Das Erwachen: Dunkle Götter 1
beseitigen. Der Bursche stellte ein beträchtliches Risiko für die Vollendung seiner Pläne dar. Anschließend musste er dafür sorgen, dass das Haus Lancaster ausgelöscht wurde und dessen Anhänger untergingen. Kurzfristig würde das Haus Tremont zwar nicht davon profitieren, aber wenn die königliche Familie in den kommenden Jahren eine große Tragödie erlitt, würde es keinen Rivalen mehr geben, der den Thron beanspruchen konnte. Tremont selbst wäre dann der einzige überhaupt denkbare Kandidat.
Es gab noch viel zu tun. Devon verließ sein Zimmer und ging nach unten. Er brauchte einen stillen, abgelegenen Ort im Burgfried. Eine Stelle, wo das Transportsymbol trotz seiner Größe nicht auffiel. Heute Abend war der geeignetste Zeitpunkt, den richtigen Ort zu finden, denn die Diener beobachteten das Feuerwerk, und niemand würde ihn stören, wenn er die Keller und Tunnel unter dem Burgfried erkundete.
Es gibt Unterschiede zwischen den Magiern und den Mittlern, die man sonst auch als »Heilige« bezeichnet. Ein Zauberkundiger ist in den meisten Fällen ein frei handelndes Wesen, dessen Kräfte aus dem Inneren kommen, während ein Mittler der Quelle seiner Kraft verpflichtet ist. Beide wirken mithilfe des Aythar, doch ein Magier greift ausschließlich auf seine eigene Kontrolle und die eigenen Kraftreserven zurück. Ein Heiliger wird dagegen teilweise von seiner Gottheit kontrolliert, daher sind seine Reserven in weitaus geringerem Maße beschränkt. Der Mittler wird vor allem von zwei ganz anderen Faktoren behindert: durch seine Glaubenssätze, denn er darf nicht gegen die Gebote seines Gottes verstoßen, und durch seine menschliche Zerbrechlichkeit, da ihm etwas geschehen kann, das die Gelehrten als »Ausbrennen« bezeichnen. Wenn er zu viel Kraft kanalisiert, gefährdet er seine eigene Gesundheit und verliert zudem die Fähigkeit, die Energie durch sich hindurchzuleiten. Die einem Magier innewohnende Kraft ist dagegen nur selten so stark, dass er ausbrennen kann, selbst wenn dies in einigen seltenen Fällen geschehen sein mag.
Marcus der Ketzer,
Über das Wesen von Glaube und Magie
Zur Abwechslung stand ich früh auf. Zum ersten Mal seit Tagen hatte ich das Gefühl, dass sich mein Geist und mein Körper in Harmonie befanden. Der größte Teil meines Lebens hatte sich bisher zwischen Morgengrauen und Abenddämmerung abgespielt, so hatten mich die nächtlichen Aktivitäten aus der Bahn geworfen. Außerdem hatte ich einiges zu erledigen. Das Gefühl, ein Ziel vor Augen zu haben, erfüllte mich mit neuer Tatkraft.
Niemandem hatte ich verraten, dass ich mich am Vorabend dazu entschlossen hatte, nach Hause zurückzukehren, da ich mittlerweile ein wenig an Heimweh litt. Immerhin war ich nur der Sohn eines einfachen Schmieds. Die Politik und die Intrigen des höfischen Lebens zehrten an meinen Nerven. So etwas hielt ich nicht lange aus. Natürlich wollte ich nicht noch über Nacht bleiben, sondern vor Einbruch der Dämmerung zurückreiten. Für die Idee, die mir am vergangenen Abend gekommen war, brauchte ich viel freien Raum und einen Ort, an dem ich mit meinem Experiment keine Panik auslöste.
Meine Heimat entsprach diesen Bedürfnissen in ganz hervorragender Weise. Draußen auf dem Land hatten wir keine direkten Nachbarn, und wenn zufällig jemand in der Nähe war, so wusste er bereits, dass aus der Schmiede häufig seltsame Geräusche drangen. Natürlich musste ich die Sache vorher meinen Eltern erklären. Dies allerdings hätte ich auch ohne die geplante Erprobung früher oder später tun müssen. Einige Tage zuvor war ich eilig zur Burg aufgebrochen und hatte meine Eltern zunächst im Dunkeln darüber gelassen.
Um neugierige Fragen zu vermeiden, lieh ich mir ein Pferd von Dorians Vater und ritt heim. Es dauerte fast eine Stunde, aber das Wetter war schön, und der Zelter, den ich ritt, hatte einen angenehmen Gang. So traf ich in bester Stimmung zu Hause ein. Meine einzige Sorge galt der Ungewissheit, wie meine Eltern auf meine neuen Fähigkeiten reagieren mochten. Schließlich kam nicht jeden Tag ein Sohn nach Hause und erzählte ihnen, er habe eine Begabung für die Magie in sich entdeckt. Vermutlich würde vor allem meine Mutter Schwierigkeiten damit haben, weil sie grundsätzlich keine Überraschungen mochte. Vater dagegen würde wahrscheinlich nur wissen wollen, ob dies irgendwie bei der Metallbearbeitung helfen könne. Er war ein sehr praktisch veranlagter Mann.
Mein Vater arbeitete schwer. Er sah
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