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Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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mir, dass du immer übst, selbst wenn du tausend Meilen entfernt bist.« Er ging vor mir in die Hocke, nahm meine Hände und lächelte. »Und wenn du älter bist, kommst du zurück. Zu mir. Zu uns. Ich möchte wirklich gern wissen, was aus dir geworden ist.« Da war etwas in seiner Stimme, das auf eine Zukunft hindeutete, und es machte mich unendlich traurig und gleichzeitig … ja, froh!
    Ich blickte ihm in die Augen und ließ mich von der Seide seiner Stimme streicheln, hörte ihm zu, diesem komisch aussehenden Mann mit Augen, die so klar und blau waren, dass sie im Kontrast zu seiner olivfarbenen Haut wie Zwillingsmeere aussahen. Grieve war gut zu mir, und ich wusste, dass er mir niemals etwas antun würde.
    Feierlich nickte ich. »Versprochen«, sagte ich. »Und wenn ich mein Wort breche, dann soll mich –«
    »Nein!«, unterbrach er mich barsch. Seine Augen leuchteten auf. »Sprich es nicht aus, Cicely. Zu viele böse Wesen lauschen dem Wind. Sie lauschen Geheimnissen, die man sich in dunklen Gassen erzählt, sie lauschen Versprechen und Schwüren und feierlichen Eiden, die andere zusammenschweißen. Versprich niemals dein Leben – niemandem!«
    »Okay«, sagte ich eingeschüchtert. Ich hatte ihn noch nie so eindringlich und herrisch erlebt. Es war, als hätte er einen Mantel abgelegt, und er wirkte plötzlich noch weniger menschlich auf mich als ohnehin schon. Sein Kinn war scharf geschnitten, die Wangenknochen standen hervor, und seine Lippen waren voll.
    »Und jetzt komm mit mir, damit ich dir dein Elementar vorstellen und dir beibringen kann, wie du mit ihm sprechen kannst.« Und so begann er das Ritual, das mich an Ulean band, und lehrte mich, den Wind anzuschirren und ihn mir gefügig zu machen.

    Anadey hörte schweigend zu, während wir berichteten, wie Chatter Rhiannon beigebracht hatte, Feuer heraufzubeschwören, und Grieve mich mit dem Wind verschwor.
    »Und dann nahm Krystal mich mit und ging, und nichts war mehr, wie es gewesen war. Aber ich hielt mein Versprechen. Ulean half mir, und irgendwann geschahen die Dinge einfach. Sie warnte mich, wenn wir in Gefahr waren. Einmal hatten wir nichts mehr zu essen, und der Wind rupfte mir einen Zettel aus der Hand, und als ich hinter ihm herjagte, stieß ich auf der Straße zufällig auf einen Zwanzig-Dollar-Schein. Und es geschah auch, dass der Wind Leute aufhielt, die mir etwas antun wollten, wie einmal, als ein Kerl mich verprügeln wollte. Eine plötzliche Bö riss einen Mülleimer um und wehte ihn ihm in die Fersen, so dass ich Zeit bekam, die Beine in die Hand zu nehmen.«
    »Du bist schon ein paarmal zurückgekommen, aber immer wieder gegangen. Warum?«
    Ich hatte schon so oft über diese Frage nachgedacht. »Meine Mutter brauchte mich. Ich konnte sie da draußen nicht einfach allein lassen. Sie war so verwundbar und labil … hilflos. Und ich war wohl einfach auch noch nicht bereit, denke ich. Noch nicht bereit, mein Nomadenleben aufzugeben und mich endlich dem zu stellen, was hier auf mich wartete.« Und beim letzten Mal, als ich siebzehn war, war ich auch nicht bereit, mich auf Grieve einzulassen, sosehr ich ihn auch liebte. Aber das sagte ich nicht laut.
    »Und nun hat der Wind dich nach Hause gebracht. Dich und Ulean.« Anadey sah aus, als wollte sie noch viel, viel mehr sagen, doch sie hielt sich zurück.
    »Wir haben heute nach Heather gesucht, allerdings nur am Waldrand. Und wir wurden angefallen, zweimal sogar – na ja, eigentlich nur ich. Aber Rhiannon und Leo schlugen ein Wesen in die Flucht, das mich zu erwürgen drohte. Als ich das zweite Mal zum Wald ging, hob mich ein Schneewesen aus meinem Körper. Dann traf ich auf Grieve. Aber er hat sich stark verändert.« Ich fasste zusammen, was geschehen war.
    »Die Kreatur, die du beschreibst, ist ein Tillynok, aber die sind gewöhnlich friedlich. Jemand muss ihn aggressiv gemacht haben. Und Schneeelementare … sie sind eigentlich nicht für Schabernack bekannt. Sofern sie nicht mit jemandem verschworen sind, so wie du mit Ulean, kümmern sie sich einfach nicht um Menschen. Eine merkwürdige Magie, die sich da im Wald breitgemacht hat.«
    »Und was ist mit Grieve? Und dem Indigo-Hof, den er erwähnt hat? Und der in Rhiannons Vision aufgetaucht ist?«
    »Keine Ahnung«, sagte Anadey.
    »Cicely! Schau mal.« Rhiannon drehte sich mit einem Buch aus dem Regal zu uns um.
    Als ich meine Hand nach dem Buch ausstreckte, spürte ich ein seltsames Prickeln in meinen Fingern. Die Energie, die das

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