Das ewige Lied - Fantasy-Roman
Farseth sehr groß waren. Sie rechnete damit, sich noch tagelang mit dem Anblick von Bäumen begnügen zu müssen. „Wahrscheinlich wird die Gegend hier deswegen ‚Die unendlichen Wälder‘ genannt“, vermutete Daphnus, als sie abends im Schankraum darüber sprachen.
„Oh nein, junger Freund, da irrt ihr euch“, mischte sich der Wirt ein, der ihnen gerade das Abendessen brachte. Er beugte sich verschwörerisch zu ihnen herab und sagte in einem Bühnenflüstern: „Man nennt die Wälder unendlich, weil sie wirklich unendlich sind...“
„Ah, ja...“, sagte Daphnus und sah Jayel an.
Die junge Bardin nickte allerdings: „Ja, davon habe ich auch schon gehört. Es ist eine uralte Legende, die besagt, dass in diesen Wäldern das Elfenreich verborgen liegt. Wenn ein Reisender vom Weg abkommt, kann es ein, dass er das Elfenreich betritt und nie wieder zurückfindet. Denn das Reich der Elfen ist eine riesige Welt voller Wunder, und ein Lidschlag dort sind hundert Jahre hier...“ Unwillkürlich war Jayel in den Singsang gefallen, der eine Bardenerzählung ausmachte, und sie sprach auch unbewusst lauter und deutlicher als bisher. Die anderen Gäste im Schankraum verstummten und blickten zu der jungen, schönen Bardin hinüber, lauschten ihrer klaren und melodischen Stimme, die vom Elfenland berichtete.
Als Jayel die Legende zu Ende erzählt hatte, applaudierten die Anwesenden, auch Daphnus und der Wirt. „Bravo, junge Dame!“, rief der dicke Wirt aus. „So schön hat schon lange niemand mehr die alten Legenden erzählt. Dafür geht natürlich euer Abendessen auf meine Rechnung!“
Jayel nickte ihm lächelnd zu und dankte auch den Umsitzenden mit einem Lächeln.
Als Jayel später ihr Zimmer betrat, war sie müde vom vergangenen Tag, aber auch zufrieden. Bis jetzt ließ sich die Reise gut an; sie hatte mit Daphnus sozusagen Frieden geschlossen und war nun auch sicher, dass Lyria auf ihrer Seite stand, denn sonst hätte die Anrufung nicht funktioniert. Jayel blickte sich in dem kleinen Zimmer um. Es war bescheiden eingerichtet – ein Bett, ein Schrank mit einer Waschschüssel und ein Nachttopf – aber sehr sauber und gepflegt. Der Wirt machte auch einen anständigen Eindruck auf sie. Trotzdem – nach der Begegnung im Wald heute war das junge Mädchen auf der Hut. Sie verriegelte sorgsam das Fenster und die Tür und war auch froh, dass Daphnus‘ Zimmer genau nebenan lag. Vorsichtig lauschte sie an der Wand und hörte Daphnus vor sich hin murmeln. Jayel grinste, denn sie ahnte, dass der junge Magier für eine Weile meditieren und wahrscheinlich auch noch einige Dankesgebete an seinen Gott Xenu, den Gott der Magie, richten würde. Daphnus war zwar kein Priester – aber schaden konnte es ihrer Reise sicher nicht.
Es dauerte tatsächlich noch mehrere Tage, ehe Jayel und Daphnus am Ende des Weges offenes Feld sehen konnten. „Na endlich!“, stöhnte Daphnus, als sich der Wald langsam zu lichten begann. „Ich habe Bäume gründlich satt!“
Es hatte zwar keine Zwischenfälle mit Räubern mehr gegeben, aber Jayel war ebenfalls froh, aus dem ständigen Zwielicht des Waldes herauszukommen. Nun lagen Felder und Wiesen vor ihnen, zwischen denen sich die Handelsroute hindurch wand. „Das muss jetzt das
Fruchtbare Feld
sein“, erklärte Jayel ihrem Reisegefährten, „es dauert sicher nicht mehr lange, bis wir die Hauptstadt dieser Region erreichen.“
Nach zwei Tagen kam die Stadt Hirzburg tatsächlich in Sicht. Da sie die Handelsroute entlang ritten, gab es zwar in einigen Abständen immer wieder Gasthäuser, so dass sie keine Nacht im Freien verbringen mussten, doch auf ihrer Reise waren sie bisher nur durch kleinere Dörfchen gekommen, und das auch erst, seit sie den Wald verlassen hatten. Und Daphnus brauchte dringend neue Utensilien für seine Magie, wie er betonte. Auch Jayel war es nicht unrecht, nach über einer Woche wieder unter einer größeren Menschenmenge zu sein. Trotzdem hielten sich die beiden nicht lange in Hirzburg auf, sondern reisten gleich am nächsten Tag weiter.
Nach zwei Tagen ließen sie das
Fruchtbare Feld
hinter sich und gelangten zur Schulter des Giganten, einer riesigen rötlich-braunen Bergkette, die sich von Norden nach Süden durch Celane zog. „Früher war es sehr mühselig, die
Schulter des Giganten
zu überqueren“, erläuterte Jayel, „doch seit die Handelsstraße ausgebaut wurde, ist es zumindest im Sommer kein Problem mehr, auf die andere Seite zu kommen.“
„Welch
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