Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
Sie, wie wir 1947 gearbeitet haben? Wer hätte damals ein Gutachten schreiben sollen?« »Aber es musste doch geklärt werden, ob Ihre These haltbar ist.«
Altmeier stellte mit einem harten Geräusch die Kaffeetasse auf den Unterteller zurück. Sein Gesicht war plötzlich sehr kalt.
»Junger Mann. Die Amerikaner haben Bruchsal ausgebrannt. Wir hatten über 1000 Tote hier. Und uns muteten die Amerikaner zu, dass wir einen ihrer ... Neger suchten.«
Plötzlich war Ruhe in dem kleinen Wohnzimmer. Nur die Kuckucksuhr tickte weiter.
Olga starrte den alten Mann entgeistert an.
»Und – warum haben Sie überhaupt einen Bericht geschrieben?«, fragte sie ihn.
»Damit die Amerikaner Ruhe gaben. Damit sie nicht noch mehr Deutsche verdächtigten.«
Olga und Dengler sahen Altmeier an. Der schien erst langsam ihre Blicke zu bemerken.
»Sie wissen ja nicht, was nach dem Krieg los war. Als die Franzosen kamen, wurden wir alle verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Alle Polizisten. Stellen Sie sich das einmal vor. Die Häftlinge wurden freigelassen, und die passten auf uns auf. So war das mit Recht und Ordnung in dieser Zeit. Alles wurde auf den Kopf gestellt. Wir haben unsere Uniformen ausgezogen, aber wir wurden trotzdem verhaftet.«
Er atmete schwer.
»Und wie haben die Franzosen Sie ohne Uniformen erkannt?«, fragte Olga.
Der alte Mann schien sich nicht schlüssig zu sein, ob er die Frage beantworten sollte.
Dann sagte er leise: »Wir hatten ja keine anderen Schuhe. An den Stiefeln haben die Franzosen uns erkannt. Über eine Woche haben wir gesessen. Dann haben sie gemerkt, dass sie uns brauchten. Glauben Sie, das könnte jemand vergessen, der das mal erlebt hat? Und dann sollten wir ihre Leute suchen.«
»Ich glaube, wir müssen gehen«, sagte Olga plötzlich und stand auf. Dengler verabschiedete sich von dem alten Mann und folgte ihr. Den Kaffee hatten sie nicht angerührt.
»Tut mir Leid, Georg«, sagte sie, als sie draußen waren, »ich konnte den Kerl nicht mehr ertragen.«
Dengler zog sein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. Als Hauptkommissar Langenstein am anderen Ende abhob, sagte er: »Herr Hauptkommissar, als Sie die alte Akte lasen, sah ich, wie Sie den Kopf schüttelten. Wir haben gerade mit dem pensionierten Kollegen Altmeier gesprochen. Ich frage Sie direkt: Kann es sein, dass die Arbeit damals nicht gerade eine Meisterleistung polizeilicher Ermittlungsarbeit war?«
»Bingo«, sagte Langenstein und legte ohne weiteren Kommentar auf.
»Was machen wir nun?«, fragte ihn Olga.
»Wir werden einen Spießbraten essen«, sagte Dengler und wählte die Nummer der Bruchsaler Taxizentrale.
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59. Der Wagen brachte sie bis zum Schlosshotel
Der Wagen brachte sie bis zum Schlosshotel. Olga stieg aus und streckte sich in der Sonne. Georg bezahlte den Fahrer. Es war ein warmer Frühlingstag. Die Bäume trugen das erste sanfte Grün. Auf dem kleinen Parkplatz standen nun keine Autos mehr, sondern die Familie Roth hatte Tische und Stühle im Freien aufgestellt. Olga lehnte sich leicht gegen Georgs Schultern.
»Das ist aber ein schöner Ort zum Mittagessen«, sagte sie, »aber bestimmt ist das nicht der einzige Grund, weshalb du mich hierher führst.«
Dengler lachte: »Hier wohnt ein alter Mann, der mir vielleicht etwas über Juniors Vater sagen kann. Außerdem – der Spießbraten ist wirklich klasse.«
Sie betraten das Lokal.
Es war schon fast ein vertrautes Bild. Über dem offenen Feuer drehten sich drei große Fleischportionen. Hinter der Theke stand Kurt Roth und zapfte Bier. An dem runden Tisch davor saß sein Vater mit der karierten Schiebermütze. Vor ihm stand eine Flasche Bier, die in einem Wasserbad warm gehalten wurde. Maria Roth, seine Enkelin, lief mit zwei vollen Tellern an einen Tisch und servierte zwei Portionen Spießbraten. Alle drei Generationen der Familie Roth waren anwesend.
Dengler nickte ihnen zu und setzte sich mit Olga an den Tisch neben der Tür.
Ist ja schon fast mein Stammplatz.
Maria Roth kam zu ihnen und reichte ihnen zwei Speisekarten.
»Ihr Wunsch wurde erfüllt«, sagte Georg Dengler zu ihr, »ich lasse Sie in Ruhe. Ich arbeite nicht mehr für die Sternbergs.«
»Ich weiß«, sagte sie, »Robert hat es mir erzählt.« Robert? Sind die beiden ein Paar geworden?
Sie lächelte ihn an.
Sie würden gut zusammenpassen. So gut wie Olga und ich.
Olga blätterte in der Karte.
»Was soll ich essen? Bestell du mir etwas«, sagte sie.
»Die Spezialität des
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