn wahrnehmen konnte.
Statt dessen blickte sie weiterhin fragend den Ch’quar vor ihr an. So, als ob sie immer noch auf eine Antwort warten würde.
„Ich schau sie mir an! Das wird ja wohl nicht verboten sein, oder! Ich mache sie schon nicht kaputt, der Meister wird sie heil und ganz bekommen. Passt lieber auf, dass Samsin sie nicht erwischt!“
Mehrstimmiges dreckiges Gelächter brandete auf. Vera konnte nicht anders, sie schloss die Augen. Stimmen telepathisch zu hören, war schon schlimm genug, aber Gelächter, das den Kopf scheinbar wie eine Glocke zum Schwingen brachte, das war fast zu viel.
„Samsin hockt vorne am Weg und passt auf! Der kommt unserem Püppchen bestimmt nicht zu nahe und ruiniert dann womöglich das Spielzeug des Meisters!“
Der Ch’quar vor ihr sah sie ausdruckslos an.
„Wir sprechen uns noch“, krächzte er. Dann erhob er sich und verschwand durch den Spalt.
Vera sprang auf. Luft! Luft! Es war sowieso schon dumpf und muffig in diesem Verlies, aber der durchdringende Anisgestank erzeugte in ihr einen kaum mehr zu bändigenden Brechreiz.
Sie sprang zu dem Felsspalt, von dem sie wusste, dass er wie ein Frischluftkamin nach außen führte. Sie presste ihr Gesicht hinein, um Frischluft einzuatmen und prallte mit einem Schrei zurück. Vor Schreck stolperte sie und fiel hart auf ihren Hintern.
Ihr Gesicht war gegen etwas Haariges, Kitzliges und Feuchtes gestoßen, das plötzlich in dem Spalt steckte.
„Ruhe da drin!“, krächzte ein Ch’quar von der Vorhöhle herein. Gleichzeitig traf Vera ein heftiger Zornimpuls.
Vera starrte hoch zu dem Spalt, aus dem nun ein leises schabendes Geräusch zu hören war. Eine Ratte?
Sie blickte sich nach einer Waffe um. Alles, was sie fand, war ein faustgroßer Stein. Besser als nichts. Sie nahm ihn in der festen Absicht hoch, ihn jedem Viehzeug, das seinen Kopf zu ihr hereinstecken würde, an selbigen zu schmettern.
Vera wartete.
Staub und kleine Steine rieselten aus dem Spalt. Das schabende Geräusch ertönte wieder. Plötzlich kam eine weiße Pfote an einem grauen Katzenbein zum Vorschein, die scheinbar in die Höhle hinein winkte.
Gizmo! Vera biss sich in die Hand, um nicht lauthals aufzuschreien.
ΦΦ ΦΦ
Das erste, was Gizmo und Aspros bemerkten, war ein merkwürdiger Geruch. Es roch wie die klare Flüssigkeit, welche die Wissenden manchmal tranken und dann immer lauter und lustiger wurden. Nur war der Geruch jetzt viel intensiver.
Gizmo legte seinen Kopf wieder an den von Aspros.
„Vorsicht! Dieser Geruch passt nicht in die Landschaft. Etwas ist ungewöhnlich hier!“
Aspros signalisierte Verstehen. Sie schlichen aufmerksam weiter und erreichten schließlich ein kleines Plateau. Der Steig endete hier. In der Felswand dahinter war ein Loch zu sehen, wahrscheinlich der Eingang zu einer Höhle.
Auf dem Plateau lungerten sieben Ch’quar herum. Vera musste hier gefangen sein!
Aspros sah zu Gizmo. Ihre Blicke trafen sich und sie verstanden sich: Hier war auf direktem Weg nichts zu machen.
Nach kurzer Verständigung umgingen sie den Höhleneingang mit seinem davor liegenden Plateau und den Ch’quar. Gizmo war es schließlich, der den unzugänglich liegenden Spalt im Hang entdeckte.
Eigentlich war es zuerst der Luftstrom aus dem Spalt mit dem dazu gehörigen Geruch, der Gizmo auf die richtige Fährte brachte. Es roch plötzlich so, wie es in einer karstigen Gebirgslandschaft einer griechischen Insel für gewöhnlich nicht riecht: nach Anis und einem spezifischen Geruch, den Gizmo sofort als denjenigen von Vera erkannte.
Er ließ sich von seiner Nase und den Tasthaaren leiten, bis er auf den Spalt stieß. Kein Zweifel, die Geruchsmischung kam dort heraus. Gizmo beschloss, etwas für die Haben-Seite
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