Das Dunkle Netz Der Rache
zustimmen. Und außerdem gibt es in Washington County kein verkäufliches Waldland mehr.«
Shaun grinste seinen Sohn an. »O doch. Haudenosaunee.«
12:10 Uhr
Das Auto loswerden. Das Auto loswerden. Aber wo? Randys Gedanken kreisten wie in einer Hamstertrommel. Die Reifen auf dem Asphalt summten: Wie weiter? Wie weiter? Wie weiter? Wie weiter?
Irgendwann wurde ihm klar, dass nicht er zitterte, sondern der Wagen vibrierte. Er warf einen Blick auf den Tacho. Er fuhr hundertzwanzig, dreißig Kilometer über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Sein Herz machte einen Satz, und er trat auf die Bremse, kalter Schweiß bedeckte seinen Nacken und die Unterarme. Jesus. Er hätte in eine Radarfalle geraten können, dann wäre er erledigt gewesen. Hätte es nicht mal gemerkt, bis man ihn rauswinken würde. Danach behielt er den Tacho im Auge.
Aber damit war sein Problem nicht gelöst. Er musste den Wagen loswerden. An einem Ort, wo er einige Zeit unentdeckt blieb. An einem Ort, den die Polizei nicht mit ihm in Verbindung bringen konnte, wenn er gefunden wurde. An einem Ort, von dem aus er zu Mike laufen konnte.
Beim Anblick des Schildes zur Lick Springs Road kam ihm ein Einfall. Sie verlief von den Bergen durch hügeliges Weideland und mündete in die Route 57. Route 57 schlängelte sich an dem Fluss entlang, der Millers Kill seinen Namen gegeben hatte, dann durch die Stadt und nach Glens Falls.
Und direkt daran lag Reid-Gruyn.
Er verschwendete keine Zeit mit Überlegungen. Er riss das Steuer herum und lenkte den Kleinwagen auf die Lick Springs Road. Er würde das Auto nicht an der Fabrik stehenlassen, das wäre dumm. Aber er konnte ihn zum alten Teil der Papiermühle fahren, den nie jemand betrat und wo niemand ihn entdecken würde. Von dort konnte er zu Mike laufen.
Der einzige Verkehr auf der Lick Springs Road bestand aus einem Minivan mit Kennzeichen aus Vermont und einem Trecker, der mit einer sperrigen Heuladung auf der Standspur dahinzockelte. Gut. Je weniger Menschen ihn in dem Fahrzeug sahen, desto besser. Der Verkehr auf der Route 57 war ähnlich spärlich. Sein rasender Herzschlag verlangsamte sich. Er hörte auf zu schwitzen. Zu dieser Tageszeit dürfte niemand den Fabrikparkplatz betreten oder verlassen. Die Luft war rein. Er bremste ab, als das Tor in Sicht kam.
Und fuhr noch langsamer, als er zwei Wagen sah, die den Parkplatz verließen. Er grunzte. Wie konnte er nur so ein beschissenes Pech haben? Er bremste scharf und riss den kleinen Prius auf den Seitenstreifen. Im Türfach auf der Fahrerseite lagen mehrere Straßenkarten, und er zerrte eine heraus und klappte sie vor dem Gesicht auf. Ich bin ein Tourist, dachte er, nur ein Reisender, der seine Karte studiert, ehe er sich wieder auf den Weg macht. Ich bin ein Tourist, übersieh mich …
Er spähte über den Rand der Karte. Ein kleines BMW-Coupé rollte durch das Tor. Er erkannte den Fahrer, Jeremy Reid, den Sohn des Chefs. Jeremy und er waren auf der Highschool in dieselbe Klasse gegangen. Dieser rothaarige Mistkerl, der ein Auto fuhr, das mehr kostete, als Lisa und Randy im Jahr gemeinsam verdienten. Jeremy beschleunigte und verschwand die Straße hinunter, ohne Randy eines Blickes zu würdigen. Das war gut, es war das, was er wollte, aber er war trotzdem wütend.
Randy erkannte den nächsten Wagen, ehe er den Fahrer identifizieren konnte. Mr. Reids Mercedes. Oh, an das Auto konnte er sich erinnern. Die Heinze, die Mr. Reids Geld für ihn verdienten, mochten mit der Papiertüte mit ihren Pausenbroten in der Hand über den Parkplatz stolpern, Mr. Reid selbst stieg aus seinem riesigen deutschen Auto, wobei sein Kaschmirmantel über die Ledersitze glitt. Gut möglich, dass in der Fabrik die Gürtel enger geschnallt werden mussten, wie Lewis Johnson behauptet hatte, aber Mr. Reid war todsicher nicht davon betroffen.
Als der Mercedes an ihm vorüberschoss, Shaun Reid hinter den getönten Scheiben kaum sichtbar, machte Randy einen Aufkleber der Adirondack Conservancy Corporation an der Stoßstange und einen des Sierra Club auf dem Heck aus.
Typen wie Reid mussten keine Angst haben, ihren Job zu verlieren, oder ihre Häuser. Er konnte sich gut vorstellen, wie der Mann bei irgendeiner schicken Spendengala einen Scheck für die ACC ausstellte. War doch egal, wenn Typen wie Randy nichts anderes mehr blieb, als irgendwo Burger zu wenden. Reid saß trotzdem im Trockenen. Reid und Ed Castle und die Stadt, alle saßen im Trockenen. Und wo saß Randy? In der
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