Das Dorf der Katzen
verstehen, mehr aber nicht. Aber das genügt, um die Energien von Bastet aufzunehmen und für unsere und vor allem Bastets Zwecke einzusetzen. Technisch ausgedrückt: die Katzen transformieren die für Menschen nicht verwendbaren Energien Bastets auf unser Niveau herunter. Für eine direkte Verständigung zwischen Bastet und uns Wissenden gibt es in jeder Generation ein Medium. Wie du schon weißt, ist es in dieser Generation Raffaele, den du bereits kennen gelernt hast. Wenn er einmal nicht mehr ist, dann ist die direkte Verbindung zwischen Bastet und den Menschen abgerissen. Es bleibt dann nur der Umweg über o Gerontas, aber selbst der kann sich uns nicht detailliert mitteilen. Auch dafür brauchen wir dich. Die Katzen von Choriogatos sind also eine Art Relais oder Bindeglied zwischen Bastet mit ihren übergeordneten Kräften und uns. Mit ihrer Hilfe können wir Dinge, die andere Menschen nicht können. Schau her!“
Er war aufgestanden und auf die Straße vor dem Haus gegangen. Er schloss die Augen und streckte die rechte Hand aus, mit der Handfläche nach vorn. Seine Lippen bewegten sich in lautloser Sprache, feine Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn.
Vera riss die Augen auf.
Einige Meter vor Ioannis begann die Luft zu flimmern. Erst schwach, dann immer stärker. Das Flimmern verdichtete sich zu einer Wand, etwa drei Meter breit und auch so hoch. Die Dicke dieser flimmernden Platte konnte Vera aus ihrem Blickwinkel nicht feststellen.
Aus dem Flimmern wurde ein Wabern, dann gab es einen leisen Verpuffungslaut und vor Ioannis brannte eine Feuerwand! Ohne Rauch und lautlos.
„Wir können dank Bastet und mit den Katzen als Energieüberträgern solche Feuerwände entstehen lassen“, sagte Trevor, „diese hier ist klein. Ein Einzelner von uns kann eine Wand von bis zu zehn Metern Breite projizieren. Im Kollektiv wird die Wand dann entsprechend noch breiter.“
Vera verstand. „So ein Kollektiv habt ihr heute Morgen im Versammlungssaal gebildet, um die Wand um den Ort zu ziehen, oder?“
Trevor nickte. „Komm mit, die Wand hat noch eine Besonderheit.“
Er ging mit Vera zur Feuerwand, die noch immer lautlos vor ihnen loderte. Wie aus dem Boden gewachsen.
„Spürst du etwas?“, fragte Trevor.
Nein, Vera spürte keine Hitze, noch nicht einmal Wärme. Sie ging näher an die Feuerwand heran, streckte die Hand aus. Nichts.
„Du kannst sie berühren“, sagte Trevor, „aber nur von dieser Seite, hörst du!“
Vera näherte sich der Feuerwand noch mehr. Ihre Hand berührte die Flammen - und tauchte in sie hinein, ohne dass sie etwas gespürt hätte. Keine Hitze, kein Verbrennungsschmerz.
„Geh auf die andere Seite!“, befahl Trevor.
Vera ging um die Wand herum und schon, als sie seitlich davon stand, fühlte sie mehr und mehr die Wärme. Auf der anderen Seite dann spürte sie die ganze Hitze, die das Feuer abstrahlte. Von dieser Seite her war die Feuerwand ohne Schutz nicht zu durchdringen.
„Die Wand ist unidirektional“, erklärte Trevor. „Wie ein Geheimspiegel. Durchlässig von einer Seite her, undurchlässig von der anderen. Außerdem ist das Feuer mit normalen Mitteln nicht zu löschen. Es ist ein Feuer höherer Ordnung, daran würde sich jede Feuerwehr der Welt die Zähne ausbeißen!“
Ein gewisser Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar.
Er ging zu Ioannis und klopfte ihm leicht auf die Schulter. Ioannis öffnete die Augen und ließ die Hand sinken. Die Wand verschwand. Der Boden war an der Stelle, wo sie gelodert hatte, kalt und unversehrt.
Vera war tief beeindruckt.
„Wieso braucht ihr eigentlich mich?“, fragte sie dann, „diese Wand ist doch ein perfekter Schutz für euch und das Dorf!“
Ioannis seufzte. „Die Prophezeiung - soweit wir sie interpretieren können - sagt, dass die Feuerwand nur ein vorläufiger Schutz sein wird. Die Ch’quar werden sich damit nicht ewig aufhalten lassen. Sie werden von Mal zu Mal stärker, auch im energetischen Sinn, und irgendwann sind sie in der Lage, den Feuerring zu durchbrechen. Wir müssen einen Weg finden, sie vorher schon ausschalten zu können und Bastet setzt hier offensichtlich auf dich, kali mou!“
Vera lächelte. Es war im Dorf sehr schnell publik geworden, dass Ioannis und sie mehr verband, als nur der glücklich überstandene Kampf gegen die Ch’quar.
„Schätzchen, du hast mir meine Sandkastenliebe geklaut“, hatte sie sich von Grisoula anhören müssen, „das find ich gar nicht nett von dir.“ Das Grinsen in
Weitere Kostenlose Bücher